Montag, 30. Oktober 2017

Separieren

Der Blick in den Duden macht es eindeutig: separieren (absondern, trennen) und Separation (Verfahren zur Beseitigung einer Gemengelage bzw. Flurbereinigung) hat nicht automatisch etwas mit Autonomie zu tun. Vielmehr führt das - wie die Geschichtsbücher es unverrückbar festhalten - zu tausendfachem Mord und millionenfachem Blutvergießen.

Nach dem Independence-War folgte der Civil War, aber schon
wieder ist Trump-America gespalten
Es gibt Gegenden auf dieser Erde, in denen der Wunsch nach Separation seit ewig anhält. Vor allem Spanien scheint sich von diesem Volks-Gen immer wieder bis zur Schmerzgrenze erschüttern zu lassen. Bürgerkrieg, Franco-Herrschaft, ETA, und nun da es auf einmal so aussah, als könne sich Europa in Ruhe zusammenfügen, fangen die Katalonier an, die Autonomie anzustreben. Alte Ungerechtigkeiten auszupacken, hat aber keine Berechtigung, denn Europa ist ein Neu-Anfang, der auf zu erreichenden Zielen fußen muss.

Was Parallelen beim Separieren aufzeigt, ist der Einsatz von Nationalismus und Populismus, mit denen jeder "Durcheinanderwerfer" (siehe mein Blog vom 18.10.) gewaltbereite Seelen einfängt.

Die von den Medien beeinflussten Empathien sorgen dann fürs Aufkochen, aber selten für einen Gar-Prozess: Ob das nun bei der ukrainischen Gemengelage auf dem Maidan  war, beim Brexit der Briten, beim Gegensteuern der Schotten, beim Streit der Flamen mit den Wallonen oder nach der postsozialistischen Separation der Balkan-Staaten. Es wuchs nicht wirklich Gutes draus. Und ob sie zum Gewünschten führen, ist fraglich, solange untaugliche Referenden mit einfachen Mehrheiten ein ganzes Land in Zwiespalt versetzen oder den kontinentalen Zusammenschluss einbremsen.

Wenn Emotionen das völkische Denken beherrschen, hat der Verstand Pause, aber nicht selten lässt sich der neutrale Beobachter bei seinem Urteil von eingefahrenen Vorurteilen lenken.
Da kommt aus Polen der vernünftige Ansatz, die blöde Winterzeit abzuschaffen, schon kursiert ein entsprechender Witz:
Was? Die Polen wollen die Winterzeit abschaffen? Die wollen doch bloß die gestohlene Stunde nicht zurück geben...

Ist das Komisch?

Freitag, 27. Oktober 2017

Wir Insulaner

Die Querverweise auf  John Donne und Mario Simmel verkneife ich mir diesmal, wenn ich noch einmal auf den Spruch "Niemand ist eine Insel" zurück komme: Wo wir Europäer uns doch gerade das Kreuz der Malteser und die "Jamaika"-Regierung aufbürden...

Die Malteser sind uns heute in erster Linie durch ihre Hilfsdienste weltweit präsent. Aber in ihrer Geschichte haben sie sich durch Menschenhandel, Versklavung und schurkisch verknüpfte Netzwerke erst einmal ihren immensen Einfluss erworben. Neuzeitlicher hat der Orden durch Freimaurertum und Geheimbündeleien die Mitgliedschaft als erstrebenswert für Politiker und Magnaten gemacht. Hauptsache katholisch und einflussreich! Sogar Papst Franziskus wurde mit Streit in einem regelrecht glaubenskonservativen Machtkampf angegangen (siehe ZEIT ONLINE).

Wer über den Einfluss der Mafia auf den Vatikan im Internet reichlich Lesestoff  gefunden hat, kann sich eigentlich über nichts mehr  wundern. Dass eben auch die Regierung der zauberhaften Ferien-Insel (bis über den Scheitel selbst im implosiven Gemisch aus kaum nachvollziehbaren Steuergesetzen und Online-Glücksspielen), dem Terror mit Autobomben nichts entgegen zu setzen hat.

Malta ist Europa. Aber die ganze Gemeinschaft hat jahrelang (unwillig?) zugeschaut. Warum? Ein Blick ins zwar verschleierte Firmen-Verzeichnis und den Jachthafen von La Valetta zeigt, dass die führende Finanzwelt der EU hier profitiert. Und wer möchte sich in unsicheren Zeiten mit Brexit und Separatismus schon gerne mit der anlegen?

Natürlich hat der Malteserorden nicht in diesem Sinne etwas mit der Insel zu tun. Allerdings hatte der verschleierte Umgang mit enormen Summen an Fonds-Geldern ja erst zum Streit mit dem Papst geführt...

Niemand ist eine Insel, aber es könnte ja sein, dass wir alle zusammen bald tumpe Insulaner sind. Die "Jamaika"-Koalition steht ja an, was bald zu bananenrepublikanischen Verhältnissen aufgrund instabiler Regierungen führen könnte.

Die Touristiker der karibischen Ferien-Insel merken jetzt schon mal an, dass sie durch den permanenten Missbrauch ihres Namens und die Verulkung in der Presse einen Image-Schaden davon tragen könnte...
Rast-Angela, Kiffer-Chrissie und Raeggae-Chem
- rassistischer als in der BILD geht's nicht

Dienstag, 24. Oktober 2017

MacGyver-Hosen

Noch habe ich keine Folge der neuen MacGyver-Serie gesehen, aber schon jetzt halte ich das aktuelle Remake der Kultserie im Internet-Zeitalter quasi für ein Sakrileg. Als das Fernsehen meiner Kinder noch streng reglementiert war, und es deshalb auch kein zweites Gerät im Haus gab, war ich  Mitte der 1980er begleitend gezwungen, diese Serie mit ihnen zu gucken.

Der Darsteller Richard Dean Anderson ist in etwa gleich alt, aber damals verblassten die Erzählungen von meinen Reise-Erlebnissen weltweit gegen den Tausendsassa MacGyver, der aus drei Bic-Feuerzeugen, einem Babyschnuller und abgeschnittenen Streichholz-Köpfen Sprengsätze basteln konnte, die Bunker-Wände sprengten. Wo immer er von den Bösen gefangen gehalten wurde, fand er im Verlies achtlos liegen gelassene Gegenstände, mit denen er sich und Geiseln befreien konnte. Dabei half ihm sein absolutes Wissen über physikalische, chemische und elektronische Zusammenhänge.

Was waren dagegen schon meine echten Erlebnisse im australischen Busch oder auf den Kamel-Rücken in der Wüste. Ich werde die mitleidigen Blicke meiner Kinder nie vergessen, wenn wieder eine Folge zu ende gegangen war. Im Vergleich zu MacGyver war ich eben der absolute Loser.

Trotz der finsteren Gegenden, in die ich voraus gereist war, wurde ich nie überfallen oder gar bestohlen. Aber die Omnipräsenz von MacGivers Tricks ließ mich doch darüber nachdenken, auch Vorkehrungen für desperate Momente zu treffen. Ich hatte als das mit der Flugsicherung noch nicht so genau war, stets die größte Version des "Schweizer Armee-Messers" im Gepäck und ließ mir beim Säckler im Heimatdorf meiner Eltern einen breiten Geldgürtel mit diversen innen liegenden Taschen anfertigen. Bei den Strömen von Schweiß, die ich in den Tropen vergoss, wurde das Leder jedoch so aufgeweicht, dass beim Erst-Gebrauch niemand die gelb verfärbten Dollar haben wollte. Die Lösung, sie danach einzupacken, kam mir mangels Überfällen dann über kurz oder lang auch zu kompliziert vor...Die Säckler-Arbeit diente dann letztlich meinem Sohn als Cowboy-Gürtel.

Erst als die exzessiven Reisen langsam weniger wurden, stieß ich auf einen Hosenmacher, der in alle Hosen innen "geheime" (mal rechts, mal links - hihi) Taschen mit Reißverschlüssen einarbeitete.

Bis heute bin ich dieser Modefirma treu geblieben, obwohl meine größten Abenteuer nun in Träumen beim Nachmittags-Schläfchen bestanden werden müssen.

Also gestern nahm ich meine Power-Schlaf-Position ein: Körper auf dem Rücken liegend durchstrecken, beide Hände in die Hosentaschen stecken und sich fallen lassen...

