Hätte der gar nicht mehr so junge Assessor, der später mein Vater wurde, bei einem Kostümfest im Kölner Gürzenich nicht den ein wenig pummeligen Teenager im Mauerblümchen-Fliegenpilz-Kostüm zum Tanzen aufgefordert, um an deren rassigere, reifere Freundin heran zu kommen, gäbe es mich schon mal nicht.
1960 Kinder-Fasching am Aschermittwoch. Schon da ist der Blogger mit einem blauen Auge davon gekommen |
Mehrmals fiel bis heute mein Geburtstag auch auf den Faschings-Dienstag, was in der Erinnerung dazu führt, dass gefühlt in unserer und der Familien meiner Frau eigentlich alljährlich häusliche Maskenbälle stattfanden.
Beim Maskenball der Deutschen Journalisten Schule, auf den ich - noch Teenager - eingeladen war, weil meine Schwester diese gerade absolvierte, wich die Frau eines Großverlegers die ganze Nacht nicht von meiner Seite. Sie legte mir mit vollem Köper-Einsatz nahe, den Beruf des Journalisten ebenfalls zu ergreifen. Weil sie meine Talente erahnt hatte?
Es konnte wich ja keiner vorstellen, dass ich mich bereits ein Jahrzehnt später als Reporter in Wort und Bild weltweit in den Karneval-Trubel stürzte. Meine mehrfach kopierte Reportage über den Carnevale di Venezia war 1980 gewissermaßen der Auftakt für dessen touristische Wiederbelebung.
1980 noch eher eine Privat-Sache: Der Carnevale di Venezia in einer Lagune, die noch überwiegend den Einheimischen gehört |
Nahe am Nirvana: Trinidads Queen af Carnival 1986 auf dem Grand Stand von Port of Spain |
Das Schlüssel-Erlebnis, das mich von der närrischen Zeit distanzierte, war Helmut Kohls Erlass, alle Fastnacht-Festivitäten einzustellen, weil die Bushs da ja ihren ersten Öl-Krieg entfacht hatten. Drei Jahre später wurde munter weiter gefeiert, obwohl im Balkan-Krieg quasi vor unserer Haustür Menschen - zum Teil Verwandte von Leuten, die in Deutschland arbeiteten - willkürlich hingerichtet in Massengräbern landeten...
Bis heute ist für mich immer wieder bestürzend, wie sich Spitzen der Gesellschaft im Geltungs-Strip zu Narren machen und wie Laschet oder Kramp-Karrenbauer todernst Orden "wider den tierischen Ernst" entgegen nehmen. Überhaupt hat das Fernsehen dem "Närrischen Treiben" seine Unschuld genommen, seit das Sehen und gesehen Werden von günstigen Produktionskosten begünstigt wird. Promis überbieten sich da mit ausgefallensten Verkleidungen, um doch gleich erkannt zu werden. Was ja auch sein muss, weil die Darbietungen auf der Bühne an Niveaulosigkeit eben kaum zu unterbieten sind (siehe Fränkische Fastnacht).
Dem Söder sei Nos'n is net zum maskian! Foto: t-online |
Immerhin: Unser gesamter Familien-Clan wird sich wieder - wie jedes Jahr - am kommen Dienstag zum "Tanz der Marktweiber" mit minimal invasiven Kostümen auf dem Münchener Viktualien-Markt einfinden. Die Allerallerbeste trägt wie seit Jahren schon einen Jäger-Hut in einem weithin leuchtenden Neon-Gelb und dazu ihre gestreifte Zebra-Sonnenbrille. Zum Totlachen! Ich gehe vermutlich mit einem roten Punkt auf der Nase als ich selbst, weil mich in dem Trubel auch so schon keiner erkennt.
Tatäääh, tatähhh, tatäääähhh, Helau, Alaaf. Und Männer! - Morgen nur die hässlichsten und ausrangierten Krawatten tragen. Es ist ja Wieverfastelovend!
Ich schmeiß mich weg! Urkomisch das alles! Ich werde im Narren-Treiben mal wieder Narren treiben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen