Freitag, 24. April 2020

Torschuss-Panik

Die Kanzlerin hat recht! Kaum wurden die Lockerungen und Erleichterungen der Corona-Beschränkungen in vorsichtige Formulierungen verpackt, explodierte bei so einem Frühlingswetter zumindest in der Bayrischen Landeshauptstadt die übliche Lebensfreude. Der Verkehr hat wieder die nervende Dichte, und die Raser nutzen die längste Straße Münchens zwischen den Ampeln wie immer mit ihren aufgebohrten Maschinen für extreme Beschleunigungstests. Röhrende Auspuffe und quietschend qualmenden Reifen interessieren die Polizisten offenbar weniger als der richtige Abstand unter den Leuten. Alles beim Alten?

Nicht ganz, denn es gilt ja dann die angeordnete Masken-Pflicht, die das Bild der pulsierenden Kreuzung doch verändert. Ich guck immer nach, wie sie in den Bussen und in den Warteschlangen vor den geöffneten Läden befolgt wird. Ich muss feststellen, dass die hiesige Bevölkerung, so ethnisch gemischt sie auch sein mag, von Anfang an alles vorbildlich umsetzt. Wo kommt also das Übersprudeln der Laune her? Es liegt wohl am Wesen des befreit Fühlens.

Dabei hat sich an der eigentlichen Ungerechtigkeit in den Beschränkungen durch Corona, soviel ja nicht geändert. Nach wie vor dürfen vermutlich nur die Branchen wieder ihre Mitarbeiter aktivieren, die in der jeweiligen Exekutive und in den Regierungen die stärkste Lobby-Arbeit geleistet haben.

Tatsächlich bleiben alle auf der Strecke, die nun schon die achte Woche im Zwangsurlaub sind, keinen Lohn oder ein Gehalt mehr überwiesen bekommen, aber ihre Daueraufträge und Ratenzahlungen aus vielleicht gerade noch vorhandenen Rücklagen bedienen können. Für die gibt es reichlich Augenwischer-Maßnahmen, die das Bild vom eigentlichen Korona-KZ verschleiern sollen.

Die perfideste Entscheidung:
Der Profi-Fußball darf seine Liga-Spiele fortsetzen. Christian Seifert, der Geschäftsführer der DFL, erläuterte gestern das Konzept der Durchführung ohne Zuschauer und unter permanenten Korona-Tests.

Die Sponsoren haben längst die Macht.
Foto: bild
Es erfolgte kein Aufschrei und kein Protest vom einfachen Fußvolk! Es ist ein Hohn, dass die bestbezahltesten Arbeitnehmer mit ihren Millionen-Gehältern zurück an die Arbeit dürfen, während Kultur-Betriebe, Kaufhäuser und der Mittelstand ihre Beschäftigten weiterhin in die mit Steuergeldern gepamperte Kurzarbeit schicken oder ihnen sogar kündigen müssen...
Soll der aktuelle Fußball gar die Funktion von "Panem et Circenses" wie im alten Rom erfüllen, als die Cesaren von ihrer gescheiterten Politik ablenken wollten? Die Hintergründe konnte jeder hinter Christian Seifert an der Sponsoren-Wand entdecken:

Die Branche, die sich in der Akzeleration aus der Gier nach immer mehr Geld schon längst ins Abseits und eine verhängnisvolle Abhängigkeit gezockt hat, wird von einem unsichtbaren Virus in Torschuss-Panik versetzt.

Dass ich das noch erleben darf.

Andere Branchen zocken auch, aber im Fußball hängt eben alles in einem im Verhältnis zur Leistung überbezahlten Personal ab, dass bei Bedarf dann auch noch in einer Art Sklavenmarkt zu Unsummen weiter verscherbelt wird. Dazu wird der weltweite Verbands-Betrieb dann auch noch von einer undurchschaubaren Korruptions-Kultur gelenkt, die kaum justiziabel ist. Beispiel: Die Macher des Sommermärchens, die wegen durch Korona verschleppter Gerichtstermine von Verjährungen profitieren werden...

Anpfiff zu den Geister-Spielen
mit dem Corona-Tod
als Schiedsrichter
Kollage:CD
Die Geisterspiele werden also allein wegen der Übertragungs-Rechte veranstaltet und wohl kaum für die Fans, die sich ihre Tickets vom Mund absparen müssen. Mal sehen, wer sich in ein paar Wochen das Abo beim Bezahl-Fernsehen noch leisten kann? Und die Sport-Kneipen und Gaststätten, wo der arme Fan Fußball auf sky gucken könnte, bleiben ja auch bis auf Weiteres geschlossen...

Aus der  angestrebten win win Situation könnte also leicht eine lose lost Rechnung werden. Ein wenig Gesundschrumpfung könnte dem Fußball in diesen für alle schweren Zeiten  allerdings auch nicht schaden...

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