Was mich am meisten überraschte, war, wie wenig bei der Prozedur noch auf die Qualität des Passfotos geachtet wird. Hauptsache, die biometrischen Daten entsprechen dem Gescanten. Dafür muss die Unterschrift so aussehen, dass der Name lesbar wird. Dreimal auf einem Tablet und zweimal auf Papier versuchte ich den Namenszug, den ich wegen seiner Länge seit der Jugend stark vereinfacht hatte, lesbar hinzubekommen. Freiwillig gab ich gleich die Abdrücke meiner Zeigefinger ab, damit sich eine mögliche Personen-Überprüfung nicht zu lange hinzieht.
Es ist durchaus denkbar, dass ich derart frühzeitig gealtert bin, aber die neuen Online-Funktionen des Persos geben mir ein Gefühl, dass ich bisher nicht hatte; ich bin abgehängt, weil das Prozedere derart kompliziert ist, dass ich Schweißausbrüche habe.
Irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, dass unser Gemeinwesen aus dem Bedürfnis, sich gegen Terror und Cyber-Kriminalität besser zu schützen, die Bürger einer kollektiven Prosopagnosie aussetzen.
Prosopagnosie ist die derzeit noch seltene Störung, bei der Menschen Gesichter anderer Menschen nicht mehr zwecks Wiedererkennung im Gehirn abspeichern können. Ein prominentes Beispiel hierfür wäre Brad Pitt, den manche deshalb für arrogant halten.
Wenn das Gesicht zwecks Ausdruck individuellen Charakters nicht mehr gelesen wird, haben nur die Kultur-Kreise etwas davon, die traditionell den Gesichtsverlust fürchten.
In unseren Breiten wird es allerdings auch immer etwas schwerer, das Signalement eindeutig zuzuordnen. Schuld daran ist der von der Mode diktierte Einheitslook. Neulich war ich auf einer Feier mit großem Abstand der Älteste. Bei den Leuten zwischen 25 und 40 hatte ich echte Probleme, die auszumachen, die ich schon gegrüßt hatte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen