Mittwoch, 30. Oktober 2024

Im Lebensabend-Teuerland

 Natürlich habe ich den schönen Sommer lang von Italien aus auch die Diskussion über die Lebensmittelpreise hierzulande beobachtet. Jetzt verschlägt es uns jedes mal den Atem, wenn wir hier den Geldbeutel öffnen. Eindeutig ist unser Leben erstmals in Deutschland spürbar teurer als in Italien.

Gestern war ich - wie in Italien - dran, Brot oder Brötchen einzukaufen. Ich schrieb in den "Briefen von der Burg" ja schon, von der winzigen Bäckerei im Tal-Ort Pontedassio. Dort kaufen wir unseren Wochen-Vorrat an sogenannten Panini Rustici. Die heißen wohl so, weil sie von Form sowie Größe höchst unterschiedlich ausfallen und daher rustikal und eben nicht industriell gefertigt rüberkommen. Es gibt sie morbide (weich) oder crocante (knusprig). Wir nehmen sie weich und backen sie dann bei Bedarf knusprig auf. Es sind die unvergleichlich köstlichsten "Brötchen", nach denen wir uns schon eine Woche hier bereits wieder sehnen.

Quelle: GialloZaffarino.it

Dass sie so unterschiedlich groß sind, wirkt sich übrigens nicht auf den Stückpreis-Preis aus. Nicht nur, weil der Brotpreis für gewisse Sorten staatlich gedeckelt wird, sondern weil die Rustici nach Gewicht berechnet werden. Unser Fünftage-Bedarf von 14 Rustici kostet seit der Pandemie unverändert zwischen 6 und 7 Euro.

Quelle: stachabroat.com
Um hier halbwegs gutes Brot zu bekommen, müssen wir nur über die Straße zum Metzger unseres Vertrauens. Der zapft für sein Brotzeit-Angebot Backwaren aus einer seit Jahren qualitativ gleichbleibenden Quelle, die in unserem Stadtviertel ihresgleichen sucht. Aber er ist eben Zwischen-Händler. Also zahlte ich gestern für vier rustikale Semmeln und zwei Kornspitze 6 Euro. Auf unseren Bedarf umgerechnet also mehr als das Doppelte im Vergleich zu Italien.

Abgesehen von den Preisen - wo sind all die Bäckereien hin, die es vor der Pandemie noch zumindest halbdutzendweise in Geh-Nähe gab? Ich muss dann immer an den romantisierenden Film "Das Brot des Bäckers" von Erwin Keusch denken. Der feierte  1976 Premiere und vermittelte da schon eine Ahnung, was aus diesem lebenswichtigen Handwerk dereinst würde. Backstraßen, Fertigsemmeln aus der Kühltruhe und die automatischen Backstationen der Supermärkte haben mit dem, was ich im früheren Leben noch erschmecken durfte, rein gar nichts mehr zu tun.

Quelle: cineplex
Mittlerweile kaufen wir echt in Holzöfen gebackenes, traditionelles Brot nur noch höchstens einmal im Monat, wenn wir auf die  Münchner Märkte gehen. Selbst die berühmte Hofpfisterei - einst ein Garant für gutes, nach alten Rezepten Gebackenes - hat unseren stichprobenartigen Käufen nach, immer größere Probleme, ihrem historischen Nimbus gerecht zu werden.

Mein Sohn bäckt mit selbst gezogenen Sauerteig trotz seiner enormen beruflichen Belastung längst selbst für seinen Ein-Personen-Haushalt nach alten Mischungen diverse Brotsorten, die es ansonsten gar nicht mehr zu kaufen gibt.
Zeit hätten wir ja 
dazu auch , aber wir kommen einfach nicht mehr aus unserer Komfort-Zone.

- Dann dürften wir eigentlich auch nicht über Preise meckern. Aber angesichts des derzeitigen Butterpreises und eingedenk des Glücksfalls, dass wir in Castello Eier, Gemüse und Olivenöl konkurrenzlos günstig von den Erzeugern in der Nachbarschaft  an die Tür gebracht bekommen, wird es wohl so sein, dass wir unseren bald autolosen Lebensabend  in Teuerland verbringen müssen

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