Montag, 24. Dezember 2018

Wer nicht mehr hofft, dem ist nicht zu helfen

All meinen Lesern
viel Harmonie an den
Feiertagen. Denkt daran,
dass keine Kalorie 
allein zum Essen kommt.
Möge Euer Hoffen im kommenden
Jahr nicht umsonst sein,
und das Wähnen mehr Frieden
finden. Vor allem schämt
Euch nicht, wenn es anderen
nicht so gut geht, sondern 
tut etwas mehr für jene.
Glück und Gesundheit!


Auch der Blogger macht ein paar Tage blau, um sich neu zu orientieren. Bleibt mir bitte auch Im neuen Jahr gewogen.

Freitag, 21. Dezember 2018

Balance of Power

Als einer, der zu allem gerne seinen Senf abgibt, habe ich bislang sehr wenig über den Brexit geschrieben. Um ehrlich zu sein, ist die Motivation für mich immer noch unklar, obwohl ich mich täglich bemühe, beide Seiten zu verstehen: die der Europa-Gegner wie die der Briten, die in der EU bleiben wollen.
Richard Chamberlain war beim
Münchner Abkommen der
Einzige, der Appeasement wollte

Tatsächlich hat das UK von Anfang an nur mit einer Pobacke auf dem Stuhl des Pan-Europäismus gesessen und sich viele Sonder-Regelungen gesichert, die es verlieren wird, wenn, ja wenn der Brexit tatsächlich vollzogen wird.
Das Pfund ist nämlich schon jetzt am Abrauschen.

Britannia rules the world - das gilt nämlich seit dem Zusammenschluss der europäischen Staaten längst nicht mehr, Auf einmal waren die Insulaner nur noch ein Anhängsel einer übergeordneten Macht, was den Traditionalisten nicht gefiel.

Seit dem Mittelalter war Britanniens Außenpolitik prägend. Das Prinzip vom "Gleichgewicht der Kräfte" (Balance of Power), das es zum Mit-Bestimmer machte, litt dann aber schon drastisch durch den Verlust der amerikanischen Kolonien. Wenn man es historisch genau nimmt, war dieser Unabhängigkeits-Krieg bereits das Ende der Weltmacht, die danach allein für sich keine gewaltsame Auseinandersetzung ohne Unterstützer mehr  entscheiden konnte. Das war im 19 Jahrhundert (und laut Heinrich August Winkler nicht erst beim Scheitern an den Nazis) der Startschuss zur "Appeasement-Außenpolitik", die auf Beschwichtigung durch Diplomatie setzte.

Trotz der Not-Allianzen in den beiden Weltkriegen, bestimmt das Weltmacht-Bewusstsein noch das Denken vieler Briten. Und nicht nur bei den Älteren, die überwiegend für den Austritt des UK gestimmt haben, sondern auch mancher Briten, die nationalistisch denkend in Kraut- und Frosch-Fressern immer noch ihre Erbfeinde sehen.

Ausgerechnet die Deutschen und die Franzosen treiben nun dieses noch nicht ganz seetüchtige EU-Schiff an, und sorgen für eine Nebenrolle der Insulaner. Und dann haben die auch noch mit der Irischen Republik einen Stachel im Fleisch, der beweist, dass Europa groß machen kann. Die "Armenhäusler" von einst,  in Jahrhunderten ausgebeutet und niedergedrückt von einer arroganten Krone, haben den Wandel zum prosperierenden EU-Mitglied geschafft, und sorgen mit ihrem Anspruch auf freien Waren-Verkehr mit den Nordiren für einen letzten Stolperstein.

Aus meiner Sicht hat dieses Gewürge um den Austritt dem Ansehen von Großbritannien geschadet - auch wenn der Brexit vielleicht doch nicht kommt. Wer will sich in Zukunft schon auf einen Mitgliedsstaat verlassen wollen, deren Anti-Hardliner lieber "Trumpismus" ausüben, als Europa zur dritten Macht zu machen. Europa nämlich könnte den Part im "Balance-of-Power"-Sinn übernehmen,
den ein ausgelöstes Britannien allein nie mehr spielen wird.


Mittwoch, 19. Dezember 2018

Superheld versus Erdogan

Es gibt allerhand Möglichkeiten, sich in heutiger Zeit gegen Unterdrückung zu wehren. Die erste Netflix-Serie die ausschließlich in der Türkei von türkischen Autoren, Producern und mit Stars umgesetzt wurde, die bei uns noch nicht so bekannt sind, hat zum Teil sonderbare Ansätze, indem sie sich hinter dem Deckmantel "Fantasy" verbirgt.

Mit einer Ausnahme: Mehmet Kurtulus, Der Deutsch-Türke, der quasi als "Integrations-Beauftragter" für das Einsetzen von Schauspielern mit ausländischem Hintergrund Spitzenrollen bekam (unter anderem als Tatort-Ermittler), und mit ihnen Ehrungen und Anerkennung der Kritiker gewann. Dennoch verwundert es, dass er überhaupt Dreh-Erlaubnis im Heimatland seiner Eltern bekam. Der in Braunschweig zum Schauspieler Ausgebildete - einst die Entdeckung von Evelyn Hamann - nimmt in Bezug auf den sich selbst  zum "Atatürk 2" ernannt habenden Präsidenten nämlich kein Blatt vor den Mund.
Kurtulus als schwer
einzuschätzender
Bodyguard des Bösen

Manches davon hätte den Ko-Produzenten des preisgekrönten Films "Gegen die Wand" aus der Sicht der Herrschenden eigentlich zum "Terroristen türkischer Lesart" gemacht. Aber offenbar wurde so geschickt "getürkt" (sorry!!! der musste sein), dass die unterschwellig verarbeiteten Botschaft nicht empfangen wurden.

Kurz und einfach zum Plot: Das hypermodern gezeigte Istanbul wird von einem "Unsterblichen" und seiner "schwarzen Macht" beherrscht. Ein im großen Basar aufgewachsener "Jung-Türke" (ich kann's einfach nicht lassen) erfährt, dass sein Ziehvater ein  Getreuer und im Besitz eines magischen Hemdes von unschätzbarem Wert ist. Weil der Superheld in spe es verhökern will, erfährt er, dass er als Träger des Hemdes vom Schicksal auserkoren wurde, Istanbul in der Rolle des "Protectors" von der schwarzen Macht zu befreien.

Mehr will ich hier nicht verraten, sondern meine Leser motivieren, selbst nach den Botschaften zu suchen.
Eine kommt allerdings mit dem Holzhammer daher. Der Ziehvater, der Flugs sein Leben als Märtyrer gewaltsam einbüßt, sieht in diversen Einstellungen aus wie Erdogans Erzfeind Gülen ...

Ein Schuft, wer böses dabei denkt.

Montag, 17. Dezember 2018

Prohibition

Es gilt als gesicherte Erkenntnis, dass das organisierte Verbrechen sich ohne das Verbot von Alkohol in den USA nicht so nachhaltig hätte etablieren können. Von 1920 bis 1933 dauerte der Bann der Prohibition durch einen eigenen Verfassungszusatz (Amendment).

Heute  haftet den schwarzweißen Fotos und Filmschnipseln bei der Betrachtung etwas romantisches an. Doch das Bild, das  sich im Rückblick ergibt und durch viele Spielfilme thematisiert wurde, ist sehr trügerisch. Fast ist es so, als wollte man vertuschen, dass die Entscheidung, den Alkohol-Konsum unter Strafe zu stellen, ein großes gesellschaftliches Desaster war. Der  "Global Status Report"  der Welt-Gesundheits-Organisation WHO von 2014 schreibt dem Alkohol weltweit allerdings mehr Todesfälle zu als den Weltkriegen.

Die Initial-Zündung war die Prohibition auch deshalb, weil Moral-Apostel den volkswirtschaftlichen Schaden mit religiösem Eifer rechtfertigten.

Seit der Kindheit weiß dabei jeder Mensch, dass je mehr etwas verboten wird, desto verlockender ist es, Wege zu finden,  diese Verbote zu umgehen.

In den USA waren es die sogenannte Flüster-Kneipe (Speakeasy) und die Schwarzbrennerei, die eine immense Schatten-Wirtschaft erzeugten. Milliarden Dollar wechselten nämlich so unbesteuert und unkontrolliert ihre zwielichtigen Besitzer, die so brutto für netto quasi unantastbare Imperien erschufen.

Im Rest der Welt verzichteten die Gesetzgeber auf derart drastische Maßnahmen. In der Kommunikation der Jetzt-Zeit ist es nun auch offenbar leichter, Verbote durch vorausgehende Aufklärung zu umgehen. Ziemlich schmerzlos wurde bei uns das Rauchen im täglichen Umgang miteinander  eingeschränkt. Und um dem Konsum von heftigeren Drogen den Einstieg zu verwehren, wird das Verbot von Cannabis Schritt für Schritt aufgehoben. Dass Marihuana weniger schädlich ist als Alkohol, wissen ja die Gesetzgebern schon längere Zeit.
Wie beim Auto kommt es auch beim
Joint auf die Größe an

Eine der heftigsten Prohibitionen droht nun aber dem paneuropäischen Lieblingskind - dem Auto. Noch ehe die elektrisch betriebenen Fahrzeuge richtig "in die Gänge" gekommen sind. belegt der EUGH das Lieblings-Lastentier der Automobilisten mit einem Verbot  - selbst im nachgerüsteten Zustand.

Was wird mit den Millionen und Abermillionen von Diesel-Fahrzeugen, die noch im Vertrauen auf den technischen Wandel für teures Geld angeschafft wurden?

Scheuers Idee
für das
Schnüffel-Verbots-
Schild
Die Diesel-Prohibition wird die Weltwirtschaft hart treffen. Anders als beim Alkohol, wäre ja eine Schattengesellschaft "ruchbar". Driveeasies, in denen sich der Diesel-Süchtige mal für ein Stündchen im Entzug hinter den Auspuff  eines BMW M 550 d xDrive (schnellster Diesel der Welt) legen könnte, wären ja vor allem, wenn man in ihnen auch noch fahren will, ein logistisches  Problem.
Obwohl ...Stuttgart 21, BER
Blick auf Haupt-Tribüne, Fahrerlager
und Start-Ziel-Bereich für
den Diesel-Stinker-Grandprix
auf dem Gelände des BER

und auch der nach dem Brexit eventuell nutzlose Kanal-Tunnel gäben prächtige Diesel-Rennstrecken ab, Zumindest ehe die E-Autos ganz leise "Bonanza" pfeifend immer mehr Fußgänger überfahren.
Schwund ist.


Samstag, 15. Dezember 2018

Grinch

Was ist das nur mit dem Geist der Weihnachtszeit? Er polarisiert.
Selbst in Ländern mit geringer christlicher Basis, sausen Weihnachtsmänner durch die Gesellschaft. In Tokio schwimmt sogar ein Weihnachtsmann-Taucher durch ein Aquarium.  Auf der Elbe fährt der Weihnachtsmann hinter auslaufenden Schiffen her, um sie mit Weihnachtsbäumen zu versorgen. Wären da nicht die Philippinos, die meist katholisch sind, zeigt die Statistik der Seemänner meist ein Herkunfts-Land ohne Weihnachts-Kultur.

In den vereinigten Staaten wurde eine Lehrerin wegen seelischer Grausamkeit suspendiert, weil sie ihren Schülern nachdrücklich erklärte, dass der Weihnachtsmann nicht existiert und das Christkind schon gar nicht.

Die Vermutung liegt nahe, dass es ein geheimes Weihnachtsmann-Kuratorium gibt, das die Marketing-, Kaufanreiz- und Einzelhandel-Affinität von Santa um jeden Preis bewahren möchte. Auch wenn das zunehmend den Terror auf die Märkte zieht. Unterbrechung des Weihnachtsrausches ist das einzige, was in dieser Zeit mehr gefürchtet wird als - Anschläge.

Ein angeblicher "IS-Soldat" schießt in Straßburg Weihnachts-Einkäufer über den Haufen, wird mit großem Fahndungs-Aufwand gestellt und in Gegenwehr erschossen. Offizieller Applaus und Erleichterung gehen mit der Wieder-Eröffnung des Marktes einher...

Ein Grinch, wer Böses dabei denkt. Der grüne Weihnachts-Dieb wird ja gemäß der weltweiten Verschwörungstheorien um die Weihnachts-Philosophie sowohl im Buch als auch in den Filmen pünktlich geläutert, damit ja nicht der Glauben der Kids erschüttert werde.

Statistisch stehen die Chancen in der stillen Zeit  auch gut für massive familiäre Dramen. Alkohol und Aggression sind dabei Katalysatoren, aber vor allem nimmt man im Kerzen-Schein Dinge wahr, die einen das ganze Jahr schon am Partner gestört haben.

Gestern war ich froh, dass meine Frau und ich keine Staaten sind. So schnell, wie sich ein Krach aufgebaut hat, wäre es international zu einem atomaren Konflikt gekommen. Die Fürsorglichste von allen ist seit Wochen im Weihnachts-Modus. Was wir wie, wann und mit wem  wo an den Festtagen machen, ist  beherrschendes Thema. Da das ganze auch noch im Schimmer Dutzender Kerzen und  in üppiger, aber leicht brennbarer Weihnachts-Deko stattfindet, reicht schon ein kleiner Funken.
Du willst wirklich Stress? Stand unter diesem Bild im Netz.
Dann sag Weihnachten einfach ab

Die Meine pflegt die alte Sitte, wenigstens einmal im Jahr an alle Freunde und Bekannte Lebenszeichen in Form von Weihnachtskarten zu versenden. Nun sollte ich wie früher auch noch e-mails mit selbst Gezeichnetem verschicken, um sie zu entlasten. Meine mittlerweile "ethischen" Bedenken gegen so eine profane Art der "Seasons Greetings"  (in Wirklichkeit war es pure Unlust!) löste einen kleinen Vulkanausbruch mit anschließendem Wohnungsbeben aus, für das die nach oben offene Richter-Skala keine Werte mehr anzeigt...

Aber wie heißt es so schön: das Beste an Weihnachten ist die Versöhnung.

Mittwoch, 12. Dezember 2018

Retrograde Amnesie

Weil Weihnachten ist, können dem Geizhals und Tyrannen Ebeneezer Scrooge in Oscar Wildes Geschichte immerhin die Geister verflossener, aktueller und künftiger "Christmesses" zur Läuterung verhelfen. Aber leider ist das eben nur ein Märchen

Die besondere Form der Gedächtnis-Störung von Politikern hingegen ist eher unheilbar. Die Retrograde Amnesie, die Tyrannen befällt, wird nur durch ordentliche Geschichtsschreibung entschlüsselt. Das harmlose Vorbild für einen "leichten Anfall" war Konrad Adenauer. der erste Kanzler der Bundesrepublik. Sein freimütiges; "wat schert misch min dumm Jeschwätz von Jestern" enthielt wenigstens ein ehrliches Teilgeständnis.

Einer seiner Nachfolger, nämlich Willy Brandt, prägte die Forderung: Mehr Demokratie wagen!
In diesen Tagen stellt sich die bittere Frage, ob wir im Hinblick auf politische Strömungen anders Denkender in den Folgejahren zuviel davon gewagt haben.

Überall auf der Welt hat sich nach dem Zerreißen des eisernen Vorhangs Demokratie aus sich selbst heraus entwickelt. Vor allem in Ländern, die nach dem Krieg vier Jahrzehnte wegen der Sowjets haben warten müssen. Nun stellt sich eben auch die  bange Frage, ob der Putinismus nicht erschreckender ist. Ausgerechnet in Nationen die dieses Recht auf Freiheit und Demokratie bisweilen mit hohem Blutzoll und noch höheren Einschränkungen der persönlichen Freiheit erstritten haben! Haben die neuen Despoten das in ihrem Machtrausch und im Bewusstsein eigener Unfehlbarkeit aus dem Gedächtnis gestrichen? Leute wie Walensa, Kohut, Gorbatschow, um nur ein paar der Helden aus der Vergangenheit zu nennen, sind offenbar aus  der Geschichte verdrängt worden.  Anders wäre Volkes Sinnes-Wandel nicht zu erklären.
- Verdrängt wie die Montags-Demonstranten, die den friedlichen Wandel in der DDR und den Fall der Mauer herbei geführt haben. Wie die Ungarn, die als erste die Grenzen geöffnet hatten und die Italiener, die bei ihrer PACE-Aktion gegen jegliche Kriegstreiberei  landesweit ihre Regenbogen-Fahnen aus den Fenstern gehängt haben...

Weil sich der Amerikanische Präsident an keinerlei Regeln mehr hält, gerät die Welt ins Trudeln, bringt Leute an die Macht, die zuvor  allein durch demokratische Prozesse dorthin gelangt sind.  Wurden die jetzt alle von Retrograder Amnesie befallen und haben auch große Teile ihrer Völker schon vergessen, wie es früher war?

Wenn der das kann, dann können wir das auch: "Trumpismus" gilt nun offenbar als einfach und praktikabel. Ist doch egal, wenn dabei alles vor die Hunde geht.

