Donnerstag, 3. März 2016

Bargeld

In der vergangenen Woche kam ja in der Diskussion um die persönliche Summen-Begrenzung für Bargeld gleich die aberwitzige Idee auf, Cash generell abzuschaffen.

Das, finde ich, ist wieder einmal so eine typische Idee des Westens: Vielleicht von den Banken gesteuert, die ja bereits heute schon ein Höchstmaß an Steuerung durch staatliche Verordnung zulassen. Auch hier wieder angeblich um Geldwäsche und Steuer-Betrug zu bekämpfen. Aber ganz sicher geht das am Interesse der anständigen Mehrheit der Bürger vorbei.

Abgesehen davon, dass von dem persönlichen Geld-Besitz ein  gewisser haptischer Reiz ausgeht, kommt es ja immer wieder zu Situationen, in denen es ohne Cash nicht geht, wo der Spruch "ohne Moos nichts los" peinliche Wahrheit wird.

Gestern hatte ich meine Familie in ein sehr gutes französisch-kreolisches Restaurant im Dreimühlen-Viertel eingeladen. Wie selbstverständlich - von Italien diesbezüglich verwöhnt - bin ich davon ausgegangen, bargeldlos zahlen zu können: wenn schon nicht mit Kredit-Karte so doch zumindest mit dem EC-Plastik.

So wie wir, waren mehrere, die nicht von dem Cash-Credo der Besitzer wussten, genötigt, irgendwo Bargeld aufzutreiben. Dazu muss man wissen, dass dieser seit neuestem als In-Viertel geltende - im weitesten zum Schlachthof und Großmarkt-Bereich gehörende Stadtteil - leider noch eine Bancomat-Diaspora ist.

Gut, die beste Großmutter von allen, die kürzlich noch die zweitbeste aller Ehefrauen war, wurde zur Begleichung auf mein Angebot sofort als Küchenhilfe auf Ein-Euro-Job-Basis akzeptiert, aber das wollte der  Rest der Familie nicht. Auch ich eigentlich nicht; Wollte ich nächtelang auf meine Bettgenossin verzichten...?

Jetzt kam uns entgegen, dass der Vater meines Enkels in der Gegend ein geschätzter Koch ist, dessen Wort bei den Gastronomen etwas gilt. Wir hätten also ohne weiteres an einem anderen Tag mit dem Bargeld vorbei kommen können. Aber wir hatten auch unseren Stolz.

Also leerten wir unsere Geldbeutel und kratzen alles an Barem zusammen. Aber die Rechnung entsprach ja in etwa meiner monatlichen Rente. Es reichte nicht. Also verschwand der Koch schnell zu seinem Arbeitsplatz um die Ecke und lieh sich das restliche Geld von seinem Chef.

Bei der Heimfahrt im Taxi profitierten wir dann wieder von der bargeldlosen Welt. Mein Sohn zahlte mit der passenden App per Smartphone.

Während wir so durch das nächtliche Sauwetter fuhren. erinnerte ich mich an meine Reisen als Journalist in der so genannten Dritten Welt. Da war es klar, dass einer in den Großstädten mit internationalen Hotels und Restaurants gut mit Kredit-Karten leben konnte. Bei Überland-Reisen jedoch war man auf reichlich Bargeld in der jeweiligen Landeswährung angewiesen, die meist nicht zurück getauscht wurde. Dollar gingen jedoch fast überall. Deshalb hatte ich mir vom heimischen Säckler einen extra starken Ledergürtel mit verborgenen Taschen an der Innenseite anfertigen lassen.

Für die USA bräuchte ich den aber nicht - dachte ich.

Als mir in Richmond Connecticut wegen einer Autoreparatur in den 1980ern das Bargeld ausgegangen war, marschierte  ich in eine Bank und wollte 100-Mark-Scheine umtauschen.
Die hatten DM noch nie gesehen, und mussten sich trotz Pass und Seriennummern in einem zeitraubenden, komplizierten Verfahren erst rückversichern.

Da nahm ich dann doch lieber den Bargeld-Service meiner amerikanischen Kreditkarten-Kompanie in Anspruch.

In Europa habe ich bei Barzahlungen in Restaurants gerne als Gag meine schwarze "For Nothing Card" zur Rechnung gelegt. Die zeigte einen hochnäsigen Butler, und wenn man sie umdrehte, stand dort in großen Lettern: "In Cash We Trust".

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen