Donnerstag, 15. Mai 2025

Der Lieferant des Massenmordes

Am 16. März 1946 starb der  Chemiker Bruno Tesch, paradoxer Weise durch den Strang. Ein Britisches Militär-Gericht hatte ihn zuvor in Hamburg am Ende des sogenannten "Testa Prozesses" als Kriegsverbrecher zum Tode verurteilt. Es befand ihn und seinen Geschäftsführer für schuldig wissentlich Zyklon B an die Nazi-Konzentrationslager für die Massen-Vernichtung von Menschen geliefert zu haben. Alles weitere ist bei wikipedia nachzulesen: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Tesch_(Chemiker).

Quelle: Wikipedia
Bruno Tesch kurz vor seiner Hinrichtung

Das Ereignis anlässlich des heutigen Datums beschäftigt mich vorrangig ethisch, denn ich war ja nicht dabei. Einerseits habe ich mich in meinen Posts immer als absoluten Gegner der Todesstrafe geoutet und andererseits mit unfassbarer Irritation an menschliches Fehlverhalten erinnert.
Es gab keine Lieferkette für Zyklon B, aber als Beleg für die gnadenlos, teutonisch exakte Buchhaltung in den KZs eben Lieferscheine. Einmal waren auf ihnen 1942 allein 12 Tonnen für Auschwitz festgehalten. Der gelernte "Schädlingsbekämpfer" Tesch, der schon im Ersten Weltkrieg mit der Entwicklung kriegschemischer Waffen beschäftigt war, muss also mit ebenso wissenschaftlicher Akribie sein Denken schon vorher davon befreit haben, dass seine Chemikalien zur Tötung von Menschen dienen sollten. Dass er sich die Massen, die getötet werden, bei den gelieferten Mengen hat vorstellen können, kann also als gesichert angenommen werden.

Quelle: NDR
Der Tod in Dosen: Tonnenweise wurde Zyklon B
in die Konzentrationslager geliefert,
wo sie dann in Deutscher Gründlichkeit verbucht wurden

Die Frage, die mich beschäftigt, ist die der Relativität des Lebens. Hat Tesch bevor an ihm die Todesstrafe vollstreckt wurde, in Todesangst gewichtet? - Sein Leben gegen die Abermillionen, die mit Zyklon B ermordet wurden?
Wenn er für schnöden Mammon oder gar zum bloßen Erhalt der Kriegswichtigkeit seiner Firma die Verantwortung für die Vergasung von Kindern, Männern, Frauen und Alten gedanklich auf seine Auftraggeber geschoben hätte, könnte er sich dann im Moment seiner Hinrichtung - wie ja viele Handlanger der Tötungsmaschinerie - für unschuldig gehalten haben?

Quelle: Gedenkstätte Neuengamme
Im Festsaal vom Curio Haus am Roten Baum zu Hamburg
tagte ab 1945 das britische Militärgericht
Und genau da nämlich versagt die Bestrafung, die einem Delinquenten das Leben nimmt! Tesch hätte besser für den Rest seines Lebens im Knast täglich all die Namen all derer, die in den Gaskammern durch seine Lieferungen getötet wurden,  laut auf einen Tonträger zur Sicherung für die Nachwelt sprechen müssen. Das wäre die gerechte lebenslange Strafe gewesen...





P. S. Nicht zu verwechseln mit Bruno Guido Camillo Tesch: Der war ein deutscher Antifaschist und Kommunist. Er wurde 1933 in einem von den Nationalsozialisten inszenierten Prozess zum Altonaer Blutsonntag des Mordes schuldig gesprochen und hingerichtet. Im November 1992 wurde das Urteil aufgehoben. Wikipedia

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