Der absurdeste Sitten-Verfall erreichte dabei unsere türkischen Freunde und Nachbarn. Sie huldigen einem Menschen, der alle, die anders denken, als Terroristen bezeichnet. Der sich im Fall Kashoggi als Bewahrer der Presse-Freiheit und als Aufklärer im Hinblick auf die schurkischen Saudis stilisiert, während er "seine" Staatsfeinde - wie jetzt ruchbar wurde - im Ausland entführt und in die Türkei zum Foltern verschleppt, um sie dann auf nimmer Wiedersehen in Gefängnissen verrotten zu lassen.

Auch auf die Gefahr, dass ich demnächst hier im Türken-Viertel wie andere Autoren auf Erdogans Liste überfallen werde, fordere ich von der Deutschen Demokratie endlich Maßnahmen und Sanktionen gegen jene Erdogan-Anhänger zu verhängen,  die unter dem Schutz unserer freiheitlichen Grundordnung
ein Demonstrationsrecht ausüben, das in der Türkei eben nicht mehr für alle gilt.

Erdogan-Befürworter ohne deutschen Pass sollten  hier erfasst und genauso behandelt werden, wie andere Gefährder. Alle Absprachen mit dem Schurken müssen sofort gelöscht und durch schwerwiegende Sanktionen ersetzt werden.

Ich glaube es nicht, dass ich als Liberaler so etwas schreibe, aber ich schäme mich zutiefst, dass uns dieser Unhold frech auf der Nase herum tanzt, sich auch noch toll dabei findet und Schäden an unseren Werten verursacht.

Vielleicht ist das ja ein Anfall von Alters-Radikalität, aber irgendwann muss diese Arschkriecherei bei - notabene - der türkischen Staatsmacht  aufhören


Montag, 10. Dezember 2018

Grandezza

Irgendwie sollen ja diese Blogs auch an mich selbst und meine Stimmungen erinnern:
Wenn ich meine Gefühle am Freitagabend wiedergeben soll, dann flüchte ich mich in die Sprechblasen einer Comic-Figur: Seufz! Schluchz! Heul! Offenbar haben mich meine Gefühle selbst irritiert.

Zunächst war ich froh, dass Macho-Moneten-Merz die CDU nicht in ein Aktien- und Kapital-Unternehmen mit schlimmsten gesellschaftlichen Folgen verwandeln konnte. Ein Seufzen der Erleichterung, dass die Stimmen der Delegierten auf dem Partei-Tag, dann doch die vom Volk demoskopisch ermittelte Stimmung berücksichtigt hat und Annegret Kramp-Karrenbauer - wenn auch erst im zweiten Wahlgang und recht knapp - zur Vorsitzenden gewählt hat.

Dann ein unterdrücktes Schluchzen und ein Kloß im Hals als unsere so oft belachte und beschimpfte Kanzlerin locker wie nie, ihre Abschiedsrede als Vorsitzende mit wahrer Grandezza hielt. Es beruhigt, dass sie in der Welt der regierenden männlichen Monster-Egos wohl noch zwei Jahre im Amt bleibt. Nicht, dass ich glaube, dass diese geschickt herbei geführte Frauen-Power in den narzistischen Politiker-Hirnen einen Wandel erzielen könnte, oder aus den Braun in unserem Land zumindest Beige machte. Aber in dieser Welt der männlich arroganten Laut-Sprecher werden diese Damen ihre leisen und nachdrücklichen Akzente für die Geschichte setzen.

Die Kanzlerin muss niemandem mehr beweisen, dass sie zur historischen Figur gereift ist, und AKK wird sich dialektisch und rhetorisch in dieser Zeit langsam aus ihrem Schatten befreien und dann hoffentlich ihre Nachfolgerin in einer schwarz-grünen Koalition werden.

Immerhin hätte diese Kombination eine Reihe charismatischer Figuren anzubieten. Profile, die die anderen Parteien (leider für die SPD) selbst mit einer Frist von zwei Jahren Opposition - nicht mehr schärfen können.

Freitag, 7. Dezember 2018

Winter-Wärme

Wenn in der Vorweihnachtszeit auf eines Verlass ist, dann auf eine Wetterlage mit Temperaturen weit über dem Gefrierpunkt. Dennoch rückversichere ich mich jeden Tag, weil ich mit der "Fürsorglichsten von allen" eine Abmachung habe: Ich gehe erst dann mit Kind und Kegel auf einen Weihnachtsmarkt, wenn Schnee auf den Ständen und zwischen ihnen auf dem Boden liegt.

Generell halte ich die Märkte - von denen es mittlerweile fast ein Dutzend im Stadtbereich gibt - für eine gnadenlose Abzocke. Der hausgemachte Glühwein kommt aus Riesen-Tanks, in denen Billigst-Wein mit künstlichen Aromastoffen bis zur geschmacklichen Unkenntlichkeit versetzt wird. Und den trinken die Fans dann aus kitschigen Weihnachts-Bechern, die sie auch noch mit bezahlen müssen.
Mein "Lieblings-Weihnachtsmarkt am
Chinesischen Turm im Englischen Garten

Unser ganzer Küchenschrank ist voll mit denen. Das Problem, die sind auch noch so bruchsicher, dass sie hübschere Behältnisse einfach überleben.

Pünktlich zum Ersten Advent wechselt meine Frau in den Weihnachts-Modus. Wenn ich ihr den Morgen-Kaffee wie üblich zubereite, geschieht das nun in einer Tasse mit Weihnachtsbaum-Aufdruck. Dazu wabert ein Räucher-Männchen aus Thüringen Zimt-Duft  derart durch die Wohnung, dass ich jetzt bei Frühlings-Temepraturen die Fenster beim Schreiben weit aufgerissen habe. Keine Ahnung was ich mache, wenn es dann doch vielleicht noch kalt wird. Texten im Ski-Anzug?

Ein Duft, bei dem mein
 rauchender, nepalesischer
Schwiegersohn den
Kopf in den Feinstaub draußen reckt.
Mit den Worten:"Jetzt riecht's hier
ja wie in unseren Basars"...
Ich denke, meine Frau nutzt den Nebel für ihre heimliche Invasion von allerlei Weihnachtsmännern und roten Kerzen all überall...

Gut, ich mache das jetzt über 50 Jahre klaglos mit, und außer der Geburt meiner Tochter an Heiligabend, haben wie jedes Weihnachten zusammen begangen. Da kann sie quasi Gewohnheits-Recht geltend machen. Und da mich Kitsch  sowieso widerstands- und chancenlos macht, leide ich still und dennoch voller Liebe. Vielleicht kommt der hiesige Begriff "stade Zeit" ja daher.

Mittwoch, 5. Dezember 2018

Ein Wunschzettel der nicht zu erfüllenden Weihnachts-Träume

Je älter ich werde, desto mehr nervt mich der ganze Weihnachtstrubel, obwohl meine Familie in der sogenannte "stillen Zeit" vielfachen Grund zum feiern hat. Dazu kommt: Ich mag nicht beschenkt werden, und ich hasse das Auspacken von Paketen, das ja generell mit einem freudig überraschten Mienenspiel begleitet werden muss. Ganz besonders hasse ich die Frage nach meinen Wünschen für die Bescherung. Ich brauche nichts, ich will nichts!

Nicht nur weil ich allzu bald 70 werde, habe ich wegen des bisher absolvierten Lebens festgestellt, dass ich wunschlos bin und tatsächlich alle meine Träume erfüllt und ausgelebt habe.

Ich bin also wunschlos, aber nicht glücklich. Das liegt daran, dass ich mir immer schon die Sorgen anderer zu eigen gemacht habe. Mittlerweile haben die sich global ausgedehnt.

Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einen Wunschzetttel ausgefüllt zu haben. Deshalb denke ich, ist es jetzt Zeit für den nicht Erfüllbaren.

Ich wünsche mir:



1. Alle Religions-Führer dieser Welt - gleichgültig welchen Glaubens - sollen sich auf einer kleinen, unbewohnten Insel zum Diskurs versammel und so lange streiten, bis ein Schluss-Protokoll verfasst ist, welches bekräftigt, dass Religionsausübung nichts mit Töten, Terror oder anderem Blutvergießen zu tun hat.

2. Demokratien sollten nur diejenigen als wählbar zulassen, die regelmäßig einen psychologischen  Eignungstest durchlaufen.

3. Das Wasser-Recht bleibt immer unangetastet Volks-Recht.

4. Das Zerstören von Nahrungsmitteln um die Marktpreise hoch zu halten, wird mit einem Zwangs-Aufenthalt der CEOs von drei Jahren in Hunger-Gebieten bestraft.

5. National-Stolz darf nicht den humanitären Verpflichtungen übergeordnet sein, noch darf er völkisch im Sinne eines "we first" ausgelebt werden.

