Scherzhaft könnte das so gesehen werden:
Wäre die gestrige Folge der VOX-Sendung "Das perfekte Dinner" in Russland ausgestrahlt worden, wären die Protagonisten samt Programm-Chef und Produzenten direkt wegen Werbung für die Homo-Sexualität in den Archipel Gulag verfrachtet worden.
Ja, gut, dass wir in einem Land moralischer Freizügigkeit leben und nicht unter Putins Fuchtel! Aber wenn diese lockere Moral zur General-Verblödung des Zusehers derart in Form eines Abnormitäten-Panoptikums missbraucht wird, lässt sich ahnen, was der russische Präsident in Wahrheit befürchtet. Denn Medien ohne Basis-Moral fällt es in der Tat leicht, unter Vorspiegelung grenzenloser Toleranz eine Verhältnismäßigkeit herzustellen, die mit tatsächlichen gesellschaftlichen Strukturen nichts zu tun hat.
Ich traue mich ohne sonderliche statistische Erhebung zu sagen- auch wenn ich mit dieser Behauptung anecke: So schwul wie es derzeit in den dayly Soaps und angeblichen Dokumentationen der Prekariats-Medien dargestellt wird, ist Deutschland nicht. Wenn es sich bei den Darstellungen aber um bewusste Überhöhung zum Füttern von Sensationsgier handelt - wo ist dann der Unterschied zur Diskriminierung?
Ein anderes Beispiel, um aus der Schmunzel-Ecke heraus zu kommen:
Vergangenen Freitag lief ein ZDF-Krimi mit dem Titel "Unter Feinden", bei dem Drogenwracks mit Dienstausweis (Zitat SPIEGELonline) die deutsche Polizei nach amerikanischem Vorbild als verkommenen Haufen korrupter Krimineller darstellen. Den Vogel schießt Regisseur Lars Becker aber damit ab, dass sich nur eine Staatsanwältin iranischer Herkunft als partielle Kopftuch-Trägerin (vor Gericht verzichtet sie auf die schwarze Umhüllung) daran macht, diesen Sumpf trocken zu legen.
Die meisten Bildungsbürger sind sicher in der Lage, die Handlungen von Spielfilmen und Soaps zu relativieren. Aber was ist mit all den frustrierten, in Bildung und Job zu kurz gekommenen Jugendlichen, die die Schimanski-Methode, erst zu zu hauen und dann zu befragen, nicht als eigentlichen Straftatbestand erkennen, sondern darin ein Faustrecht der Freiheit sehen? Der Hinweis, dass Sendungen für Zuseher unter 16 Jahren nicht geeignet seien, ist da doch genauso lächerlich wie die Ausstrahlung nach 22 Uhr. Wo doch mittlerweile jeder weiß, dass sich die Kids - selbst wenn sie noch minderjährig sind - erst weit nach Mitternacht zur Disco aufmachen.
Die freiwillige Selbstkontrolle, die einst zu recht als spießig überzogen empfunden wurde, hat sich im Freigeist derart aufgelöst, dass sie nun in der moralischen Verkommenheit der restlichen Welt, die uns täglich in den Nachrichten übermittelt wird, gänzlich untergeht
Denn Moral hängt nicht allein von individueller Betrachtungsweise und Erziehung ab. Wenn ein Schurkenstaat den anderen entgegen der Prinzipien seiner eigenen Verfassung bespitzelt, Ideen aus dem Internet klaut und Menschen, die wegen dieses Tuns die Öffentlichkeit suchen, mit einer weltweiten Fatwa belegen, sind das ideale Rahmenbedingung für einen generellen Ethos-Verfall.
Angesichts einer Religion, in der sich die eigenen Anhänger wegen unterschiedlicher Auslegungen Menschenleben verachtend bekämpfen, abschlachten, vertreiben und dabei auch vor Giftgas nicht zurückschrecken, kommt der Außenstehende schon ins Grübeln. Vor allem bei der gleichzeitigen Inanspruchnahme einer dogmatischen Moral, die die Frauenrechte ignoriert und das Kopftuch wieder ultimativ zum Symbol erhebt.
Man muss nur lange genug den willigen Geist penetrieren, um zu einem gewünschten Ergebnis zu kommen:
Ob das nun Tattoos und Piercings oder Kopftücher und Zottelbärte sind. Irgendwann weiß einer eben nicht mehr, wann und wie er moralisch von den Mächtigen manipulierte worden ist; auch mächtige Medien gehören eben dazu.
Bei der täglichen Bomberei und der Zurücksetzung der Frau in ihren Ursprungsländern, frage ich mich, wer hält die jungen Migrantinnen hier im Stadtteil davon ab, sich einen eigenen Durchblick zu verschaffen? Während ausgerechnet die iranischen Mullahs in diesen Tagen das Verhüllungsgebot weitgehend aufgehoben haben, wächst hier in Milbertshofen die Zahl junger Kopftuchträgerinnen zusehends. Seit das neue Lehrjahr begonnen hat, sehe ich sie - dieses Attribut nicht ohne modischen Pfiff tragend - in der Apotheke, beim Bäcker, im Drogeriemarkt und vielen anderen Ausbildungsbetrieben.
Für Thilo Sarrazin mögen diese Mädchen als zukünftige Mütter eine potenzielle Bedrohung durch religiöse und gesellschaftliche Unterwanderung darstellen. Ich sehe das anders:
Es bieten sich daraus Kontakt- und Gesprächsmöglichkeiten, weil die jungen Migranten Moral haben und die Ausbildung nach deutschen Maßstäben suchen. Sei wollen zu der Gesellschaft gehören, deren Verfassung ihnen die freie Religionsausübung garantiert. - allerdings ja nur so lange, wie die generellen eigenen Moral-Vorgaben jeweils geschützt werden und intakt bleiben können.
Wenn nicht, dann hat wohl die aktuelle Erinnerung an Deutschland im November vor 60 Jahren auch nichts mehr bewirkt...
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