Doch diesmal klappte das nicht, weil ich die Innentasche der Hose berührte. Wer weiß wie viele Waschgänge die darin verborgenen Gegenstände durchgemacht haben, aber MacGyver hätte seinen Spaß daran gehabt: zwei Einmach-Gummis, eine große Büroklammer und ein rostfreier Nagel-Knipser - genug für MacGyver, um wieder einmal die Welt zu retten!

Sonntag, 22. Oktober 2017

Ratet mal, wer da hämmert?

Wieso ich mitten in der Großstadt besser schlafe als auf der totenstillen Burg, ist wohl eines der Rätsel des Alters. Mein Tagesablauf wird mit entspanntem Dösen im Bett begonnen. Gestern wurde das durch aufgeregtes Klopfen und Hämmern gestört.
Zuerst dachte ich, dass unsere Haus-Krähe auf der Dachrinne unseren Eichhörnchen wieder einmal ein paar Haselnüsse vom Baum stibitzt hätte, um sie über mir zu knacken. Aber die Klopfgeräusche kamen von der Außenwand-Ecke und wechselten ständig ihren Ursprung. Die Fürsorglichste aller Ehefrauen kam besorgt ins Schlafzimmer, um herauszufinden, was ich da wieder für einen Unsinn machte, aber ich lag ja immer noch im Bett...

Von unserem Küchen-Erker entdeckten wir den Störenfried, und er war nicht allein. Ein Schwarm von Meisen umkreiste ihn (die es angeblich kaum noch gibt) und die Krähe beobachtete das ganze mit schräg geneigtem Kopf. Das erinnerte mich irgendwie an unsere Großbaustelle in der Nachbarschaft. Da gucken auch Müßiggänger gerne zu, wenn andere arbeiten...

Hier analysierte ein bildhübscher Specht gewissenhaft unseren Verputz, als sei er von einer Baufirma beauftragt worden. Keine Ahnung, was er unter dem Vordach sonst suchte. War er auf Durchreise oder baute er sich bereits ein Winterquartier in Stadtlage? Die schlauen Spechte haben sich schon längst auf selbst gehackte Löcher in Hauswänden spezialisiert. die mit Dämmstoff isoliert sind. Das kann für die Vermieter ganz schön ins Geld gehen.  Da klopft er sich bei unserer Fassade allerdings den Schnabel wund.Wenig später klammerte er sich an das Bleistift spitze Türmchen gegenüber und spähte herum. Marode Bäume für ein Specht-Loch gäbe es ja zur genüge. Wenn er nicht gerade bei mir klopft, wäre gegen einen so schönen Nachbarn ja nichts einzuwenden... Allerdings muss er sich beeilen. Der 1. November naht, und dann sind vielleicht wieder alle Quartiere in dieser Gegend teuer vermietet...

Freitag, 20. Oktober 2017

Himmlischer Herbst

Kurz noch einmal inne halten, bevor es grau wird. Der bislang goldene Oktober wird laut Wetterbericht am Wochenende seinen Glanz verlieren. Müssen wir in München ein schlechtes Gewissen haben, weil es uns so gut geht, weil es immer etwas zu feiern gibt und weil diese Stadt in einer wirren Welt weiter bei der überwiegenden Zahl seiner Bewohner für soviel Seelenheil sorgt?

Heimeliger als  das lärmende Oktoberfest vor 14 Tagen ist die Kirchweih-Dult auf dem Mariahilf-Platz: ein Rummel mit wenig Rummel aber umso mehr Herz. Touristisch? Ja allemal, aber vor allem liebenswert münchnerisch. Alles klein und überschaubar jedoch mit der Duft-Melange aus Bratwürsten, gebrannten Mandeln, Steckerlfisch und den Essenzen der Parfümeure. Dazu Drehorgeln Kinder-Karusselle und Schrammeln. Klar, dass das bei den Antik-, Porzellan- und "Kruschtl"-Ständen den stets gleichen Kaufrausch auslöst. Auch bei mir, der eigentlich alles hat. Endlich habe ich eine Kaffee-Tasse mit einem halben Liter Fassungsvermögen gefunden, die mir beim Schreiben Gesellschaft leistet.