6. Die Waffen-Industrie reduziert sich auf den minimalen Verteidigungs-Bedarf, und sie nutzt die frei gewordenen Kapazitäten für die Verbesserung von Infrastrukturen, um die Umsatzverluste auszugleichen.

7. Jeder Staatsmann, der die Umweltprobleme leugnet, wird mit Polarbären auf einem tauenden Eisberg ausgesetzt.

8. Wer als Staatsmann Länder annektiert, besetzt und dadurch einen Krieg auslöst, wird an vorderste Front geschickt. 

9. Weihnachtsmann, Christkind und Nikolaus gibt es nur noch für Kinder im Vorschul-Alter.

10. Ihr Werbe-Fritzen hört endlich mit der Schokoladen-Werbung auf allen TV-Kanälen auf! Die wird von Diabetikern nach UN-Charta eindeutig als Folter eingestuft...



Montag, 3. Dezember 2018

Bayern feiern

Zum Jahresbeginn kracht's überm Tollwood
Am Wochenende las ich in der Süddeutschen Zeitung etwas kurioses. Demnach führten Personalchefs vielversprechende Aspiranten auf einen Job auch durch das Münchner Nachtleben. Es habe sich nämlich gezeigt, dass hippe Bewerber mittlerweile lieber nach Berlin gingen, weil dort der Bär steppt.

Gut, der Disco-Gänger war ich nie, und manche meiner Mitarbeiter kamen mit der Mentalität des Millionen-Dorfes von einst nicht klar. Aber ich war immer der Ansicht, dass Chefs sich nicht um die Party-Fähigkeiten ihres Personals vorrangige Gedanken machen müssten. Lange Jahre war ich ja ein junger Anführer mit zum Teil älteren Personal. Unsere Anlässe zum Feiern waren dennoch Legende, und die Mitarbeiter untereinander überboten sich mit Vorschlägen, wo wir am Freitag in München die Nacht durchmachen konnten.  Vor den Kindern war meine Frau eine echte Disco-Maus, und durch ihr überwiegend schwules Personal vor allem in der Szene unterwegs.
Die "Disco-Mäuse" die das Ende des Faschings
betanzen. Das tradtionelle Ballett
der Markt- Weiber auf dem Viktualien-Markt

Wer in München in punkto Feiern nicht auf seine Kosten kommt, wird auf Dauer nicht bleiben, das war mein Eindruck damals, wenn selbst "Rheinische" mit der hiesigen Mentalität nicht klar  kamen.

Die heutige Szene, die durch enorme Preise für Drinks nicht von allen genutzt werden kann, wird mir von meinen Kindern geschildert. Der Begriff "Vorglühen" kommt darin nicht selten vor, Da geben sich die Leute an einer Tanke zunächst die Kante, um gleich im Party-Modus zu sein.

Gute Mitarbeiter mit ordentlichen Gehältern müssen das zwar nicht, aber bei dem heutigen Arbeitsklima gehen sie vielleicht noch zur Happy Hour. Ansonsten nützen sie rund ums Jahr die Möglichkeiten, wie sie kaum eine  andere Weltstadt hat:

Beim Starkbier-Anstich werden Politiker mit einem
Theaterstück und einer Fasten-Predigt derbleckt
- also auf die Schippe genommen
Ohne Bier geht nix
Immer wieder ein Spaß, prüde Amis
zu den Nackerten am Flaucher zu
führen. Libertas bavariae
in Reinkultur
Zum Jahres-Wechsel gibt es das "Tollwood". Dann beginnt schon der Fasching, der natürlich anders ist als der Karneval, danach ist Starkbier-Zeit auf dem Nockherberg. Das Frühlings-Fest auf der Theresien-Wiese wird von der Mai-Dult abgelöst, und danach geht es nackert zum Grillen an den Flaucher. Wer keine Zeit für Urlaub hat (auch das soll bei den Angestellten von heute immer häufiger vorkommen), verschafft sich das Strand-Feeling in Bars, die ihren Vorplatz mit Sand und Liegestühlen zum Beach-Club umgewandelt haben. Nach den Ferien wartet schon bald das Oktoberfest, danach die Kirchweih-Dult und dann gibt es bald unterschiedlichste Weihnachtsmärkte in jedem Viertel.

Bayern feiern - nicht nur im Fußball, aber es kann schon sein, dass manchem eine Club-Szene wie in Berlin abgeht.
So soll es sein.