Nach acht grauen Winter-Wochen mit kaum mehr als 20 Sonnenstunden insgesamt habe ich vor ein paar Tagen meinen Drahtesel aus dem Fahrrad-Keller des Glashauses geholt. Neun Grad Mittagstemperatur bei konstantem Sonnenschein kommen einem da schon wie Frühlingsanfang vor. Leider ist der mir gründlich verdorben worden.
Bei meiner Radel-Therapie muss ich wegen meines Vorhofflimmerns drauf achten, dass die Dauerbelastung nach Möglichkeit nicht allzu oft durch rote Ampeln unterbrochen wird. Dem entsprechend suche ich mir diverse Runden abseits des Verkehrs aus. Beispielsweise meine Runde um den Englischen Garten. Bis dahin sind es nur vier Ampeln, die so weit zu sehen sind, dass man eine "Grüne Welle" durch Beschleunigung oder Bremsen erzielen kann. Alle Radwege waren frei. - Wenn man von den Fußgängern einmal absieht, die in diesen Tagen lieber auf dem von Radlern frei gefahrenen Asphalt gehen, als auf den mit Rollsplit übersäten Bürgersteigen. Im Englischen Garten wird natürlich nicht gestreut und nicht geräumt. Deshalb konnte ich auch die geplante Runde nicht antreten, weil die kurze Zeit des Tauwetters die fest getretene Schneeschicht nur zu einem glitschig glatten, halb gematschten Parcours deformiert hatte. Absolut unbefahrbar!
Um nicht unverrichteter Dinge umzukehren, rollte ich dann auf den Sträßchen entlang des Englischen Gartens Richtung Innenstadt. Die meisten Einbahnstraßen sind da für Radler in beiden Richtungen zu befahren, und Ampeln gibt es auch keine. München sieht sich ja als Radfahrer-Hochburg, obwohl hier auch der Begriff der "Radel Rambos" für die rücksichtslos alle Verkehrsregeln missachtenden Zweirad-Desperados erfunden wurde... Ich zählte mich bislang ausdrücklich nicht dazu, obwohl mich die weiteren Ereignisse diese Ausflugs eines Besseren belehren sollten.
Weil es langsam an der Zeit war umzukehren, bog ich von der Königin-Straße in Richtung Uni ab, um am Professor-Huber-Platz über die Leopold-Straße heim zu trudeln. Auch auf der Leopoldstraße kann der voraussichtige Radler ja eine "Grüne Welle" erzeugen. - Dachte ich.
Als ich auf den Universitätsplatz einbog, sah ich, dass die Radfahrer/Fußgänger-Ampel bei der kleinen Schackstraße bereits rot war. Als ich den Bogen fertig gefahren hatte, stand sie immer noch auf rot, ohne dass auch nur ein Fahrzeug in diese Einbahnstraße am Siegestor eingebogen wäre. Wieso habe die da überhaupt eine Ampel? Das Abbiegen könnte sich mit einem Zebrastreifen und der Vorfahrtsregel für Radfahrer selbst regeln wie auch an Hunderten anderer Kreuzungen in München.
Es gelang mir nicht, meine Fahrt bis zur Grünphase weiter zu verzögern. Ich rollte also über Rot. War ja sowieso niemand da, den ich dadurch stören würde. - Dachte ich.
150 Meter hinter dem Siegestor stand in der Bucht, die durch die Verjüngung der Leopoldstraßen entsteht, eine grüne Minna mit nicht weniger als sechs Polizistinnen und Polizisten im Einsatz - wenn man Nummer sieben außer Acht ließ, der in Zivil und Sprechfunk ausgestattet eben vorne verborgen an der Ampel stand und die Delinquenten ankündigte.
Mein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung war unstreitig. Mehr als zwei Jahrzehnte habe ich in Deutschland weder ein Knöllchen noch einen Punkt in Flensburg bekommen. Nun wurde ich mit 100 Euro zur Kasse gebeten, weil ich in eine fiese Falle gerollt war. Beim anstehenden Vorlesungschluss würden vermutlich Dutzende Studenten meinem schlechten Beispiel folgen. Nur, dass die die 100 Euro Buße noch härter treffen würde.
Der Polizei-Meister,der meinen Fall aktenkundig machte, war von erlesener Höflichkeit. Deshalb suchte auch ich als explosiv geladener Wutbürger nach erlesenen Vokabeln, um diese hinterhältige Geldschneiderei nicht als hinterfotzige Sauerei zu bezeichnen.
"Es geht doch gar nicht ums Geld", meinte der Ordnungshüter, "sondern darum, gleich zu Beginn der Rad-Saison auf höhere Anweisung erzieherisch einzuwirken..."
Das mit der höheren Anweisung erzeugte bei mir gleich ein perfides Bild. Ich sah eine Troika aus einem schief grinsenden Landesvater, seinem Finanzminister-Rambo und dem pomadigen Innenminister, wie sie - ihren Ärger über die ihnen aufgezwungene Abschaffung der Studiengebühren kompensierend - sich diese Maßnahme ausgedacht haben, um doch noch zumindest an einen Teil des Geldes der Studenten zu kommen...
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