Meine Frau weigert sich strikt, meine Blogs zu lesen. Aber es ist ihr natürlich zu Ohren gekommen, dass ich sie gelegentlich als "Zweitbeste" auftreten lasse. Sie akzeptiert zwar diese Anspielung auf Ephraim Kishon zähneknirschend, ist aber auch beleidigt, dass ich mir für sie so eine zurücksetzende Umschreibung statt einer etwas kreativeren Schmeichelei habe einfallen lassen. Im Prinzip ist sie davon überzeugt, dass ich mich über sie nur lustig mache und klickt deshalb meine Blogs nicht an. Dabei würde ich so etwas Despektierliches doch nie und nimmer machen - oder?
Was mich beim heutigen Post retten wird, ist ihr eingeschränktes Erinnerungsvermögen, das übrigens keine Auswirkung des fortschreitenden Alters, sondern unser lebenslanger Begleiter ist. Ihre Vergesslichkeit war schon als Twen so ausgeprägt, dass ich spaßeshalber Bekannten folgende Geschichte über unser morgendliches Aufwachen auftischte:
Sie blinzelt mich verschlafen an und dann fragt sie:"Wie hast du denn geschlafen ... äh ... äh?"
Gut, mittlerweile - weil sie ja doch schlau ist - sagt sie routiniert Spatzl, Schätzchen oder Mäuschen, wenn sie meinen Namen über Nacht vergessen hat, aber dafür werden ihrer Erinnerungslücken auf anderen Gebieten immer drastischer.
Seit die neuen Fernseh- und Rundfunk-Gebühren gelten, regt sie sich - wie ich meine - zu Recht auf. Wie das Oster-Wochenende bestätigt: Wiederholungen, Wiederholungen, Massenmörder-Filme statt dem Anlass entsprechenden erbaulichen Werken. Richtig gute Filme gibt es bei den "Öffentlich-Rechtlichen" ja offenbar nur noch nach Mitternacht...
Gestern nach dem üppigen Osterbrunch, das sich von unserer Tochter ausgerichtet bis spät nachmittags hinzog, blieb zum Verdauen nur noch die Glotze, und es gab tatsächlich keine Alternative zu Til Schweigers "Kokowääh", dem einzigen Film, den wir mehr oder weniger zurecht noch nicht gesehen hatten.
Bevor es jedoch so weit war, entspann sich zwischen der Zweitbesten und mir ein TV-Duell der etwas anderen Art.
Sie: "Das ist doch ungeheuerlich! Bei diesen enormen Gebühren an Feiertagen dann nur Wiederholungen!"
Ich: "Was regst du dich auf? Bei deiner Vergesslichkeit merkst du doch gar nicht, ob du einen Film schon gesehen hast..."
Sie: Was ist mit dem Tatort auf den ERSTEN? Den habe ich bestimmt noch nicht gesehen. Der ist wenigstens ohne Werbung."
Ich: "Klar, kennst du den. Das ist der mit der Frau Burda und dem schwulen Fußballer! Den haben wir zusammen gesehen."
Sie:" Dann eben den Tatort auf EinsFestival."
Ich:"Den haben wir doch vergangene Woche auf einem der Dritten geguckt: Der durchgeknallte Vater, der glaubt,die Postbotin hätte seinen Sohn überfahren."
Sie:"Kenn ich nicht. Da habe ich bestimmt die Küche gemacht."
Ich:"Ganz sicher nicht! Du hast dich nämlich tierisch darüber aufgeregt, wie der besessene Taxler das Handy der Postbotin orten und unbehelligt mit der Waffe ins Kommissariat eindringen konnte. Überwachungsstaat und so. Erinnerst du dich jetzt?"
Sie:"Nö, aber dann eben doch den Schweiger."
Eine kurze Weile schmunzelten wir über Schweigers wirklich süße Tochter und freundeten uns sogar mit dem Genuschel der Protagonisten an, dann kam schon die erste ewig lange Unterbrechung durch Werbung.
"Where ist the Message?", fragt die Zweitbeste bei einem Spot, in dem drei junge, gelbschwarz gekleidete Männer in einem Auto sitzen und sich wahnsinnig über ihren Dialog freuen.
"Das ist der Trainer des zweimaligen Deutschen Fußballmeisters mit zwei seiner Spieler, die in einem Auto ihres Sponsors sitzen Soll ich dir jetzt auch noch alle Witze in den Werbespots erklären?"
Sie:"Ich gucke keinen Fußball und kenne diesen Klops, Kopp nicht - oder wie der sonst noch heißt . Ich erkenn' ja auch den Jogi Löw nur, weil MAOAM so einen Spot hat, in dem ein Bub den so gut nachmacht. Zapp lieber mal! Die Werbung ist immer so laut. Sollte die nicht von den Dezibel her angepasst werden?"
Was soll ich weiter erzählen? Letztendlich zappten wir zwischen nicht weniger als fünf Filmen bis zwei Uhr nachts (Sommerzeit). Die meisten davon hatten wir mindestens schon mehrmals gesehen, aber so erschienen sie wie neu: Bruce Willis im Schneetreiben und ausnahmsweise nicht im T-Shirt wurde diesmal im Abmurxen von dem sonst so netten Liam Neeson übertroffen, während Inspector Barnaby gewohnt betulich seinem Handwerk nachging, dazwischen sorgte sich ohne viel Blutvergießen eine schwedische Inspektorin um ihre Freundin während Morgan Freeman den österlichen Leichenberg noch durch Agelina Jolie toppen ließ. Den Rest habe ich ermattet mit Schlafpausen überbrückt.
Kein Wunder, dass sich die Zweitbeste nie an eindeutige Handlungen erinnern kann.
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