Die Münchner Abendzeitung machte heute mit einer Schlagzeile zum Thema Baumsterben in München auf. Gemeint war da nicht die schädigende Umwelt, sondern der Bauboom, der immer häufiger fragwürdige Fällungen erzwingt. Die Aussicht auf Immobilien-Verkauf zu Höchstpreisen und wirklich kaum noch zu bezahlenden Mieten, sieht die Untere Naturschutz-Behörde, die jede Fällung genehmigen muss, vor einem nahezu unlösbaren Problem. Die Strafen sind immer noch zu niedrig und führen bei den Bauherren allenfalls zu einem müden Achselzucken - bei den gewaltigen Gewinnen...
Dabei bin ich mir sicher, dass auch diese Blase bald platzen wird. So lange ich noch kann, werde ich den Herbst in dem quasi vor unserer Haustür liegenden Luitpold-Park in vollen Zügen genießen.

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Der Teufel als Konzept

In der Münchner Frauenkirche hat der Teufel einen Fußabdruck hinterlassen. Einer der Legenden nach stand er an dieser Stelle im fertig gestellten Kirchenschiff und freute sich darüber, dass der Baumeister die Fenster vergessen hatte. Der Abdruck, Ausdruck des vor Freude aufstampfenden Luzifers, ist ein Menschen-Fuß mit Sporen dran. Es könnte also auch eine unachtsamer Ritter gewesen sein, der sich auf eine noch nicht ausgetrocknete Bodenfliese gestellt hatte...

Aber so ist es dann immer - wenn es um Gottes- oder Teufel-Beweise geht - nachweisbar ist nichts. Deshalb heißt es ja auch Glauben und nicht Wissen. Es gibt mehr als zwei Dutzend Namen für den schwarzen Engel und ebenso viele Spekulationen über seine Herkunft. Schon allein über die Form seiner Füße streiten sich die "Gelehrten": Hat er nun einen Bocks-Fuß oder zwei Pferde-Hufe? Hat er einen Schwanz mit Pfeilspitze oder eher doch schwarze Flügel?

Nimmt man aber die Übersetzung des Wort-Ursprungs aus dem Griechischen zur Hilfe, dann wird einem schnell klar, welche menschliche Angst seiner Existenz zugrunde liegt:
"Der Durcheinanderwerfer".

Da nirgends eine feminine Version (außer der indischen Pavati-Hexe) verwendet wird, ist der Teufel also männlich. Frauen sind Hexen, die traut man sich leichter zu verbrennen... Sich auf den Teufel einzulassen, schickt die Seele in ewige Verdammnis. Jemanden zu verteufeln, fällt da um einiges leichter.

Die Angst vor dem Bösen, die mit dem Monotheismus und der Vertreibung aus dem Paradies aufkam, ist der Ursprung für den "Teufel als Konzept" der Mächtigen. Aberglaube versetzt Berge!

Die modernen "Durcheinanderwerfer" in der Politik predigen deshalb gerne Gottesfurcht, während sie die Ausgeburt des Bösen sind. Jeder weiß, wer gemeint ist...


Sonntag, 15. Oktober 2017

Weinstein

Als alter Sack erinnere ich mich daran, dass ich bis hinein in die 1980er ein großer Fan von Weinstein war. Da war aber der Stern noch der Stern. Ich bin überzeugt, der aus der Feder von Peter Neugebauer stammende Meister-Detektiv hätte der Illustrierten die Schmach mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern erspart. Der Kriminalist mit dem kantigen Konterfei war keinesfalls ein Comic, sondern ausgeklügelter Denksport.

Parallel profitierte ich noch von einem anderen Weinstein, nämlich dem am Boden von Weißwein-Flaschen. Wann immer Freunde Krescenzen wegstellen wollten, weil sie am Boden der Flasche Weinstein entdeckt hatten, opferte ich mich und meinte, ich könne wenigstens noch Essig daraus machen. In Wahrheit dekantierte ich dann auch die Weißweine und sicherte mir einige wahre Genüsse, weil Weinstein in der Flasche durchaus ein besonderer Qualitäts-Nachweis ist. Schuldig im Sinne der Anklage!

Nun wird wegen seines wohl seit Jahren offenkundigen sexuellen Fehlverhaltens der Produzent Harvey Weinstein als Person aus der Academy und seiner Firma verjagt. Und damit wird auch seine Leistung als Produzent und kreativer Macher an den Pranger gestellt. Picasso, Egon Schiele, Roman Polanski, haben sich diverse sexuelle Übergriffe sogar mit Minderjährigen erlaubt. Wie viele andere große Künstler, die aus ihrem Glanz göttliche Attraktion gezogen haben! Manche wussten sogar - wie Klaus Kinsky - darin in Biographien zu berichten. Ihr Werk oder die künstlerischen Leistungen trugen deswegen keinen Schaden davon, allerdings zurecht oft das persönliche Ansehen.

Die Besetzungs-Couch ist eine ur-amerikanische Metapher für die ekelhafte Doppelmoral Hollywoods: Da wählen sie einen begeistert bekennenden Pussy-Grabber zum Präsidenten und lassen zu, dass er die ganze Nation mit seinem Irrsinn terrorisiert, unterhalten die größte und rücksichtsloseste Porno-Industrie auf Erden, während sie einen Buben in Handschellen aus dem Kindergarten abführen, weil er eine Spielgefährtin unschuldig geküsst hatte.

Damit ich nicht missverstanden werde: Wer für Karriere-Versprechen sexuelle Gefälligkeiten verlangt, ist ein Schurke im Sinne der Straffälligkeit. Es ist offenbar lange bekannt gewesen, dass Harvey Weinstein gerne so vorging, und man machte öffentlich Witze darüber, anstatt ihn anzuzeigen. Mit der plötzlich hervorbrechenden Erinnerung schießt Hollywood ein doppelmoralisches Eigentor. Die Diven haben die Meldung von Übergriffen und ihr jetzt erst gebrochenes Schweigen mit der Angst vor der Macht der Studio-Bosse begründet. Sie haben ihre Karriere aber dennoch zunächst über die seelische Unversehrtheit gestellt. Derart traumatisiert wurden sie allerdings zu Superstars mit der Macht, es Harvey Weinstein heim zu zahlen...

Im Film The Counselor gewährt
Cameron Diaz Javier Bardem
tiefe Einblicke, aber das gehörte
ja zur Rolle und war nur gespielt
Noch eine Anmerkung zu "sexual harrassment": Als ich mal Werbemittel für den deutschen Zweig eines großen Pharma-Konzerns entwickelt hatte, staunte ich über die Liste, die an der Kaffee-Küche hing. Darauf war vermerkt, was alles zu unterbleiben hatte, um unheimliche Begegnungen der sexuellen Art - selbst nur angedeutet - zu vermeiden.
Eines der erfolgreichsten Potenz-Mittel für ältere Herren wurde übrigens von jenem Konzern entwickelt und zum Welterfolg... Ein Schuft, wer Böses dabei denkt...

Freitag, 13. Oktober 2017

Sprachgebrauch

Gestern flog ein Haus großer Asteroid im Abstand eines Erdumfangs an uns vorbei. Heute ist Freitag der 13., die USA und Israel sind zeitgleich aus der Kultur-Vereinigung UNESCO ausgetreten. Was deshalb so bemerkenswert ist, weil die immer am östlichen Mittelmeer ansässigen Palästinenser der Anlass dafür waren. Während ja genau genommen weder Israel noch die USA auf dem von ihnen beanspruchten Land ur-kulturelle Wurzeln hätten, sondern durch Zuwanderung und Landnahme, sowie Verdrängung angestammter Völker ihre bemerkenswert erfolgreichen Kulturen aufbauen konnten. Franz Beckenbauer verliert immer mehr Zacken aus seiner Kaiser-Krone. Die Lichtgestalt erlischt gewissermaßen im Gegenlicht, und Hamas und Fatah schließen Frieden.

Thomas Pynchon der mirakulöse US-Autor der Postmoderne hat so eine denkwürdige Konstellation in seinem Epos "Against The Day" mit Handlungen bis auf über 1000 Buchseiten verwoben. Nur etwas für  Leute, die auch gerne im Lexikon lesen!

Deshalb erspare ich mir eine derartige Verknüpfung der Schlagzeilen dieser Woche als Anlass für meinen heutigen Post oder weltweite Verschwörung. Es geht doch nur um unserer Sprache.

In einer Zeit, in der mir selbst meine perfekt sprachlich ausgebildeten, erwachsenen Kinder Kürzel wie aka (also known as), lol (laughing out loudly), asap (as soon as possible) oder mit kunstvoll arrangierten Emojis texten und mein zweisprachig aufwachsender Enkel mit Spielen auf dem Handy ruhig gestellt wird, mache ich mir Gedanken, was wohl  aus unseren Sprachen wird.

