Eigentlich unterscheidet sich die Kreuzung unter dem Glashaus zu unserem Platz vor der Burg in den Öl-Hügeln Liguriens nur durch die Lautstärke des Verkehrs. Die leisen Töne, das Flüstern hinter vorgehaltener Hand, sind hier jedoch nicht weniger intensiv; - quasi dennoch unüberhörbar...
Wenn ich Nachrichten aus dem Viertel will, die nicht im regionalen Werbeblatt oder den großen Tageszeitungen stehen, brauche ich nur zu meiner kroatischen Friseur-Meisterin zu gehen,
News mit ethnischem Hintergrund bekomme ich bei unserer Multikulti-Pizzeria, in der nicht ein Angestellter Italiener ist, obwohl alle Fladen im Angebot einen italienische Namen haben - wie der Betrieb selbst.
Über die Mitmenschen in der Nachbarschaft, die bayrische Wurzeln haben, erhält der Neugierige am besten bescheid, wenn er sich an die Brotzeit-Tische unseres preisgekrönten Metzgers stellt.
Ja, und ob der Arabische Frühling nun doch bald in Herbst oder gleich Winter übergeht, erfahre ich aus erster Hand vom Leiter unseres Aladin-Supermarktes, der gerade vom Heimaturlaub aus dem Land der jüngsten Friedens-Nobelpreis-Träger zurück ist.
Ob das "Quartet de Dialogue National" denn Stabilität in das Mutterland des Arabischen Frühling brächte? Wie seine Mitarbeiter ist er in erster Linie Moslem und erst in zweiter Hinsicht stolzer Tunesier. Aber ein wenig Hoffnung scheint doch zu keimen - auch wenn er nur mit einem Achsel-Zucken antwortet:
"Für die kleinen Leute ändert sich nichts, und die großen werden doch sowieso immer laufen gelassen."
Bezeichnend ist, sie bleiben alle in Deutschland, wo sie sich doch eigentlich so fürchten müssten.
Eine Perspektive, die der Syrer, der im Hochparterre des Nachbarhauses mit seiner Mutter lebte, offenbar nicht mehr hatte.
Vor unserer Ankunft - so der Dorf-Funk - sei er einfach von einer Minute auf die andere durchgedreht. Habe alle Möbel zerstört und das Appartement in Brand gesetzt. Verzweiflung oder der ganz normale Wahnsinn? - Unser kroatischer Hausmeister konnte das nicht mehr ergründen. Die Spuren aber sind immer noch nicht beseitigt.
Aber niemand muss glauben, dass nur die Schicksale der schon lang hier lebenden Ausländer tangiert werden.
Unsere zarte, liebenswürdige und emsige Apothekerin wurde Opfer eines Profi-Einbruchs. Obwohl exponiert an der Ecke gelegen, konnten die Gangster neben einschlägigen Medikamenten auch den Safe der Apotheke samt fünfstelliger Bargeld-Summe erbeuten.
In der folgenden Nacht hatte sie bei beschädigter Tür und ausgeschaltetem Alarmsystem turnusmäßig Dienst. Hut ab!
Der ungefilterte Dorf-Funk könnte jetzt zum Eindruck führen, das Leben sei in unserem Viertel riskanter. Aber die Statistik sagt etwas anderes. Und was mir immer wieder auffällt, ist, dass sich hier offenbar die meisten wirklich heimisch fühlen.
Hoffentlich bleibt das so.
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