Freitag, 6. Januar 2023

Gutmensch Rosi

 

1976  im Slalom auf Goldkurs
Quelle: Wikipedia
Die Nachricht vom Tod der Ski-Ikone Rosi Mittermaier-Neureuther hat mich gestern schwer getroffen, Ich will mich mit meinen Erinnerungen in diesem Post auf keinen Fall wichtig tun. zumal sich unsere Wege seit anderthalb Jahrzehnte nicht mehr gekreuzt haben. Was gestern und heute über sie aus Archiven von Kollegen gesagt und geschrieben wurde, die nie wie ich das Privileg hatten sie in verschiedenen Phasen ihres Lebens zu treffen, soll durch meine Zeilen nur ergänzt werden.

Quelle: FAZ
Als sie in Innsbruck bei den Olympischen Winterspielen 1976 zweimal Gold und einmal Silber gewann, stand ich als Berichterstatter im Zielraum und ich war dabei, wie sie ihren logischen Rücktritt noch im selben Jahr verkündete.
Ich war ja nur gerade mal zwei Jahre älter als sie und hatte mir aus professionellen Gründen angewöhnt niemandes Fan zu sein. Dennoch hatte ich später lange ziemlich ergiebige Interviews mit Gustav Thöni und Ingemar Stenmark, die als wortkarg galten. Aber Rosis ein Leben lang bewahrter, fast schüchterne Charme machte einem die Arbeit immer leicht.
Gelegentlich wurde ich zu den damals noch eher diskreteren PR-Aktionen gebeten. Gemeinsam mit ihrer ebenfalls erfolgreichen Schwester Evi waren wir vom Olympiasieger 1972 Konrad Wirnhier zu einem Schnellkurs im Skeet-Schießen auf die  Anlage in Hochbrück bei München eingeladen. Mit Reaktions-Vermögen und Treffsicherheit ließen mir die schnellen Ski-Schwestern keine Chance. Rosi, die wohl zuvor nie eine Waffe angelegt hatte, schoss unbekümmert eine fast makellose Serie.

Quelle: Liebenswert
Auf der Reise zum Interski-Kongresse 1979 im Japanischen Zao, saßen wir den ganzen langen Flug nebeneinander und ich erfuhr einiges über ihre Gemütslage, weil sie sich darauf verlassen konnte, dass ich nie darüber schreiben würde. Als wir uns dann nach ihrer Hochzeit mit Christian Neureuther erst einige Jahre später bei den Olympischen Spielen in Sarajewo wieder sahen, war ich bereits auch für die Öffentlichkeitsarbeit des DSV zuständig, was die Begegnung vor dem Abfahrtslauf der Damen eher flüchtig gestaltete. Sie war bereits in freudiger Erwartung. Etwas über einen Monat später kam ihr Sohn Felix zur Welt. In ihrer Mutter-Rolle ging sie dann genauso auf, wie in allem, was zu ihrem sportlichen Erfolg geführt hatte. Die Muster-Familie Neureuther-Mittermaier wurde von der Regenbogen-Presse zu recht mit bunten Bildern gefeiert. Da ich auch Christian ziemlich oft in verschiedenen Rollen begegnete, bin ich mir sicher, dass Rosi viel zur  Erdung seines Temperaments beigetragen haben muss
Einmal begleitete ich die Olympiasiegerin und die Sportschuh-Hersteller-Witwe Käthe Dassler zum Bundespräsidenten. wo beide eine Auszeichnung entgegen nehmen sollten. Da passierte beim Warten etwas Verblüffendes. Die Weltsportlerin verwandelte sich vom Star zu einer respektvollen jungen Frau, die die recht einfach gestrickte Unternehmerin voller Hochachtung zu ihrem Leben befragte. So etwas hätte ich mich nie getraut...

In den 1990ern war ich der Initiator einer Rennserie, bei der Kinder von acht bis zwölf in einem Mischparcours aus Riesenslalom und Slalom ihr Talent unter Beweis stellen konnten. Dass die gebündelten Gene von Christian und Rosi außergewöhnliche Skisportler ergäben, war schnell klar, als Felix und seine Schwester Ameli im Kid's Cup in allen Altersgruppen alles abräumten, was an Pokalen zu gewinnen war. Mich freute es da besonders, dass Rosi auch voll in ihren Betreuer-Pflichten als begleitende Renn-Mutti aufging.

Wie das Leben so spielt, verloren wir uns dann aus den Augen. Ich sah sie nur noch in den Medien.  Aber auch aus der Ferne war zu erkennen, dass sie ihr sonniges Gemüt trotz allen Trubels bewahrt hat.

Die reinen Gutmenschen, die ich in meinem Berufsleben zu treffen, die Ehre hatte, kann ich an den Fingern einer Hand abzählen: Rosi gehörte dazu.


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