Mittwoch, 20. März 2013

Europoly

Eineinhalb Jahrzehnte bildeten die Zweitbeste und ich  mit dem kinderlosen Paar Rebecca und Rolf eine Zocker-Runde. Einmal im Monat freitags wurde erst lecker gekocht und dann ein grüner Filz über den Esstisch gezogen, auf dem dann eine Reihe unterschiedlichster Spielrunden gegen Bares absolviert wurde. Es ging mitunter um ganz schöne Sümmchen, aber im Gegensatz zu den Banken wurden alle unsere Gewinne und auch die Verluste "sozialisiert". Das Geld landeten erst in einem dickbäuchigen Sparschwein aus nachhaltiger Aufzucht und dann auf einem Sparkonto, für das es damals noch Super-Zinsen gab und das irgendwann einmal für eine große, gemeinsame Reise geplündert werden sollte...

Obwohl ich leider ein lausiger Verlierer bin, waren diese Spiele-Abende mit wenigen Ausnahmen meist sehr harmonisch. Nur immer dann wenn uns der Teufel ritt, spielten wir auch Monopoly. Selbst wenn dabei der Ausgang vorprogrammiert war. 

Rebecca und ich schmiedeten nämlich waghalsige Allianzen, während die Zweitbeste und Rolf sich - im Gegensatz zum sonstigen Naturell - mit vorsichtigen Investments und gegenseitigen Mietbefreiungen zwar recht aber schlecht um die Runden halfen. Was soll ich sagen. Es endete wie im richtigen Leben: Die bösen Zocker zockten derart schamlos ab, dass nicht nur die Monopoly-Bank letztlich pleite war.

Noch heute bin ich fest davon  überzeugt, dass kein Gesellschaftsspiel die schlechtesten Eigenschaften eines Menschen derart hervorkitzelt wie Monopoly. Auch kann keine wissenschaftliche Abhandlung die Funktionsabläufe dieses "Moloch Kapitalismus" einfacher dokumentieren, als es dieses Brettspiel auf nur einer Runde schafft.

Angesichts des Rumzockens um Europa mache ich deshalb heute den Vorschlag, das alt bewährte Spiel um die Variante EUROPOLY zu ergänzen, damit die Spieler dabei auch aktuell etwas für ihr Leben lernen 

Hier einige Ideen:

Die farbigen Straßenfelder werden zu Ländern. Entsprechend der jeweiligen Finanz-Situation werden die prekären Felder der ersten Geraden nach Los also umbenannt: Zypern und Griechenland ersetzen Bad- und Turmstraße, der Südbahnhof entsprechend anderer Euro-Gräber exemplarisch zu "Stuttgart 21" oder "BER". Chaussee-, Elisen- und Poststraße sind dann Griechenland, Italien und Spanien. Allen auf dieser Seite ist gemeinsam, dass man sich bei den Investitionen nicht lange mit Konzepten und Plänen aufhalten muss. Sie sind gegen Spenden ohne Umweg über sozialen Wohnungsbau am schnellsten mit subventionierten Hotels zu bepflastern. Witzig ist, dass ausgerechnet dort auch das Einkommensteuer-Feld lauert. - Kann also glatt ignoriert werden. 

Den Rest erledigen dann schon Gemeinschafts- und Ereignisfeld. Hier zwei typische Karten. "Die Europäische Gemeinschaft beschließt einen Privatbeitrag zur Bankenrettung in Ihrem Heimatland. Ihr Bargeldbestand schrumpft um 10 Prozent" oder noch besser "Unvorhersehbares Ereignis: Die Bauarbeiten an Stuttgart 21 werden nun doch eingestellt, die Zahlungen für bereits erfolgte Dienst-und Sachleistungen auch. 10 Runden ziehen sie bei Los leider keinen Bonus ein!" 

Ich muss ja wohl nicht betonen, dass Deutschland und Frankreich dann für Parkstraße und Schlossallee stehen, und sollte der Euro da tatsächlich gescheitert sein, wird nahtlos die neue Gemeinschaftswährung  "Merkel" eingeführt.

Eine völlig neue Dimension erhält nun das Gefängnis, seit die Finanz-Jongleure gemerkt haben, wie mühelos sie weiter Geld scheffeln, während sie wegen Steuer- oder Kartell-Vergehen einsitzen. Die Karte "Sie kommen aus dem Gefängnis frei" wird nun gerne unterschlagen. Die Karte "Gehen sie in das Gefängnis, begeben Sie sich direkt dorthin, gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie keinen Bonus ein!"  wird jetzt hingegen bejubelt.

Natürlich möchte ich hier  nicht jede Einzelheit meiner Idee präsentieren. - Schließlich habe ich ja noch kein Europäisches Patent angemeldet, und wer weiß, ob die Euro-Version dann überhaupt noch Gültigkeit hat.

Aber einen Hinweis auf die Felder Wasser- und Elektrizitätswerk möchte ich doch noch geben. Wasser wird ja nach EU-Vorstellungen bald vom Gemein- zum Handelsgut. Deshalb ist dieses Feld in Zukunft besonders tückisch. Bei jeder Runde müssen diejenigen, die darauf  geraten, mit willkürlich erhöhten Abgaben rechnen. Noch schlimmer trifft es die, die im Elektrizitätswerk landen. Da hält der Karten-Fundus auch noch einige zusätzliche Überraschungen parat: 

Dabei ist die betreffende Ereignis-Karte "Sie haben ein Charity-Diner zugunsten der Netzbetreiber mit Peter Altmeier als Tischherrn gewonnen, bitte spenden Sie 3000 €!" noch die harmloseste. Hart ist die Gemeinschaftskarte "Auf ihrem Grundbesitz entsteht ein Windpark. Die Felder müssen von allen Bauten zu Ihren Lasten geräumt werden."

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