Mittwoch, 26. Januar 2022

100 Jahre Insulin: Dank von einem Abhängigen

 Am 23. Januar 1922 bekam ein 13-jähriger Junge die erste Insulinspritze und überlebte - eine medizinische Revolution. 100 Jahre später ist das Leben mit Diabetes deutlich einfacher.

Ich möchte mir nicht vorstellen, wie mein Leben ohne Insulin verlaufen wäre. Nach auffälligen Werten in der Pubertät und dramatisch hohen nach einer Leber-Entzündung infolge einer Infektion beim zivilen Ersatzdienst, hatte ich zwei Jahrzehnte lang Ruhe. Dachte ich. Als Damokles-Schwert hing allerdings die Tatsache über mir, dass beide Großeltern-Paare sowie meine Eltern Typ 2- also  damals sogenannte Alternsdiabetiker waren.

Plötzlich auftretende Schwächeanfälle bei sportlichen Wettkämpfen wurden von den Fachärzten als "seelischer Einfluss" diagnostiziert. Bei normaler sportlicher Belastung wurde offenbar noch genügend Insulin ausgeschüttet. Überzuckerung wurde da vorerst noch medikamentös therapiert.

Punktgenau "aus der Brusttasche" Insulin spritzen:
der Levemir-Penfill
Aber dann kam der Tag des Schreckens. Ich wollte mir für meine tägliche Stunde Sport quasi ein Lob bei einem ambulanten Krankenhaus- Check abholen. Wie üblich hatte ich meine morgendliche  20-Kilometer-Runde auf meinem Mountain-Bike vor dem Frühstück runter gekurbelt und war auch für die Blut-Abnahme nüchtern geblieben. Bis dahin hatte ich noch nie von einer Ketoazidose gehört. Das kann eine lebensbedrohliche Anreicherung von Azeton im Blut sein, wie sie an diesem Morgen festgestellt wurde, ohne dass ich etwas gespürt hätte. Drei Tage lag ich putzmunter auf der Intensiv-Station und verstand die Welt nicht mehr. Zahlreiche Tests wurden gemacht, an deren Ende eine sofortige Insulin-Pflicht diagnostiziert wurde.

Gelage auf dem Burg-Platz,
 bei denen ein Diabetiker leicht mal
den Überblick bei den "Berechnungs-Einheiten" verliert
Foto: Claus Deutelmoser
Genau 30 Jahre spritze ich nun Insulin. Drei Dekaden, in  denen die Diabetes-Forschung enorme Fortschritte gemacht hat: Beim täglichen Selbsttest angefangen bis hin zu regelmäßigen Langzeit-Kontrollen. Inzwischen injiziere ich zwei verschiedene Insuline: zweimal Langzeit beziehungsweise und bis zu dreimal ein sofort wirkendes zu den Mahlzeiten. Jeweils 60ml Tagesdosis. Das hält mich bis auf wenige Unterzuckerungen derart im Lot, dass ich normal essen kann - sogar wenn etwa - wie bei den traditionellen ligurischen Monster-Menüs - auch  Nachspeisen dabei sind.

In den 22 Jahren, die wir mittlerweile auch in Ligurien leben, bewahrheitet sich die These, dass die mediterrane Olivenöl-Küche für Diabetiker ideal ist. Dort komme ich mit 30 Prozent weniger Insulin aus.

Die beiden Forscher
Best (l) und Banting
mit ihrem Insulin-Lieferanten
Quelle: wikipedia
Also posthum herzlichen Dank an die beiden Mediziner
Frederick Grant Banting und Charles Best.
Sie experimentierten jahrelang – dann gelang es ihnen 1921, 
das lebenswichtige Insulin aus der Bauchspeicheldrüse eines Hundes zu gewinnen.




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