Montag, 14. Oktober 2024

Dialekt und Dialektik


 Manchmal Glaube ich nicht mehr an Zufälle: Seit einer Woche trieb mich in der Pause zwischen meinen Blogs die Überlegung um, wie sich die Dialekte im Verhältnis zur Dialektik anpassen. Und dann sehe ich - noch in der Schweiz bei unserer Übernachtung in Sufers am Stausee - Markus Söder live mit einem Stichwort-Geber vom "BR-Staatsfernsehen" über den CSU-Parteitag schwadronieren.

Quelle: ZEIT-online

Völlig losgelöst von der Erde und völlig schwerelos feierte er Bayern als Nummer Eins von Deutschland - und sich als den großen Zampano, der Wohlstand und Schönheit "seines" Bundeslandes nur durch sein Wirken auf dem Spitzenplatz hält. Da passt es ihm natürlich gar nicht, dass die rot-grün regierte  Landeshauptstadt einen Großteil zu diesem generellen Spitzenplatz beiträgt. Die "Grünen" bleiben nämlich trotz der in diesen Zeiten möglicherweise Existenz erhaltenden und daher erforderlichen Bündelung der demokratischen Kräfte das absolute Feindbild des Bayrischen Ministerpräsidenten. - Egal, ob seine Partei-Vasallen sich in der zweiten Reihe  schon längst um Mäßigung bemühen. Und dann dazu noch der Friedrich Merz, dem er als Kanzler-Kandidat nur scheinbar aus Vernunft Platz gemacht hat, als Gast-Redner. Der Millionario-Kahlschopf aus der Schwester-Partei hat die grünen Perlen an seinem Abakus doch schon längst nach rechts geschoben. Will der 2025 mehr als eine Legislatur-Periode eine erneut drohende Große Koalition mit der kleinen SPD verhindern, bleiben ihm ja nur die "Grünen", will er keine "Brandmauern" einreißen...

Aber wie komme ich Grenzgänger zwischen einem faschistisch regierten EU-Land und einer Demokratie-Bastion, die vielleicht schon bald rechtsnational unterwandert wird, überhaupt zu dieser Überschrift, wo doch der Söder-Markus eher einen Art Kunstgewerbe-Bayrisch redet, eine getönte Rattenfänger-Sprache. Da muss doch sein Vize, der Aiwanger Hubert, in punkto Dialekt eher glaubhaft eingestuft werden. Der  Bayrische Wirtschaftsminister verzichtet ganz und gar auf Dialektik und redet immer frei heraus, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, auch wenn es mitunter tierischr Unsinn ist.

Vielleicht mal  Begriffs-Erklärungen:

Unter einem Dialekt versteht man die Art und Weise, wie man eine Sprache spricht. Der Dialekt weicht dabei von der Standardsprache (Hochdeutsch in Deutschland) ab und bildet ein sprachliches System mit eigenen Regeln.

Dialektik ist eine philosophische Methode, bei der du zwei unterschiedliche Meinungen betrachtest und daraus eine neue Sichtweise findest. Es geht darum, aus dem Gegensatz eine Vereinigung zu schaffen und so dein Denken anzuregen. Quelle: Quelle: Google

Schon als Kind bereiteten mir Ortswechsel eigentlich keine Probleme, mit den reiselustigen Eltern war ich gezwungen, mich zum Spielen mit Kindern anderer Nationen anzupassen. - Wieso ist es dann mit und unter Erwachsenen meist so schwierig?

Als ich - noch auf der Volksschule (heute Grundschule) - von Hamburg nach München wechselte, musste ich "wegen zu schnellen Sprechens" nachsitzen. Wohlgemerkt in unserer Familie wurde schon wegen der verschiedenen Geburtsorte Hochdeutsch gesprochen und ich stolperte höchstens manchmal ein wenig über den "Spitzen Stein" Als ich langsam lernte, nicht mehr so schnell zu sprechen, wurde ich noch leichter als "Saupreiß" - auch von den Lehrern - ausgegrenzt, obwohl ich den bayrischsten Nachnamen aller Mitschüler hatte, von denen nicht wenige nach einem osteuropäischen Ursprung klangen.

Quelle: WDR
Walter Jens 1923 - 2013
Der Tübinger Rhetorik-Professor Walter Jens hätte vermutlich eine riesige Freude an mir gehabt, denn ich lernte so, ohne, dass ich da schon wusste, was Dialektik bewirken kann. Nämlich mir aus den Gegensätzen meiner bestimmender werdenden Existenz eine vereinigende Denkweise anzueignen. In den bald folgenden Jahren auf dem Gymnasium war ich meist erster oder zweiter Klassensprecher und dann Sogar Schulsprecher.
Bei meiner Tätigkeit für den Sport nach der Wiedervereinigung half mir das sehr, eine Sichtweise zu akzeptieren, die mir unerhört gegen den Strich ging, die aber eben Integration verlangte. Jetzt bricht diese offenbar bei den AfD-Wählern im Osten wieder hervor, ohne dass jemand im politischen Umgang  entschieden darauf
 setzt, dialektisch an das gemeinsame Denken bei der Wiedervereinigung zu erinnern.
Foto: Claus Deutelmoser
Cena in Piazza 2024: So viele Einheimische an den Tischen wie nie zuvor

Ein schönes Beispiel für Dialekt im Zusammenspiel mit Dialektik waren auch meine Bemühungen um Integration in dem ligurischen Bergdorf, wo ich seit einem Vierteljahrhundert lebe. Im festen Bestreben nur Einheimische für Arbeiten am Haus zu beschäftigen, bekam ich meist albanische Maurer und Maler geschickt. Die hatten sich nach der Flucht über die Adria überraschend schnell den ligurischen Dialekt angeeignet, in dem es offenbar viele Wort-Verwandtschaften gab und der nur wenig ans Italienische erinnert.
Währenddessen beharrten viele der alten Dorfgeister jahrelang darauf, mich mit ihrem Dialekt zu verwirren. Das war erst vorbei, als ich als "Omburgsmann" einmal zwischen einem aus Schweden stammenden Hausbesitzer und einem Abkömmling einer uralten ligurischen Familie in einer rechtlich kniffligen Situation vermitteln sollte. Zu dem sagte ich: "Wenn ich dir helfen soll, sprich Italienisch mit mir!" Was einem Witz gleichkam, weil für mehr als die Speisekarten lesen zu können mein Sprachvermögen da ja nicht reichte. Aber da der Fall gelöst wurde, kamen in der Folge immer andere, die meine Vermittlung wollten. Ob ich dadurch ein "uomo di respetto" wurde, vermag ich immer noch nicht zu beantworten. Tatsache ist aber, dass beim diesjährigen "Cena in Piazza", das einst für gute Nachbarschaft von meiner Frau und mir initiiert wurde, so viele einheimische Burggeister wie noch nie an den Tischen saßen.

Was will ich dem ja ansonsten nicht unsympathischen Söder und mit meiner Einleitung hier sagen?

Zwischen Dialekt und Dialektik versperrt mitunter ein aufgeblasenes Ego den Blick auf Gemeinsamkeiten - auch wenn Charaktere noch so verschieden sind. Söder sollte vor allem aufpassen, dass er jetzt mit neuem Bart und Fingerzeig zum Himmel (siehe Bild oben) auf manche dann nicht wirkt, wie einst der  "Schein-Gelehrte des Terrors" Osama Binladen.

Quelle: T-online

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