Montag, 30. Januar 2023

Ein wahres Leben endet selten happy

Horror in Überlänge
von
 Charles Robert Maturin
1782 - 1824
Mir ist natürlich klar, dass Happyend ein Begriff ist, der vom Kino stammt und auch in der Literatur verwendet wird. Die fürsorglichste aller meiner Ehefrauen zum Beispiel guckt und liest eigentlich nur  Handlungen die am Ende "gut ausgehen". In unserer ersten gemeinsamen Zeit hat sie sogar mitunter den Schluss zuerst gelesen, um auf Nummer sicher zu gehen... Später hat sie mich trickreich noch als Test-Leser eingespannt, obwohl ja sie es war, die noch als Buchhändlerin arbeitete und tonnenweise Lese-Exemplare von den Verlagsvertretern mit nach Hause schleppte. Das Ende dieses "Vorlesens" waren eine edle Dünndruck-Ausgabe von William Thakerays "Jahrmarkt der Eitelkeiten" und gleich darauf eine Neuauflage von "Melmoth der Wanderer" von Charles Maturin, Genau weiß ich  es nicht mehr, aber die Lektüre von mehr als tausend Seiten hatten mir fast einen ganzen Urlaub versaut.
"Das ist ja total unverdauliches Zeug," teilte ich meiner Frau erschöpft mit.
Sie darauf: "Dann brauche ich es ja nicht mehr zu lesen. Und bestellen muss ich es für meine Kundschaft erst recht nicht!"
William Makepeace Thakeray
1811 - 1863
Selbstbildnis
Quelle: wikipedia

Als wir nach Italien umzogen, umfasste die eingebaute Bücherwand in Deutschland etwas mehr als tausend Bände. Wir trennten uns von allem, was wir nicht noch einmal lesen würden. Neuerscheinungen,  zu denen wir nicht mehr gekommen waren, zogen mit um, aber auch unsere Lieblingsbücher. Ein Jahrzehnt etwa luden wie aus der Bestseller-Liste nach, aber dann fragte uns auch schon keiner mehr wie früher nach Literatur-Tipps.

Mein Amerikanistik studierender Sohn lud mir  aus dem "Gutenberg Projekt" kostenlos Autoren der Amerikanischen Moderne auf meinen "Reader", und als ich die durch hatte, war auf einmal auch Schluss mit Schmökern. Mir fielen nach ein paar Seiten die Augen zu oder ich las Texte zweimal, weil deren Sinn mein Verständnis nicht mehr erreichte. Bei Hörbüchern ging es mir genauso. Die hervorragende Leserin Gaby Dom  zum Beispiel wirkte auf mich besser als jedes Schlafmittel. Hören während langer Autofahrten war deshalb - wie eigentlich geplant - . kein Lektüre-Ersatz.

Im vergangenen Sommer  begann für meine Frau auf der Burg gewissermaßen der weite Frühling des Lesens. Es hatte sich auf einmal ganz von selbst ein automatischer "Ringtausch" unter den Burggeistern ergeben. Eine deutsche Nachbarin  hatte damit begonnen: Ausgelesene Bücher liegen seither auf einem geschützten Sims bei den Mülltonnen. Bei der erweckten Leselust konnte ich natürlich nicht hintan stehen. Also begann ich zuerst die noch nicht gelesene Bände aus unseren Regalen und danach alte Lieblings-Literaten wieder zu lesen. Es flutschte zwar nicht mehr wie in früheren Zeiten, als ich noch mindesten fünf Bücher  pro Monat gelesen hatte, aber ich war auch nicht mehr so ungeduldig. Also als Leser gab es schon deshalb kein Happyend, weil mich das zur Sucht gewordene "Streamen" von Spielfilmen, Serien und Dokus allein schon zeitlich ziemlich beanspruchte. 
Gezwungenermaßen erinnerte ich mich dann beim Bedienen meiner Blogs an den Satz eines gleichaltrigen Kollegen: "Das bisschen, was ich noch lese, schreibe ich mir wohl selbst." 

Entlehnt macht der Begriff Happyend in diesen Zeiten überhaupt keinen Sinn mehr. Der Krieg in der Ukraine wird gewiss zu keinem glücklichen Ende gelangen. Und auch für den Zustand unseres Planeten ist die Gelegenheit zum Happyend längt abgelaufen. Nach diesem merkwürdigen Winter, in dem auch im Privaten einiges an Unglücken geschah, ordne ich das "Glück am Ende" nachdenklich neu ein. Langjährige Freunde und Bekannte, die ein glorreiches Leben geführt hatten, starben elendig lang an schleichenden Krankheiten oder vor allem weil sie einfach alt geworden waren. 
Meine Meinung zum Enden: Seien wir doch mehr für den Augenblicke eines möglichen Happyends in dem Bewusstsein  dankbar, dass sie nur Momentaufnahmen eines Films oder gelungene letzte Zeilen eines Textes sind. Aber glücklicher Weise verrät das schönste, fiktionale Happyend nicht, wie alles wirklich einmal enden wird.
Dieser Gedanke wiederum ruft mir einen der brillantesten Humoristen Deutscher Sprache in Erinnerung: Kurt Tucholsky erkannte - wegen der Nazis im schwedischen Exil ausharrend und dort sterbend - dass es für ihn kein Happyend in Deutschland mehr geben würde... Umso erstaunlicher wie er im Lied "Danach" das Happyend berlinernd auf die Schippe nimmt!

Es wird nach einem happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.
Man sieht bloß noch in ihre Lippen
den Helden seinen Schnurrbart stippen –
da hat sie nun den Schentelmen.
Na, und denn – ?

Denn jehn die beeden brav ins Bett
Naja ... diß is ja auch janz nett.
A manchmal möchte man doch jern wissen:
Wat tun se, wenn se sich nich kissen?
Die könn ja doch nich immer penn ... !
Na, und denn – ?

Denn säuselt im Kamin der Wind.
Denn kricht det junge Paar 'n Kind.
Denn kocht se Milch. Die Milch looft üba.
Denn macht er Krach. Denn weent sie drüba.
Denn wolln sich beede jänzlich trenn ...
Na, und denn – ?

Denn is det Kind nich uffn Damm.
Denn bleihm die beeden doch zesamm.
Denn quäln se sich noch manche Jahre.
Er will noch wat mit blonde Haare:
vorn doof und hinten minorenn ...
Na, und denn – ?

Denn sind se alt.
Der Sohn haut ab.
Der Olle macht nu ooch bald schlapp.
Vajessen Kuß und Schnurrbartzeit –
Ach, Menschenskind, wie liecht det weit!
Wie der noch scharf uff Muttern war,
det is schon beinah nich mehr wahr!
Der olle Mann denkt so zurück:
wat hat er nu von seinen Jlück?
Die Ehe war zum jrößten Teile
vabrühte Milch und Langeweile.
Und darum wird beim happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.



Hier eine Blues-Interpretation von Ulrich Julius
https://www.google.com/search?q=Wer+hat+Tucholskys+%22Danach%22+gesungen&biw=1280&bih=577&tbm=vid&sxsrf=AJOqlzVj_zJ-VnN6Cx7Ofp4T4dwWA09ZNQ%3A1674904217771&ei=mQLVY5zaLraK9u8P-IqvuAc&ved=0ahUKEwjciru3kOr8AhU2hf0HHXjFC3cQ4dUDCA0&uact=5&oq=Wer+hat+Tucholskys+%22Danach%22+gesungen&gs_lcp=Cg1nd3Mtd2l6LXZpZGVvEAMyBwgAEB4QogQyBwgAEB4QogQyBQgAEKIEMgUIABCiBDIFCAAQogQ6BwgjEK4CECc6BggAEBYQHjoGCAAQHhANOggIABAFEB4QDToFCCEQoAFQhCBY2LUBYK3JAWgAcAB4AIABkwGIAYEOkgEEMTEuN5gBAKABAcABAQ&sclient=gws-wiz-video#fpstate=ive&vld=cid:09bbad02,vid:CIqViF3LjmA

Freitag, 27. Januar 2023

Humanitäre Hilflosigkeit

 Inmitten der überbordenden und vermutlich doch nicht ausreichenden Hilfe für die Ukraine forderte die UN vorgestern, man solle doch bitte auch Afghanistan nicht vergessen, wo durch die Kälte und die Unterversorgung mit Lebensmitteln eine weitere humanitäre Katastrophe drohe.

Typen wie aus einem Räuber-Film, und keine Ahnung vom Regieren
Quelle: Tagesspiegel



Im ersten Moment dachte ich, dass das dem Taliban recht geschehe. Immerhin dirigiert  er das Land nach seinem zwei Jahrzehnten andauernden Ermüdungs-Sieg über die  Russen und die ISTAF-Truppen einmal mehr in Richtung Mittelalter. Dass Frauen von einem Tag auf den anderen ihr Studium aufgeben müssen, dass sie quasi nur noch die Grundschule besuchen dürfen ist ein Rücksturz ins Mittelalter. Dass sie aber  jetzt auch noch jene NGOs (Non Government Organisation) verlassen sollen, die angetreten sind, die katastrophalen Verhältnisse im ganzen Land zu lindern, kommt mir so vor, als bisse der Taliban provokativ die Hand von der er gleichzeitig erwartet, gefüttert zu werden. Das rechtfertigt eigentlich keine weitere Unterstützung des Auslands. Spender müssen zudem befürchten, dass jeder Dollar oder Euro in den Taschen der durch und durch schurkischen Taliban landet.

Die durch Hilfe aus Pakistan und größten teils in den Führungsebenen vom IS geschulten Taliban benützen angeblich die Scharia als rechtlichen und moralischen Leitfaden. Sie pochen auf ihren Koran, den sie aber nachweislich mit falschen Interpretationen für ihren Staatsterrorismus missbrauchen.

Tief verschleiert und nichts mehr zu sagen
Quelle: Deutsche Welle

Die Geschichte dieses einst blühenden Reiches am Hindukusch verdeutlicht aber, dass kein Einfluss von außen jemals von Dauer war. Dass liegt nicht nur an den teils unwegsamen Tälern, sondern vor allem an den sozialen Strukturen Afghanistans außerhalb der Städte wie Kabul oder Kandahar. Diese werden im unübersichtlichen, ländlichen Raum wegen der unverminderten Haschisch- und Opiumproduktion seit Jahrhunderten von den Clans, ihren Stammesfürsten und Kriegsherren kontrolliert. Sie lassen den Taliban im Moment wieder gewähren, weil er die lästigen ausländischen Einmischer mit ihren moralischen Ansichten wieder einmal auf Distanz hält. Man möchte es kaum glauben, wie die "Amir al Mu'minin" (Anführer der Gläubigen),die ISTAF-Logistik Jahrzehnte lang auch mit dem Verkauf begrenzter Wegerechten und dem Nutzen ihrer Brücken geschröpft haben...

Der Krake China hat im Nordosten Afghanistans schon unbemerkt seine saugnäpfigen Tentakel ausgebreitet. Es ist nicht erwiesen, aber gut möglich, dass die rohstoffaffinen Chinesen  dem Taliban vor allem elektronisch und strategisch geholfen haben, Afghanistan wieder zu übernehmen. Beim Einverleiben im Sinne ihres Wirtschaftswachstums oder Einflussbereiches ist die "Volksrepublik"  ja - wie die Vorgänge im Chinesischen Meer oder Tibet zeigen - keineswegs zimperlich, Das macht den entscheidenden Unterschied zu ISTAF.

Aber wenn ich noch einmal überlege, komme ich zu dem Schluss, dass wir weiter - aber viel dezidierter - spenden und wirtschaftlich unterstützen sollten. Zum einen zögerlicher und zum anderen aber auch gegen partielle Zugeständnisse in sozialrechtlichen Belangen. Gewissermaßen um einen Fuß in der Tür zu haben, falls die Afghanen es wirklich wieder einmal schaffen sollten, aus eigener Kraft den steinigen Weg zu einer Demokratie zu beschreiten. Was war das noch in den1970ern für ein blühendes Land!


Was aber immer schwerer wird, wenn man sich vergegenwärtigt, welche Staaten mit ihren Begehrlichkeiten das geschundene Land umzingeln.

Ich weiß, dass ich in früheren Posts die Romane von Khaled Hosseini schon einmal als Lektüre wärmstens empfohlen habe. Jetzt scheint mir ein passender Moment, sie vor dem neuerlichen Hintergrund noch einmal zu lesen oder sie als Hörbücher auf die Seele einwirken zu lassen. Taschentücher bereit halten!

P.S. Wer einen Koran in verbindlicher, deutscher Übersetzung zur Hand hat, sollte einmal zum Thema Gleichberechtigung von Mann und Frau die Sure 33 Vers 35 aufschlagen...

Wurde auch sehr einfühlsam verfilmt

Beide als Hörbücher ei Argon


Khaled Hosseini
Quelle. wikipedia


Mittwoch, 25. Januar 2023

Kleine Konkurrenten mit Knollnasen

 

Tierische Helden waren eben populär,
und  Walfang auch noch nicht geächtet









Heute hätte ein Begleiter meiner Kindheit 100sten Geburtstag. Am 25. Januar 1923 kam Wilhelm Hermann Heinz zur Welt. Altersgenossen wissen sofort, von wem ich schreibe, wenn ich seinen Künstlernamen Bob Heinz nenne.  Babyboomer können gewiss nichts mehr mit dem ersten echten Comic-Künstler Deutschlands anfangen. Aber bestimmt kennen sie Vicco von Bülow, der sich als Loriot zum erfolgreichsten Cross-Media-Humoristen Deutschlands entwickelte.

Bob Heinz war wie Loriot Jahrgang 1923 allerdings zehn Monate älter und schon unmittelbar nach dem Krieg dem amerikanischen Genre der Geschichten in Bilder-Serien verschworen, die wir heute Comic nennen. Rückbetrachtet fehlte ihm wohl auch Loriots  intellektuelle Vielseitigkeit, und er begab sich mit seinen kompletten Heftchen viel zu früh in die Abhängigkeit seiner Verleger. Noch ehe Loriots Knollnasen im Stern erschienen und das Micky-Maus-Heft 1951 erstmals in deutschsprachiger Disney-Lizenz an die Kioske kam, waren die Helden von Bob Heinz schon ein beliebtes Mitbringsel an Kindergeburtstagen.

Der Humor veränderte sich, die Erwartungen  an den Zeichenstil wurden von den amerikanischen Comics vorgegeben und die intellektuellen Ansprüche wuchsen über die Witzfiguren hinaus. Zeichnungen von Bob Heinz waren aber immerhin noch eine Kennung vom Bauer-Verlag als ich dort in den 1970ern Vertragsautor war.

Im Kampf der Knollnasen ist Bob Heinz vor allem unterlegen, weil er bereits 1984 starb, während Loriots ständig wachsende, multimediale Popularität bis über seinen Tod 2011auch heute immer noch  andauert. Ein echter Fan von Bob Heinz war ich eigentlich nie, aber irgendwie sollte er - außer bei Comic-Sammlern - nicht in Vergessenheit geraten...

Aus "Herlock Sholmes", dem
von Heinz entlehnten Meisterdetektiv

 




                       

Ja, und schließlich bediente er
auch den Bedarf an spießig schlüpfrigen
Herrenwitzen...

Montag, 23. Januar 2023

Mehr als eine Zwangsfreundschaft

 "Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen leiden, Doch ihre Weine trinkt er gern."  

Charles de Gaulle und
 Konrad Adenauer Architekten 
der Freundschaft
Quelle: Badische Zeitung
Sein Faust lässt keinen Zweifel an Goethes Gesinnung. Für  den Bezugs-Fehler zwischen Singular und Plural im Folgesatz dieses berühmten Zitats aus Auerbachs Keller hätte der Dichter-Fürst heute allerdings ein Ungenügend bekommen. Vom Erscheinungsdatums seines legendären Dramas 1808 bis zur Gegenwart in der EU gab es zwischen Frankreich und Deutschland gleich mehrere epochale und blutige Kriege mit uns als Aggressor.

 Gestern vor 60 Jahren dann wurde im sogenannten Élysée-Vertrage erstmals die Deutsch-Französische Freundschaft besiegelt, die natürlich aus französischer Sicht anders herum "L'Amitié Franco Allemande" heißt. Die Bundesregierung hat zu all den feindseligen Irrungen und Wirrungen im Vorfeld diese sehr aufschlussreiche Dokumentation bereit gestellt.
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/elysee-vertrag-1569908

Feuert aus allen Rohren
gegen den Kanzler
die Möchtegern-Verteidigungsministerin
Strack-Zimmermann
Quelle: SPIEGEL
Die selben Medien,  die gerade hartnäckig versuchen, Deutschland in eine offensivere Rolle beim Krieg zwischen der Ukraine und Russland zu treiben, probieren auch aus diesem Anlass gerade einen Keil in die Beziehungen zwischen Paris und Berlin zu schlagen. Natürlich wäre es verständlich, wenn La Grande Nation darüber irritiert wäre, dass nahezu alle NATO-Verbündeten die Bundesrepublik in einer Vorreiter-Rolle sehen. Aber gerade die turnusgemäße, führende aber nur auf dieses Jahr begrenzte Rolle darf erst recht nicht zu einem Alleingang bei den zu liefernden Offensiv-Waffen führen.  Macron lässt sich nicht aufwiegeln, auch wenn ihm gerade innenpolitisch ein kräftiger Wind entgegen bläst. Dass die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) das begründete Verzagen Deutschlands im Vorfeld dieses denkwürdigen Tages als Versagen sieht, zeigt wie sehr manche in der Ampel auf Krawall und Destabilisierung der Regierung gebürstet sind.
Zwei, die mit Vorsicht für Europa voran gehen wollen:
Olaf Scholz und Emmanuel Macron

Quelle: ARD


La France mon Amour

Dank meines frankophilen Vaters wurde mir die Liebe zu Frankreich quasi in die Wiege gelegt.
Seit ich die Hälfte meiner Zeit als Ruheständler  in Italien verbringe, stille ich meine Sehnsucht nach Savoir Vivre zumindest als Grenzgänger in Richtung Nizza und Menton. Aber Jahr um Jahr mehr fehlt mir das Nord- und Westfrankreich und der Atlantik  meiner Kindheit und Jugend.
Zahlreiche Reportagen - auch im Winter - führten mich professionell immer wieder an gallische Traumziele, aber die Erinnerungen an jugendliche Erlebnisse überlagerten sie nie,
Dabei wäre meine Liebesgeschichte fast zu Ende gewesen, bevor ich verstand, was ein "sale boche" ist. 

In der Tat war ich fast 30 Jahre  alt, bevor mich ein bretonischer Fischer derart als "dreckigen Deutschen" beschimpft hat (siehe der Burgschreiber). Er meinte das aber wohl nicht ganz ernst, denn er hatte sich aus der Kriegsgefangenschaft eine Deutsche, die Mutter seiner Kinder, mitgebracht.
Tatsächlich wäre ich 
mit drei fast im Stade de Price von Paris ertrunken, weil ich dachte, ich könne bei einer Meisterschaft  kopfüber ins Becken springend die Athleten nachmachen. ohne schwimmen zu können...
Die französischen "Tanten", Jugendfreundinnen meines Vaters, die zu besuchen, er bei beinahe jeder Urlaubsfahrt einplante, vermittelten der Familie das Leben wie "Boche in Frankreich"*. Sie entfachten bei mir schon als Jungmann den "Faible" für feines Kochen Seither bin ich kaum ein Jahr mal nicht in Frankreich gewesen.
In Tnte Marguerites Garten 1964 beim Ernten
und Vorbereiten meiner ersten Ratatouille
Meine erste Liebe als 14jähriger war eine Französin. Die vorgezogene Hochzeits-Reise mit meiner Frau ging über die Loire-Schlösser in die Bretagne und endete an Pfingsten bei traumhaften Wetter in Paris. Aber der wahre Höhepunkt aller französischen Erlebnisse war eine selbst gesteuerte Gourmet-Bootsreise mit der ganzen Familie samt Hund auf dem Nantes-Brest-Kanal.

Das war wahrhaft "Leben wie Gott in Frankreich".




*Ein immer noch
lesenswerter Roman
des dennoch umstrittenen
Ernst von Salomon

Quelle: Booklooker


Freitag, 20. Januar 2023

Mit der "Panzer"-Faust auf den Kabinettstisch hauen!

Alle Jahrgänge nach seiner
kurzen Amtszeit sind
ihm unendlich dankbar,
weil er die Wehrpflicht
abgeschafft hat
Quelle: wikipedia
 Als einer, der die ersten Lebensjahre in seiner Geburtsstadt Hamburg verbracht hat und später viel mit Hamburger Verlagen zu tun hatte, kann ich mir ein wenig ausmalen, wie unser Kanzler derzeit leidet. Er möchte wie die hanseatische Oberschicht vornehm und zurückhaltend sein und ist deshalb mur schwer dazu zu bewegen, mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen. Sein Pech ist daher die Kommunikation - vor allen mit den Medien, die eben geil auf Fakten sind - selbst wenn sie nur eine geringe Halbwertzeit haben  Und da muss ich aus meiner Sicht als einstiger Presseberater sagen, dass seine Sprecher/Innen den Kanzler zu sehr in Zurückhaltung nachahmen wollen, Zwei richtige "Wadlbeißer" hätten ihm bei der Causa Lambrecht viel früher Schützenhilfe leisten können.

Klare Fakten - wenn auch auf Druck - hätten den Medien gestehen müssen, dass die Bundeswehr bei Kriegsausbruch einfach nicht mehr zum Abgeben hatte. als die 5000 von der Vorgängerin noch zu viel bestellten Helme. Und die schleppende Auslieferung der maroden "Marder" war ja nicht die Lambrecht schuld, sondern die Kaputtsparer der CDU-CSU. Ist denn das "Gorch-Fock-Reparatur-Desaster" schon vergessen, mit dem die Flinten-Uschi nicht im Abseits landete, sondern  als Ursula von der Leyen auf den Präsidentinnen-Stuhl Europas katapultiert wurde?

Schon in Mark wären die Renovierungskosten eine Zumutung für den Steuerzahler gewesen,
aber 135 Millionen Euro - das wiegt die Schönheit der Gorch Fock nicht auf
Quelle: Pixabay


Ihrer Nachfolgerin im Verteidigungsministerium, Anne Kamp Karrenbauer, hätte man nach ihren Zwei Dienstjahren zumindest das Pannen-Desaster mit dem "Marder" und die in der Breite weiterhin völlig ungenügend ausgerüstete Truppe anlasten müssen. Das "Kriegerischste" an ihr war tatsächlich die Abkürzung ihres Namens: AKK ( nach dem klassischen Kalaschnikow-Sturmgewehr, das selten Fehlfunktionen hat...).  Aber derart bösartige Häme und Narrative wir auf Lambrecht gingen eben auf ihre beide Vorgängerinnen nicht ein.

Ich muss gestehen, ich war vor dem Ukraine-Krieg und auch während ihrer kurzen Amtszeit kein Lambrecht-Fan. Denn so eine Mutti im Kampfanzug kommt trotz Genderdiskussion und Geschlechter-Ausgewogenheit im Kabinett leider nur als "Schreckschraube" rüber. Aber bei Lambrechts Ernennung war eben noch kein Krieg da wurde zunächst eine Verwalterin der Bestandsaufnahme verlangt.

