Mittwoch, 15. Oktober 2025

Das geschundene Volk schindet ein anderes

Die Sichtweise Netanjahus, dass die Hamas und die Palästinenser ein und dasselbe sind, wird zu einem Langzeit-Trauma für die Israelis werden, wenn die Sieges-Stimmung schon längst vergessen und der triefende Trump-Pathos von der Realität überholt worden ist. Wenige terroristische Fanatiker haben durch ihren Überfall mit Geiselnahme ein Vielfaches ihrer Glaubensbrüdern in einen Abgrund getrieben, aus dem es für mehrere Generationen vielleicht ein materielles Entrinnen aber keine Befreiung von posttraumatischen Belastungsstörungen geben wird.

Wie dumm und psychologisch auf falscher Fährte die Terror-Organisation Hamas schon mit noch intakter Führung war, belegt allein die Tatsache, dass sie das rach- und vergeltungssüchtige Wesen von Netanjahu gestützt vom Rückenwind  des wesensgleichen US-Präsidenten völlig unterschätzt hat. Da konnte es kein Auge und Auge, sondern nur ein ganz oder gar nicht geben.

Die gleichzeitig auf allen Kanälen parallel ausgestrahlten erschütternden Szenen von den erleichterten überlebt habenden Geiseln in den Armen ihrer Angehörigen,
Quelle:Spiegel


und die  Völkerwanderungen des Elends von Menschenmassen, die zurück in den komplett zerstörten Norden des Gaza-Streifens zogen, dokumentierten bei neutraler Beobachtung doch ein erschütterndes Ungleichgewicht. Aber natürlich gibt es im Krieg nur eine Verhältnismäßigkeit der Mittel. Das ist die für den Sieger. An Moral zu appellieren, wird dann schnell als politische Unkorrektheit verurteil.


Es ist so wohl auch nicht statthaft, vergleichsweise wenige Menschenleben  gegen eine Vielzahl von Toten durch Bomben und Hunger in die humanitäre Waagschale zu legen. Ich tue es, weil  ich in "der Gnade der späten Geburt" in Frieden aufgewachsen und alt geworden bin, aber immer noch nicht begreife, wie ich das Gesehene verarbeiten soll. Ich fühle mich an etwas erinnert, was ich nur von den Bilddokumenten aus der Zeit der Massenvernichtung durch Hitlers Handlanger kannte. Und dann war da noch der traurigen Zug der in Stalingrad überlebenden, deutschen Soldaten in die Sibirischen Straflager: Unfassbares Elend ist über Gaza herein gebrochen,  aber das erfährt aktuell keine übergeordnete Schuldzuweisung wie einst. Was sind wir Menschen nur für bösartige Tiere, dass wir das einander wieder und immer wieder antun?
Quelle: Yad Vashem

Quelle: MDR
Und um auch das bewusst zu machen: Aus den Trümmern haben uns Deutsche auch damals  in erster Linie die Amerikaner herausgeholfen. Wer weiß das mehr zu schätzen, als einer, der mit vielen von ihnen in unmittelbarer Nachbarschaft aufgewachsen ist...

Kann ja sein, dass Donald Trump in seinem überbordenden Wesen, noch den Antrieb hat, auf den Schutthalden von Gaza eine goldene Riviera aufzubauen. Hier in München lebe ich ja wenige Minuten Fußweg von den Schuttbergen entfernt, auf denen Olympia und einer der schönsten Parks Münchens entstand. Wird es also dereinst, wo Gaza stand eine hügelige, grüne Riviera als Luxus-Oase für Kriegsgewinnler geben?
Quelle: Komot
Rodeln, Mountainbike und Snowboarden
auf den Trümmern der einstigen
 "Hauptstadt der Bewegung":
Der Luitpold-Hügel


Trump wird aber trotz seiner absolut von er präsidialen Fitness überzeugten Leibärzte das nicht mehr erleben. Vielleicht aber heißt der Küstenstreifen für ein Weile dann in memoriam "Trump-Riviera".
Aber was künftig in den Köpfen jener palästinensischen Kinder ablaufen könnte, die diesen Krieg im Bewusstsein verarbeiten müssen, weiß eben niemand. Eine prägende Kindheit  aus Erinnerungen an diese zerbombte Hölle, die einst ihre Heimat war. Wird, wenn sie erwachsen sind, sich nicht erneuter Hass martialisch bahnbrechen? At least we forget! Heißt es doch immer episch nach jedem Krieg,

Ich hoffe natürlich, dass ich mich täusche. Aber mein angeborener Pessimismus und persönliche Erfahrungen, die ich mit Menschen auf beiden Seiten gemacht habe, lassen mich befürchten, dass es nie zu einer dauerhaften Friedfertigkeit zwischen Israelis und Palästinensern kommen wird. Selbst wenn es wider Erwarten einmal zu einer Zweistaaten-Lösung kommen sollte. Denn das immer in seiner Geschichte so geschundene Volk Israels ist, aus welchen triftigen Gründen auch immer, auf ewig selbst zum Schinder geworden.

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