Mittwoch, 30. März 2016

Alte Zöpfe

Dass der Mensch dazu neigt, ein "Gewohnheitstier" zu sein, ist unbestritten. Er weigert sich so lang, alte Zöpfe abzuschneiden, bis sie ihm das Hirn verwuchern und es in eine unsichtbare Rastafarian-Verfilzung verwandelt.

Aus Gewohnheit ging es uns allen viel zu lang viel zu gut, was diesen Vorgang noch latent förderte.
Wie nehmen klaglos jedes Jahr die Zeitumstellung hin, obwohl sie längst mehr kostet als Nutzen bringt, Und wir zahlen klaglos immer noch den "Soli", der einst dazu gedacht war, den Brüdern und Schwestern im abgespaltenen Teil unserer Nation die Wiedervereinigung zu erleichtern.

Mittlerweile aber verhalten sich viele derart Geförderte so unsolidarisch, dass sie unserer Gesellschaft bei den nächsten Wahlen "Weimarer Verhältnisse" bescheren könnten. Natürlich behaupten sie, dass die überall abgedruckten Zitate ihrer politischen Ziele von der "Lügenpresse" bewusst falsch interpretiert werden.

Allein, dass sich dieser Nazi-Begriff in den Rasta-Gehirnen so festsetzen konnte, zeigt die Stoßrichtung. Vermeintlich glaubten die Meinungsforscher ja, dass die Älteren Bürger, die immer noch gerne in DDR-Nostalgie schwelgten, für diesen Rechtsruck verantwortlich gewesen seien. Die jüngsten Landtagswahlen zeigten aber, dass das jugendliche Potential und die Mittelalten auch aus dem satten Bürgertum für den Erfolg der AFD gesorgt haben. Bei weitem also nicht nur zu kurz Gekommene. Und das ist auch kein rein deutsches Phänomen, wie der Auftritt der Nazi-Hooligans auf dem Börsenplatz in Brüssel zeigte.

Es gibt ein europäisches Netzwerk der  neuerlichen,  faschistischen Werte-Vermittlung, bei dem gerade Nationen mit Erfolg infiltriert wurden, die in ihrer Geschichte bereits besonders unter derartigen  Diktaturen zu leiden hatten. Extrem-Beispiele sind vor allem die Türkei, Ungarn und - noch unbegreiflicher - Polen. Sie klammern sich offenbar besonders leicht  an  die angebotenen alten Zöpfe, obwohl ihr wirtschaftlicher Aufstieg dank der EU doch augenscheinlich ist.

Die zuströmenden Massen an Flüchtlingen und Asylsuchenden sind nicht Ursache,  sondern Schein-Argument für den populistischen Wertewandel. Die Moslems werden die neuen Juden. Die Flüchtlinge aus anderen Kulturkreisen verunglimpft man, sie wollten doch nur an die Töpfe der Wohlfahrt.

Das hatten wir doch alles schon einmal Leute! Die Arbeiter, die aus Jugoslawien, Griechenland, der Türkei, Italien, Spanien und Portugal seit Ende  der 1950er zu uns strömten, um die Fahne des Deutschen Wirtschaftswunders weiter zu tragen, ernteten neben kargen Löhnen ja auch zunächst nur Feindseligkeit, sowie Hohn und Spott.

Vielleicht wäre es an der Zeit, sich  wieder einmal Rainer Werner Fassbinders Film "Katzelmacher" aus dem Jahre 1969 anzuschauen. An ihm kann man ablesen, wie weit es unsere Gesellschaft in 47 Jahren gebracht hat. Wollen wir wirklich zulassen, dass das alles in  in derart kurzer Zeit wieder in Flammen aufgeht?

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