In der "Causa Leopard 2" wäre es wünschenswert gewesen, der Kanzler hätte selbst einmal mit krachender "Panzer"-Faust die  entsprechenden Fakten auf den Kabinettstisch geknallt, um den Medien die Floskel "Druck machen" schon im Datensatz verwelken zu lassen. Das möge den Feinden zwar die mangelnde Schlagkraft unserer Verteidigungskräfte signalisiert haben. Aber wenn deren Dienste nicht schlafen, wussten die das ja ohnehin schon.
Übrigens gerät der Kanzler durch Bündnispartner und deren Zusagen von Lieferungen  schwerer Waffen keinesfalls erneut unter Druck, wie gestern zu lesen war. Denn bislang ist kaum eine von deren Wunderwaffen in der Ukraine angekommen. Dem Einsatz müssen nämlich beinahe bei jedem Gerät umfangreiche Schulungen vorausgehen. Bedienungsfehler, die beim "Marder" fast einen kompletten Ausfall des deutschen Fuhrpark verursachten, führten bei den diversen von Rechnern gesteuerten Kampfpanzern alsbald zu millionenschwerem Schrott. Aber es ist strategisch und für das eigene Ansehen leichter, sich hinter einer deutschen Führungsrolle zu ducken. Der laute Ruf anderer NATO-Staaten nach dem "Leopard 2" verhallt ohne Echo. Schon die älteren Modelle im Arsenal der Bundeswehr erfordern eine Instandsetzungszeit von fast einem Jahr erfordern (Aussage Rhein-Metall). Neue könnten überhaupt erst nach einem zeitraubenden, bürokratischen Prozedere bestellt werden und dürften dann verfassungsgemäß nur in ausnahmen an Nicht-NATO-Staaten abgegeben werden.

Vom 100Millionen-Wums entfleucht deshalb für Beschaffung und Erneuerung aus dem selben Grund nur ein langer leiser Furz. Wer ist schuld? Der Kanzler oder die Verfassung? Das zu kolportieren, interessiert die Medien nicht die Bohne.

Übrigens habe ich noch das deutsche Munition-Beschaffungs-Drama mit dem Schweizer Produzenten vergessen. Immerhin die Eidgenossen pochen damit auf ihr verfassungsrechtliche Neutralität...

Schulter an Schulter wollen der mächtige Lloyd Austin
und der ehe schmächtig Boris Pistorius
Fortschritte im Ukraine-Krieg erzielen. Ein Schuft, wer meint
unser neuer Verteidigungsminister müsste deshalb
immer ein kleines Podest dabeihaben
Quelle; ARD


Mir ist da gestern bei der Klugscheißerei in den Talkrunden ein grundsätzlicher Gedanke gekommen:

Beim Panzer-Poker (ZdF) kann keiner bluffen, und bieten sollte nur der, der zumindest ein "Full House" hat! Auf "all in" zu spekulieren, knackt wohl eher nicht den Jackpot!

Dienstag, 17. Januar 2023

Gesichtserkennung

Physiognomik. Der Begriff der Physiognomik setzt sich aus den griechischen Wörtern für Körper (Physis) und Kennzeichen (Gnoma) zusammen und bezeichnet damit die Lehre, nach der sich durch den Körperbau und die Gesichtszüge eines Menschen Rückschlüsse auf dessen Charakter und Persönlichkeit ziehen lassen. Zitat: wikipedia

   
In der heutigen Kriminalistik scheint es . zumindest in Filmen - nur eine Sache des Software-Programms zu sein, um anhand schummriger Überwachungsvideos und weniger Parameter eine verlässliche Identität festzustellen. Vor ein paar Jahren - als die Fernsehserie "Person of Itnerest" lief - erschauerte man noch bei der Vorstellung der totalen, digitalen Überwachung und Identifizierung anhand von typischen Körpereigenschaften.
Was solche Programme glücklicher Weise (noch) nicht können, ist auch das jeweilige Wesen aus den Daten herauszulesen. Bis jetzt braucht der Kriminalist also immer noch die Erfahrung und das, was er an Physiognomik bei der Ausbildung gelernt hat. Einen Zivilisten, der so etwas instinktiv kann, bescheinigt man eher eine "Menschenkenntnis" - es sei denn er hätte Psychologie  oder Psychiatrie studiert.
Sind diese beiden
miteinander verwandt
oder spiegeln ihre
Gesichter nur den
gleichen Ehrgeiz
und ihren Willen zur 
Macht wider?
paint-collae: Claus Deutelmoser
In jungen Jahren habe ich mir viel auf meine Menschenkenntnis eingebildet, obwohl ich oft schon ganz schön daneben lag. Mittlerweile erkenne ich Gesichter immer noch gut wieder, aber bei jüngeren Männern fällt mir das zunehmend schwerer. Entweder sind sie durch ihre Metrosexualität* oder den "Undercut " kaum noch individuell wahrzunehmen. Im Freundeskreis meiner Kinder schäme ich mich oft, weil ich Menschen, die ich mein Leben lang kenne, nicht mehr auseinander halten kann. Auch ihr Alter einzuschätzen, fällt mir schwer, weil die Kahl-Schädel selbst bei den jungen 30ern überhand nehmen. Vorm Fernseher kabbeln meine Frau und ich uns immer häufiger über die Identitäten der Darsteller. Sie leidet zumindest vor der Mattscheibe, trotz gelaserter Pupillen schon an fortschreitender Gesichtsblindheit (Prosopagnosie). Dank Internet kann ich ihren Irrtum immer leicht beheben, bevor  so eine Nebensächlichkeit durch ihre Sturheit in Zank ausartet. 
In diesen Tagen der blindwütig herrschenden Köpfe, wünschte ich mir für jeden Menschen ein Gesichtserkennungs-Programm, das Politiker-Ziele demaskiert, um Wahlversprechen schon vor dem Kreuzchen-Machen wahrhaftig einordnen kann.


*Der Begriff Metrosexualität, der aus metropolitan undSexualität zusammengesetzt ist, bezeichnet einen extravaganten Lebensstil heterosexueller Männer, die keinen Wert auf Kategorisierung in ein maskulines Rollenbild legen. Der Ausdruck metrosexual (engl.) wurde 1994 erstmals vom britischen Journalisten Mark Simpson publiziert. Zitat: wikipedia

Montag, 16. Januar 2023

Was die Macht mit Grundsätzen der Grünen macht

Ach wie waren die anfangs niedlich. Auf Versammlungen wurden Babys an blanker Brust gestillt, und Jungmänner mit Rauschebärten strickten Protestpullover aus Bio-Wolle. Währenddessen lauschten sie programmatischen Reden von einer in Zukunft schöneren, friedlichen und saubreren Welt. Heute weiß der flatterhaarige Hofreiter Toni in Talkshows mehr über technische Details von zu liefernden Waffensystemen als die wehrhaften Damen Lambrecht und Strack-Zimmermann zusammen. O tempora, o mores!

Quelle: toni.hofreiter.de

Als Pazifist habe ich sie wohl in den 1980ern ein paar Mal mit meinen Zweitstimmen bedacht. Auch noch als die 1980 gegründeten "Grünen" sich nach der Wiedervereinigung am 14. Mai 1993 mit dem "Bündnis90" zusammen taten. Die "Grünen" an der Macht - da wurden sie schon nicht mehr belacht. Von 1998 bis 2005 waren sie Koalitionspartner der SPD. Und schon da mussten sie ihre Grundsätze erstmals knebeln, als ausgerechnet die grüne Ikone Joschka Fischer als Außenminister die deutsche Kriegsbeteiligung in Afghanistan absegnen musste.

Als Außenminister in der Afghanistan-Frage eingeknickt,
beschuldigte Joschka Fischer (r) Kanzler Schröder
2005 schon der Hauptverursacher des Debakels
 mit russischem Gas gewesen zu sein
Quelle: welt
Nun steckt Deutschland zwar nicht direkt im Krieg zwischen der Ukraine und Russland, aber die freie Welt erwartet von der Bundesrepublik und ihrem Kanzler in diesem Konflikt eine führende Unterstützer-Rolle. Das gliche in der apostrophierten Herausforderung schon für eine allein regierende Partei einer Zerreisprobe. Kein Wunder, dass die Umstände derzeit die "Ampel" derart zum Flackern bringen!

Die kleinste und gemeinste Position hat da die FDP!  Wie schon immer in der Geschichte der Bundesrepublik kann der stets kleinste Koalitionspartner erpresserisch Quertreiben und mit der Option drohen, alsbald aus der Koalition auszusteigen. Der Kanzler hingegen ist dazu verdammt, das schlingernde Schiff ohne verlässliche Lotsen an allen selbst im eigenen Lager ausgelegten Minen vorbei zu Steuern. Währenddessen feuert die Opposition eine Breitseite nach der anderen auf ihn ab. Gut für ihn, dass da die meisten Salven durch Blindgänger nur heiße Luft erzeugen, Dennoch Rot und Gelb müssen aktuell jedenfalls nicht unbedingt einen charakterlichen Wandel ihrer historischen Basis vollziehen; die "Grünen" hingegen schon!

"Ja, is denn scho wida Weihnachten?"
Schöner können LNG-Terminals nicht  rüberkommen
Quelle: Flüssiggas 1.de

Was macht die Macht denn mit den Grundsätzen dieser wohl bald stärksten Partei in unserem Parlament? Wie verteidigt sie die Prinzipien, die sie politisch derart stark und einflussreich gemacht haben? Da mögen ihre Minister/Innen im Kabinett und auf der Weltbühne  einen och so gute Figur machen...

Noch nicht mal ein Jahr in kriegsbedingter Krise, und schon ist ihr Bio-Nimbus durch Aufgabe von vielversprechenden Grundsätzen zu einem bedrohlichen Schatten für weiter wachsende Umfragewerte geworden:

Quelle: wikipedia

Quelle: pazifix
Atomkraft - nein danke! Kampf dem Klimawandel! Frieden schaffen ohne Waffen! Das alles verpufft zunehmend lauter in Ausübung "grüner Macht." - Braunkohle wird weiter abgebaut. Atomkraftwerke bleiben länger am Netz. Vom Naturschutz für die unmittelbare Umwelt kritisch beäugte LNG-Terminals schießen wie Pilze aus den Marschen entlang  unserer ohnehin schon strapazierten Küsten.

Denn Gegen die konzertierten Klagelieder und düsteren Prophezeiungen der Kriegs-Treiber und -Profiteure scheint es trotz deutlich widersprechender, aktueller Faktenlage kein wirkungsvolleres Mittel zu geben. Ängste zu Unterversorgung, Nullwachstum und Dauer-Inflation, Wirtschaftskrise und sogar ein Weltkrieg werden als Angstmacher täglich heraufbeschworen. Da hülfe allein nur Vertrauen in die Politik im Hier und Jetzt unseres vermutlich nur zögerlich wirkenden Kanzlers.
Bislang ist doch eigentlich keine der Horrorvisionen aus dem vergangenen Sommer real geworden. Dennoch macht das (von mir so benannte) "Kassandra-Kartell" mit falschen oder unzureichenden Fakten immer weiter. Wer wohl will in Wirklichkeit gar nicht warnen, sondern verängstigen und die Märkte zum eigenen Vorteil in die Irre führen?...

Die Bilder von Protestierenden an der Abbruchkante bei Lützerath sollten uns für lange Zeit als Scheitern "grüner Grundsätze" in Erinnerung bleiben. Zigtausende bewiesen am Wochenende bei widrigstem Wetter, dass ihnen die Welt wirklich wichtiger ist als die eigene Unversehrtheit. Wacht auf ihr Grünen! Das könnte eure Kernwählerschaft gewesen sein.

Quelle: welt

Freitag, 13. Januar 2023

Meinungs- und Pressefreiheit

Es gilt in diesen Tagen - zu Beginn eines für die Menschheit vielleicht schicksalhaften Jahres - noch einmal auf die Kronjuwelen unseres Grundgesetzes zu verweisen:

Artikel 5(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Wieder mal nachzuschauen,
kostet nichts
www.grundgesetz-gratis.de

Es wäre schön, wenn wir Europäer uns dessen bei allen Mitgliedern der Gemeinschaft und bei Staaten, die im Wartestand des Beitritts sind, sicher sein könnten, aber jedes Jahr verändert sich das Farbenspiel auf der  Rangliste der "Reporter ohne Grenzen" merklich zu Ungunsten dieses demokratischen Grundrechtes. Die Rangliste 2022, die gerade veröffentlicht wurde, weist natürlich tiefrot auf die üblichen Verdächtigen. Aber was Methodik und Quellenauswahl nicht vermögen, ist die Manipulation der Meinungsmache in Nuancen zu analysieren.

https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2022/RSF_Rangliste_der_Pressefreiheit_2022.pdf

Quelle: Institut-Mensch-Computer-Medien
Natürlich bin ich gegen den Generalverdacht "Lügenpresse", der sich in einer Bevölkerungsschicht verbreitet hat, die vielleicht nicht den Zugang zum Quellen-Vergleich hat, ihn aus Sturheit gar nicht will oder bewusst eine Schwächung der Meinungsfreiheit erzielen möchte. Gerade im Kriegsjahr 2022, in dem ja aus den Propaganda-Apparaten und Troll-Fabriken von beiden Konflikt-Parteien mindesten so viel gefeuert wird wie auf den Schlachtfeldern, war es schwer, als nicht Betroffener eine kritische Balance zu halten.

In der nachrichtlichen Berichterstattung unserer sogenannten "Öffentlich Rechtlichen" konnte es deshalb schon kein Gleichgewicht geben, weil die "Russen" ja dem Westen wohl keinen "embedded Journalism" einräumen können, wenn sie die eigenen Medien nahezu komplett unterdrücken.

Mein Urteil: ZdF und ARD haben sich redlich bemüht, aber vieles durch Talkshows in eine Richtung gerückt, aus der andere Medien ein regelrechtes Kessel-Treiben auf die Ampel-Regierung veranstalten. Dabei wird immer wieder Ursache und Wirkung vertuscht. Vor allem, wenn es um die Verteidigungsbereitschaft unseres Landes geht. Das Narrativ der 5.000 Helme für die Ukraine als Exempel für die Unfähigkeit unserer Verteidigungsministerin wird bis in die heutigen Nachrichten platt getreten. Dass sie aber vielleicht gar nichts weiter an Rüstungsgütern zur Verfügung hatte, weil 16 Jahre CDU/CSU-Minister/Innen die Bundeswehr kaputt gespart haben, wird gleichzeitig verschwiegen.

Aber was macht das deutsche Verteidigungs-Bashing mit unseren Feinden? - Gerade in einem Jahr, in dem die Bundeswehr turnusmäßig die Speerspitze der NATO-Eingreiftruppen bilden soll! Nicht nur die Russen lachen sich kaputt. auch die Grenzgänger der EU kühlen ihr Mütchen, indem sie hartnäckig Waffen zum Tausch anbieten, von denen sie wissen, dass Deutschland sie im Moment nicht sinnvoll aus ihrem bestehenden Zoo (Marder, Puma; Leopard etc.) ersetzen kann.

Eine Waffe im  militärischen Renten-Alter von 55 Jahren als Tauschobjekt ? Der Leopard 2
Quelle: WELT

Seit den Silvester-Ausschreitungen in Berlin hat die C-Union nichts besseres zu tun, als jetzt neben der ad hoc Verteidigungsbereitschaft  von der Bundesregierung Konzepte für die Nationale Sicherheit zu verlangen. Und der offenbar unter permanenten Gedächtnisverlust leidende Friedrich Merz macht bereits Wahlkampf, indem er  nicht erwiesener Maßen schon mal vorsorglich auf die Migranten einprügelt. Bis 2021 war  16 Jahre noch mal wer  für die nationale und internationale Sicherheit verantwortlich??? Ach ja: "Wir schaffen das!" meinte Mantra mäßig unsere damalige "Chefmoderatorin" Merkel...

Frau Merkel hat schon gewusst, wieso sie den
eitlen Scharfmacher Merz "ausgemustert" hat...
Quelle: ZdF.de

Mittwoch, 11. Januar 2023

Blutige Poe-sie

Grafiken: freepic
Kann schon mal passieren, dass man im Weihnachtstrubel und dem schrottlastigen Angebot der Streaming-Dienste ein Kleinod in der Schlacke übersieht. Am 22. Dezember 2022 feierte die Netflix-Produktion "Der denkwürdige Fall des Mr. Poe" seine Deutschland-Premiere, die ich geflissentlich beiseite schob. Siehe auch mein Post vom 26.12.
Quelle: fimrenzsionen.de

Seit meiner frühen Jugend befasse ich mich mit dem umwölkten Leben und dem daraus geborenen Genre von Poes literarischen Hinterlassenschaft. Bei meinem gewagten Versuch, in einem Referat an der Deutschen Buchhändlerschule in Frankfurt meine Interpretation von Werk und Autor vorzutragen, wurde ich von den Mitschülern derart niedergebuht, dass ich eingeschüchtert aufhörte, mich weiter an meinem damaligen Lieblingsautoren abzuarbeiten. 

Nur soviel: Edgar Allan Poe ist meinem Empfinden nach weder Begründer des Genres Kriminal-Roman noch Erfinder der fantastischen Kurzgeschichte. Poe hat die Alleinstellung seiner Literatur aus sich heraus verdient, weil diese stilistisch nie wirklich zu fixieren war. Er schrieb Herzen berührende Poesie, genauso wie spannende Reportagen von Erlebtem, weil er die zum Lebensunterhalt an Zeitungen verkaufen musste. Dass er währenddessen davon träumte, eigene Zeitschriften herauszugeben, ist typisch für einen Schreiberling bis in die Gegenwart hinein, in der "Print" sich eigentlich schon im Todeskampf befindet. Auch, dass er Frauen zu schnell verfiel, um sie beim Scheitern der Liebe in Verzweiflung mit Oden der Unsterblichkeit zu übergeben Aber genug. Da der kurze Lebenslauf des gebürtigen Bostoners und sein rätselhafter Tod mit 40 selbst einem Roman gleicht, lohnt es sich diverse Biographien im Vergleich zu lesen.

Quelle: wikipedia

Die Netflix-Produktion befasst sich mit einem kurzen, gar nicht so präsenten Kapitel in Poes Leben Nachdem er als einfacher Berufssoldat den höchstmöglichen Rang erreichte, wurde er zwar zögerlich an der legendären Akademie Westpoint angenommen, weil er wegen der finanziellen Sicherheit die Offiziers-Laufbahn für ideal hielt.
Die Verfilmung beruht auf dem Roman "The Pale Blue Eye" von Louis Bayard. Daraus wurde ein Kriminal-Film mit blutiger "Poe-Sie" in eiskalter, verschneiter Landschaft und stilsicherem  Ambiente der 1830er. Ein glänzend schauspielerisch aufgelegter Chistian Baile als Ermittler bizarrer, blutiger Ritual-Morde, bezieht vor Ort den spitzfindigen Kadetten Edgar in seine kriminalistischen Überlegungen ein.

Quelle: kino.de

Wie Harry Melling mit seiner verblüffenden Ähnlichkeit in diesen facettenreichen Charakter des Dichters eintaucht, wäre oscar-verdächtig, wenn denn der Film noch rechtzeitig uraufgeführt wurde...

Aber gerade weil es so gelungen ist, Poe zu visualisieren, muss ich aus meinem persönlichen Empfinden einwerfen, dass Poe das Drehbuch vermutlich ganz anders verfasst hätte. Abgesehen von den nötigen Rückblenden ist der Film recht linear erzählt. Poe jedoch erzielte den "Suspense" nicht mit Spannungsbögen, sondern eher mit Spannungsstufen. Auf denen lud er seine Leser verweilend zur Orientierung ein, um sie damit letztlich zu verwirren.

Montag, 9. Januar 2023

Wieder mal "Wilsbergern"

Am Samstag Abend lief der 77. Wilsberg, und es war offenbar immer noch ein "Corona-Krimi". Der Begriff stammt von meiner Frau, die zwar oft die Handlung nicht mehr versteht, aber dafür jeden einzelnen Hinweis auf den Virus und die durch ihn eingeschränkten Drehverhältnisse analysiert: Gegenblenden bei Dialogen. wenig Leute am Tatort, streckende Umschnitte, räumlich gedehnte Szenen. 
Dass eine Serie in die Jahre kommt, ist nur allzu verständlich, aber dass man sie derart vor die Hunde gehen lässt - nicht! Mein Gefühl hat diese Serie einen Rentenabsicherungsgrund . Ein Highlight war für mich daher der Dialog zwischen Leonard Lansink (67) und Oliver Korittke (54), die seit zwei Jahrzehnten das privat ermittelnde Duo dieser Serie geben. Wilsberg spielte auf das Alter der beiden Freunde an. Talkötter entgegnete, dass er doch viel jünger sei, wobei der grummelnde Antiquariats-Detektiv entgegnete, das sehe man aber nicht. Tatsächlich ist Oliver Korittke in der Rolle am schnellsten gealtert, wobei die Maske bei Lansik und Rita Russek als Kommissarin (70) wahre Wunder vollbringt, weil man das zwischenzeitliche Altern seit 1995 nur dann erkennt, wenn man ganz frühe Wiederholungen der Serie sieht.

Der 73. Fall musste ohne Münster auskommen.
Dafür gab es in der Kulisse aber mit Patricia Meeden
 die neue Anwältin
Quelle: Antenne Münster

Dass es hinter den Kulissen grummelt, spekulierte der "Boulevard" schon seit der Folge, in der Rita Russek offenbar eine "Zwangspause" einlegen musste. Als nur gelegentlicher Zuseher und erklärter Nicht-Fan fiel mir erst bei dieser letzten Folge auf, dass die hübsche Ina Paule Klink als Anwältin Alex längst ausgeschieden sein muss. Sie spielt nämlich jetzt ebenfalls Anwältin in den allerdings von den Szenen her wesentlich opulenteren "Zürich"-Krimis.

So etwas passiert eben beim sporadischen "Wilsbergern". "Wilsbergern" ist unter uns Eheleuten immer der Begriff für den letzten Ausweg, wenn es im TV-Abendprogramm trotz der unzähligen Kanäle tatsächlich nichts besseres als diese klischeebehafteten Münsteraner gibt.. Nur hat meine Frau mit ihrem Corona-Krimi-Fimmel wesentlich mehr Spaß:
Wieso drehen die nicht mehr im Antiquariat? Guck mal! Ein völlig neues Büro von der Springer! Kann sich ein Ermittler, wie der Overbeck, der immer nur auf dem Holzweg ist, wirklich so lange auf seinem Posten halten? Der nervt langsam! Aber dass der Talkötter trotz allen Corona-Krampfes immer noch den alten Alfa fährt, sei echt nachhaltig. - Und so weiter...

Ebenso bravourös gespielt wie nervtötend:
Roland Jankowsky als Overbeck
vor dem "Antiquariat", das wegen Corona
zu eng zum Drehen wurde
Quelle: news.de
Ich selbst habe mir unbewusst angeeignet auch typische Verhaltensweisen Wilsbergs bei anderen Filmen und Serien als "Wilsbergern" zu bezeichnen: Beispielsweise das Eindringen in verschlossene Wohnungen. Immerhin war Wilsberg vor seiner Buchhändler- und Detektiv-Karriere mal Anwalt! Da weiß man doch strafrechtlich auch über Amtsanmaßung bescheid. Harmlos aber unsympathisch das Ausleihen von Autos, weil man selbst keines hat. Das Schnorren. Das permanente Ausnützen von Freunden, ohne wirklich mal etwas zurück zu geben. Und dann ist er auch noch - trotz der hohen Aufklärungsquote - ständige pleite.

Die dringlichste Frage bei Folge 77 : Wann hüpft Wilsberg endlich mit der Springer in die Kiste? - Bevor es zu spät ist, und die Serie endgültig durch das Oldie-Gebalze zur Farce wird.