Mittwoch, 7. November 2018

Süße Seuche Amazon

Weiß ich, dass Amazon dem Einzelhandel schwer zusetzt? Ja!
Weiß ich, dass die Versand-Macht traditionellen Versendern Dumping-Preise abzwingt? Ja!
Weiß ich, dass Amazon seine Mitarbeiter zum Teil so bezahlt, dass man von Ausbeutung sprechen kann? Ja das weiß ich alles, bin aber dennoch überwältigt von der Einfachheit der Idee und der Zuverlässigkeit der Lieferungen aus einem breiten Angebots-Spektrum.

Dabei verstecke ich mich bestimmt nicht hinter dem Alter, auch wenn mit jedem Jahr die Radien kleiner, und meine Argumente pro Amazon größer werden.
Es waren zunächst kleine Dinge, die einen großen Weg und langes Suchen von mir verlangten. Geduld und Shopping-Begeisterung - vor allem wenn es um Kleidung geht - waren bei mir nicht sonderlich ausgeprägt. Um ehrlich zu sein, Umkleide-Kabinen lösten bei mir Schweiß- und Panik-Attacken aus, zumal ich mich wegen meiner Figur im Mode-Angebot immer als Außenseiter fühlen musste.
Amazon löste mein Größen-Problem. Bis jetzt habe ich nicht einmal umtauschen müssen. Damit hatte mich der Konzern am Haken, ich weitete meine Bestellungen aus auf Dinge, die wir schleppen müssten. Ich schreibe wir, weil ich mittlerweile auch meine Frau mit ein beziehe. Das schneidende Argument waren ihre Sekt-Marken. Zwar hat sie nur etwas über 150 Meter zum Supermarkt, aber da sind sie nicht immer preiswert vorrätig.
Längst haben sich die Boten daran gewöhnt, dass sie die Kisten zu uns hoch bringen müssen, denn ich profitiere vom überbordenden Wein-Angebot. Wir sind da ja ein wenig komisch.

In Italien trinken wir italienische Weine, in Deutschland ausschließlich deutsche. Der nächste verlässliche Weinhändler ist sechs Tram-Stationen entfernt, und Parkplätze findet man dort auch nicht.
Meinen Lieblings-Weißburgunder und meinen fränkischen Riesling könnte ich bei chronisch werdender Sucht auch im Abo bestellen.

Bis jetzt hat Amazon bei Lebensmitteln noch kein preiswerteres Angebot, aber das ist nur eine Frage der Zeit, bis er sich Lieferando und Konsorten einverleibt.

In der Welt von Morgen, die ich mit Sicherheit nicht mehr erlebe, befürchte ich die Welt-Herrschaft von Google und Amazon, weil ihnen allein durch Bewegungs- und Kauf-Profile eine nicht mehr zu kontrollierende Macht zuwächst. Wieso das? Weil der Mensch ein Faultier ist!

Gerade habe ich in die Suchmaschine "Bilder von Amazon" eingegeben. Statt Firmen-Fotos fand ich das Kunst-Angebot des Versenders.


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