Freitag, 23. März 2018

Einsamkeit

In der ARD-Sonntagsfrage ging es auch um das gesellschaftliche Schreck-Gespenst Einsamkeit. Wir werden im Schnitt immer älter. Dazu braucht es nur einen Blick in die Wochenend-Ausgaben der Zeitungen.

Wenn ich richtig rechne, sind bald vom Alter her Singles und DINKs betroffen. Wer sich bewusst für das alleine leben oder die Kinderlosigkeit entschieden hat, wird früher oder eben später feststellen, dass der Schnitter eben erbarmungslos zuschlägt und keine Rücksicht darauf nimmt. ob einer zurück bleibt.

Die Familie hoch zu halten, ist vermutlich das beste Gegen-Mittel. Unsere Altforderen konnten sich meist darauf verlassen. Meine Mutter fuhr täglich zu unserer dementen Oma übers Land, obwohl die davon bald nichts mehr mitbekam. Für uns Enkel war der Besuch im Sanatorium  mit seiner geschlossenen Abteilung eine Qual. Je älter wir wurden, desto mehr festigte sich der Wunsch, dereinst nicht so enden zu wollen. Wir alle waren Familie. Die von meiner Frau schon immer. Deshalb gerieten Familien-Feste stets zu großen Partys.

Obwohl sich die Reihen gelichtet haben, kommen wir gerne zusammen. Gestern bei meiner Schwägerin war wieder so ein Anlass, wobei meine Tochter mit ihrer Familie die Fehlenden schnell
vergessen ließ. Ein Vorteil ist dabei auch, das ganz wenige der Familie München verlassen haben, wir können einander schnell zur Hilfe kommen oder auch beistehen.

Neulich im Krankenhaus fragte mich der junge Arzt, wieso ich auf ein Einzelzimmer bestanden hätte.
Da hätte man doch niemand zum Ratschen. Ich entgegnete ihm, dass ich mit Schmerzen und Ängsten gerne alleine bin, und nicht wolle, dass die Familien sich ebenfalls ängstige. So mache ich das immer.
Ich mag keine Besuche aber auch keine Besucher im Krankenhaus.

Die Fürsorglichste aller Ehefrauen und ich sind eine derart abhängige Zweiheit, dass ich den Gedanken an eine mögliche Einsamkeit immer noch weit von mir schiebe. Aber ich nehme zur Kenntnis, das der überwiegende Teil meiner Landsleute die Einsamkeit als gesellschaftliches Problem sieht.

Nicht jeder ist tauglich für eine Alten-WG oder ein Ende im Altersheim. So lange aktiv sein noch eine Option ist.

Unsere Burg-Gesellschaft in Italien ist untypisch, weil die jungen einst das Dorf verlassen haben, wird  nach einem einsamen Lebensabend meist auch
einsam gestorben. Bei unserer Rückkehr werden wieder einige fehlen, die mit großem Spaß an den Essen auf der Piazza teilgenommen haben. Ich werde auf meiner Bank sitzen und weiter für Gespräche bereit sein. So lange es noch geht.

Schwund ist gegenwärtig.

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