Noch ein Erlebnis dieser Woche, das zur Einleitung passt: Meine Frau und ich gehen eigentlich grundsätzlich in München nicht mehr zum Italiener. Wieso auch nach sechs Monaten in Italien?
Wir wollen heimisch essen, aber möglichst zu Fuß dahin, damit wir unserem Alkoholismus frönen können. Der Blick ins Internet ergab, dass in unserem Viertel Asiatische Restaurants die Oberhand gewonnen, und nur zwei Italiener überlebt haben. Echt bayrische Restaurants mit gehobener Küche gibt es nur noch in der touristischen Innenstadt.

Dafür hat der nur drei Minuten  entfernte Italiener in der Parallelstraße seit Jahren hervorragende Kritiken - sowohl im Netzt als auch in den Zeitungen... Also sind wir dorthin und wurden nicht enttäuscht.

Auf dem kurzen Weg - quasi um die Ecke - begegneten uns Paare und Familien, die sich in Sprachen unterhielten, die wir nicht verstanden. Dafür war der Wirt vom Italiener ein Deutscher, und der servierte auch noch selbst ohne den bei seinen italienischen Kollegen üblichen Schmäh und Bussibussi.

Das Essen war grandios, obwohl der selbsternannte Experte für venezianische Kochkunst (also ich), die Darreichungsform der Fegato alla Veneziana besserwisserisch kommentieren musste. Schwamm drüber! Die Wachtel auf Pfifferlingen und der gebratene Radicchio mit Parmesan-Haube in Balsamico-Sauce zur Vorspeise hätten den Besuch allein schon gelohnt. Begleitet wurde das Mahl zum fairen Preis von einem großartigen Tocai Friulano.


In dem kleinen Restaurant aßen an all den besetzten Tische nur Deutsche. Ich betone das ohne Hintergedanken, weil das Etablissement ja mitten im Multikulti-Bereich liegt. Hier ist also UNESCO.
Daran sollten sich USA, Israel und die seit dieser Woche nur scheinbar verbündeten Fatah und Hamas vielleicht ein Beispiel nehmen. Ausgrenzung statt Integration aus populistischen Gründen, Gewalt statt Verständigung sind Reisen gegen den Tag: Against The Day...

Dienstag, 10. Oktober 2017

Ungeduld

Ist die Ungeduld eine Untugend, die mit dem Alter schwindet? Pustekuchen!
Man lernt nur, sie besser zu beherrschen. Und hinzu kommt die Erinnerung an all die Momente im Leben, in denen man aus Ungeduld schwere Fehler begangen oder gar sein Leben riskiert hat...

Aber tatsächlich wächst die Ungeduld, je näher das unvermeidliche Ende naht.

Am vergangenen Sonntag fand der München-Marathon statt. Wir waren bei der Tochter zum Frühstück eingeladen und sind mit Vorbedacht um die Innenstadt herum über den Ring angereist. Keine Probleme.

Auf der Rückfahrt warnte ich meine Frau, dass unser Weg nach Hause immer noch versperrt sein würde, und das Olympia-Gelände infolgedessen wieder weit umfahren werden müsse. Aber sie folgte stur irgendeinem Navi in ihren Gehirn und überhörte auch weiter Hinweise auf noch mögliche Ausweichmöglichkeiten. Je näher sie uns auf das unvermeidliche Chaos zusteuerte, desto wilder fuhr sie. Sie, die sonst die Vorsicht in Person ist, verhielt sich wie früher, als wir noch nicht all die Zeit hatten, die uns nun zur Verfügung steht.

"Was bist du denn so ungeduldig?"
"Ich mag einfach keine Zeit mehr verplempern", antwortete sie.

Letztlich brauchten wir eine Stunde entgegen der sonstigen Fahrzeit von 20 Minuten. Vor lauter Ungeduld machte sie mich verantwortlich, weil sie in ihrer eigenen Stadt komplett die Orientierung verloren hatte. Ich wisse doch schon seit unserer ersten gemeinsamen Reise, dass sie sich beim Fahren immer auf mich verlasse.

