Im Hintergrund einer Liebesgeschichte entwickelte der Film vor 41 Jahren exemplarisch den Niedergang des Handwerkes angesichts einer zunehmend industrialisierten Lebensmittel-Produktion. Handwerks-Ethos kann vor der automatisierten Profitsucht nicht bestehen. So die seherische Botschaft. Erwin Keusch ist drei Jahre älter als ich, und ich bin mir fast sicher, dass der gebürtige Schweizer unter dem aktuell tatsächlichen Zustand des Bäcker-Handwerks genauso leidet wie ich.
In fünf Minuten Gehweite haben wir rund ums Glashaus die Wahl von nicht weniger als sieben Verkaufsstellen für angeblich ofenwarmes Brot: Drei Supermärkte haben so eine Art Back-Paternoster -wie auch unsere Tanke. Dazu kommen zwei "normale" Bäckereien, von denen man nicht weiß, ob sie nicht doch einer Kette angehören. Die direkt gegenüber vom Glashaus, war ja schon ein paar mal Thema.
Nach dem Umbau des Wohnhauses auf winzige Eigentums-Appartements (20 Quadratmeter für 600 Euro Miete) hat der frühere Pächter wohl gedacht, er könne so weiter machen wie zuvor und seine schlecht aufgebackenen tief gefrorenen Backlinge von irgendwo, weiter ungestraft unter die Leute bringen. Aber wer oder wessen Eltern auch immer sich solche Mieten leisten können, haben wohl andere Ansprüche. - So wie wir.
Allen Semmel-Verkaufsstellen mangelt es an Qualität. In Vielfalt duften die Backwaren zwar und sind in der Tüte noch warm und resch. Aber kaum bist du zuhause haben sie die Konsistenz von Styropor und so schmecken sie auch.
Als wir noch im Speck-Gürtel von München wohnten und persönliche Beziehungen zu unseren Bäckern hatten, mussten wir uns von einem nach dem anderen verabschieden. Die einen hatten sich in der Blühte ihres Handwerkes Immobilien geleistet und stiegen einfach aus, während weniger vorausschauende zur Industrialisierung wechselten.
Wir sind gerade mal drei Wochen hier, und weinen schon unserem "Angolo di Pane" in Imperia nach, dem es immer noch gelingt, mit einzigartiger Qualität gegen die Super-Brotmärkte die Stellung zu halten. Man muss vorbestellen und trotzdem vor dem kleinen Laden in der Schlange stehen, weil selbst die, die aus den Bergen herunter kommen, die Backwaren sogar im aufgebackenen Zustand schätzen...
Gerade las ich, dass es mittlerweile vor "Bäckereien" Beduftungsmaschinen gibt, die den Appetit der Käufer anregen sollen.
Da kann ich nur auf Till Eulenspiegel verweisen:"Ihr wollt mich mit dem Duft sättigen? Da zahle ich doch glatt mit dem Klang meiner Münzen, die ich gleich wieder einstecke."
Übrigens: wir haben jetzt ein Arrangement mit unserem Metzger von schräg gegenüber getroffen. Er hat wohl noch eine geheime Quelle...
Sorry! Aber ich muss auch hier noch einmal auf die Flüchtlinge und Asylanten zurück kommen. Angeblich klagt ja das gesamte Nahrungsmittel-Handwerk bei uns über Nachwuchsmangel. Wie wäre es denn, wenn ihr die jungen Leute, die vielleicht noch gerne früh aufstehen, weil sie happy sind, noch am Leben zu sein, ein Handwerk erlernen lasst, mit dem sie später in die Heimat zurück kehren könnten?
Hier eine kleine Geschichte aus meinem Erlebenis-Schatz:
Nach einer staubigen Gelände-Fahrt vom Senegal zum Gambia Fluss machten wir Halt an einer Fährstation. Aus dem gerammelt vollen Bistro duftete es verlockend. Der Gambianer hinterm Tresen, der wohl mitbekommen hatte, dass wir Deutsch miteinander sprachen, schenkte uns das breiteste Willkommens-Lächeln, das man sich nur vorstellen kann und sagte:
"Habt's meine Brez'n grocha? San grad fertig worn!"
Wie sich heraus stellte, hatte er in München Bäcker gelernt.
"Mogst an eiskaltes
"Scho!"
Die nächste Fähre haben wir natürlich verpasst.
Wer die Krater auf La Reunion durchwandert, hat am besten reichlich Baguette dabei, Die Qualität ist auch in den Überseee-Departements vorgeschrieben... |
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