Das war 50 Jahre her: Nach einer Woche ohne Nachrichten im den Pyrenäen hatte ich eine deutsche Zeitung ergattert und begann zu lesen, nachdem ich ihr gesagt hatte, sie bräuchte nur den Schildern Richtung Bordeaux zu folgen. Als ich mit dem Wichtigsten durch war, schaute ich auf ein Schild, das nur noch wenige Kilometer bis Aix en Provence anzeigte...

Mea culpa, mea maxima culpa. Ich hätte es wissen müssen: Wie bei mir ist ihre Ungeduld nur durch die dünne Staubschicht des Verdrängens getarnt.

An unserer Kreuzung werden ständig Zögerliche vor der Ampel an gehupt, während Fußgänger sich bei Rot todesmutig über die Straßen stürzen, weil die Phasen für sie entnervend lang sind.

Mir fällt dabei öfter ein lesenswerter Roman von Stefan Zweig ein. Ein einmaliges Zeitbild aus dem Jahre 1939: Die Ungeduld des Herzens.

Drei Jahre später beging er, der jüdische Romancier, in seinem brasilianischen Exil, Rio de Janeiro, Selbstmord. Er hatte in seinem Paradies angelangt, nicht mehr die Geduld, auf das Ende seiner Weissagungen zu warten...

Samstag, 7. Oktober 2017

Kaspar Hauser 2017

Die Geschichte des Kaspar Hauser gehört zu den mystischen Mirakeln der deutschen Vergangenheit;
rätselhaft das Auftauchen des Mannes, und nicht aufgeklärt der Mord an ihm.

Kann so etwas in unseren Tagen vielleicht auch noch passieren?

Von unserem Frühstücks-Erker über der Kreuzung entgeht uns nichts, aber als ich meiner Frau, die die andere Richtung im Blick hat, dieser Tage schilderte dass vor unserem Metzger gegenüber ein nackter Mann mit einem Zettel in der Hand herum wedelte, hielt sie das für eine Reaktion auf irgendeines meiner Medikamente. Denn in dem Moment, in dem sie sich umdrehte, war er in der Metzgerei verschwunden.

Der Metzgermeister verließ seinen Laden eilig, um wohl ein Tuch aus der Vorratskammer zu holen. Dann sah auch meine Frau, wie der Nackte innen vor dem Schaufenster aufgeregt herumfuchtelte. Kurze Zeit später kam er mit dem um die Lenden geschlungenen Tuch wieder auf die Straße zurück. Überquerte sie zum gegenüberliegenden Appartementhaus und verschwand aus unserem Blickfeld. Später dann auch aus unserem Gedächtnis.

Bis meine Frau Tage später den Metzger fragte, was es denn mit dem nackten Mann auf sich gehabt hätte...
Heraus kam eine Art Kaspar-Hauser-Geschichte.

Der Nackte hätte sich - kaum zu verstehen - nicht erinnern können, wie er in diese Situation geraten sei. Aber er war aus dem Haus gegenüber gekommen und dahin zurück gegangen. Eine Zeit lang stand er davor, dann hätten ihn alle aus dem Blick verloren...

Ein offenes Ende ist immer herrlich für Spekulationen. Ich fange mal damit an:

Ein Verbrechen lag wohl nicht vor, sonst hätten wir von Ermittlungen irgendetwas mitbekommen.
Unterlassene Hilfeleistung ist auch niemandem vorzuwerfen. Ich denke die Lösung ist trivial, denn es war ja Oktoberfest. Gegenüber wohnen viele Singles beiderlei Geschlecht. Der Nackte war vielleicht derart hacke voll gewesen, dass er seiner Wies'n-Eroberung nicht mehr recht zu Diensten gewesen sein konnte. Die - auch nicht ganz nüchtern - hat ihn dann so, wie er war, kurzerhand vor die Tür geschubst...

Kein Anzeichen also für eine Kaspar-Hauser-Legende 2017

Donnerstag, 5. Oktober 2017

Potenziell tödlich

Mit schätzungsweise rund 22 Millionen Schusswaffen, von denen rund 2,5 auf legalen Wegen registriert sind, scheint Deutschland relativ sicher. Zumal der Tod infolge einer Schussverletzung statistisch bei uns im Promille-Bereich liegt. Verändert der Misstrauische jedoch die Betrachtungsweise, kann  er dem Verdacht nicht entgehen, dass jeder vierte Deutsche im Besitz einer illegalen Schusswaffe ist. Der vergangene Tatort der ARD machte zudem die Rolle des sogenannten Dark-Nets beim illegalen Waffen-Erwerb - sogar von Kriegswaffen - deutlich.

Beim Verkauf letzterer erfüllt die Bundesregierung nicht unbedingt eine Vorbildfunktion. Im Eiertanz ermöglicht sie Exporte, die gegen die eigenen Regeln verstoßen. Das macht den "kleineren Waffenhandel" bei den Tätern wohl eher zu einem Kavaliersdelikt.
Vom deutschen Zoll beschlagnahmte Waffenlieferung

Obwohl Deutschland noch weit von US-amerikanischen Verhältnissen entfernt ist, darf die Animation von Nachahmungs-Tätern durch die weltweite Berichterstattung über sie nicht unterschätzt werden. Bei uns hat es ja auch schon Schul-Attacken nach dem Vorbild von Columbine gegeben...

Wieso ist es so schwer, die potenzielle Tödlichkeit von Schusswaffen bewusst zu machen? Größer als der Einfluss der einschlägigen Industrie, scheint der tägliche Konsum von elektronischen Serienmorden (im TV oder Computer), und vor allem die Macht heischende Faszination, die von einer echten Waffe in der Hand ausgeht. Das Recht auf Selbstverteidigung wird durch dieses Gefühl nicht selten konterkariert. Merkwürdiger Weise gibt es gar keine Statistiken darüber, wie oft eine Waffe in privater Hand ein Verbrechen verhindert hätte. Geworben wird damit allerdings von den Herstellern als sei das Alltag...

Immer häufiger wird aber der Missbrauch durch Durchgeknallte, Terroristen und an dritter Stelle schon durch Ordnungskräfte. Las Vegas und die Folgen wird die USA nicht sicherer machen; auch die Lieferung russischer Waffen an den Despoten Erdogan!

Ob die Erziehung der Folge-Generationen etwas bewirkt, ist genauso fraglich.

"Früher begann der Tag mit einer Schusswunde" lautete der Titel von Wolf Wondratscheks Debüt-Roman 1969. Hoffentlich wird der nicht nach einem halben Jahrhundert zum bösen Omen.

Dienstag, 3. Oktober 2017

Homonoia weicht Eris

Als einer, der sich gerne mit der Gläubigkeit anderer beschäftigt, hat mir die griechisch-römische Mythologie immer Spaß gemacht. Im Gegensatz zu Jesus Menschensohn, dem entrückten Heiligen Vater und dem nicht dingfest zu machenden Heiligen Geist, hatten Römer und Griechen stets die für einzelne Sparten zuständigen, durchaus den Menschen ähnelnden, Gebrauchs-Götter, an die man sich speziell wenden konnte.

Dass sich der Monotheismus aber in Gestalt des Christentums oder des Islam  weltweit als beherrschend durchsetzen konnte, ist den von den Herrschern gnadenlos bis in unsere Tage angewandten Machtstrukturen geschuldet. Den Mächtigen diente der Glaube als Manifest für  Macht und Wohlstand, den Armen blieb da nur die Hoffnung auf ein Leben danach. Karl Marx enttarnte die Religion treffend als Opium fürs Volk.

Dass es den Menschlein dennoch immer wieder gelingt, sich vom Joch der Unterdrückung zu befreien, ist bei den häufig herrschenden Konstellationen ein wahres Wunder.

Dass das sogar ohne großes Blutvergießen machbar ist, noch dazu von einem Volk und einer Nation, die ihre Geschichte mit Mord und unendlichem Blutvergießen belastet hat, ist wahrlich einen Gedenktag wert.

Wenn die Deutschen heute den Tag ihrer Wiedervereinigung feiern, dürfen sie nicht länger zulassen, dass deren Errungenschaften auf den Altären von ruchlosen Neben-Göttern geopfert werden.

Griechen und Römer hatten da noch die Wahl zwischen Homonoia (Concordia)  und Eris (Discordia). Weder wahre Christen noch gläubige Moslems, sollten daher zulassen, dass ihr einziger Gott, einer des fehlinterpretierten Vergessens wird.