Wenn ich nachts nicht schlafen kann, schaue ich gerne auf die zur Ruhe gekommene Kreuzung hinunter. Dass die Welt ein immer merkwürdigerer Ort wird, offenbart sich in diesen Beobachtungen. Aber ich rufe mich zur Ordnung, weil wir ja unsere greisen Eltern damals auch schon beruhigen mussten, Jede dem Ende nahe Genration sorgt sich, in welcher Welt wohl die Kinder und Enkel leben werden. Also rede ich mir ein, dass es völlig normal ist, dass Glühwürmchen über die Gehsteige irren, die von Schatten verfolgt werden...
Wieso Nachtschwärmer auf dem Nachhause-Weg auf das Display ihres Handys schauen müssen, leuchtet mir dennoch nicht ein. Sollten sie in gefährlicher werdenden Zeiten nicht besser auf lauernde Gefahren achten oder ersetzt der Blick aufs Smartphone das sprichwörtliche Pfeifen im finsteren Wald? Vielleicht ist das erleuchtete Display auch ein Mittel gegen die Einsamkeit dieser Stunden.
Ich gehöre eben nicht zu der Generation, die einem Sucht-Prinzip folgend ständig in so ein Ding schauen muss. Dass das gefährlicher sein kann, als zu rauchen, war vergangen Woche in den Zeitungen zu lesen:
Eine junge Frau hatte vor lauter Starren ins Handy übersehen, dass sie in der U-Bahn zu nahe an die Bahnsteigkante geraten war und stürzte vor dem einfahrenden Zug auf die Gleise...
So etwas bleibt bei uns haften, wenn wir täglich via Chat mit neuen Fotos unseres Enkels oder mit Schnappschüssen von den Babys unserer jüngeren, fast ausschließlich spät gebärenden Bekannten versorgt werden. Die zunehmende Geburten-Rate der vergangenen Jahre wird durch eine bemerkenswerte Dichte an Fotos und Filmchen dokumentiert. Vermutlich gehört diese nachrückende Generation zur vorerst am besten medial begleiteten. JPGs und MPGs von meinem Enkel gehören zum vollsten "Ordner" auf meinem Computer und laufen als endlose Dia-Show wenn ich ihn gerade mal nicht benutze.
Wie kommt es zu den ganzen Smart-Schüssen? Es ist so einfach! Wir mussten noch die Filme zum Entwickeln bringen und feststellen, dass die Hälfte der Fotos vor lauter begeisterter Aufregung auch noch verwackelt und für das Album untauglich waren. Unser Enkel scheint zum Lösch-Modus aber auch Model-Qualitäten zu haben. Er jammert ohnehin selten, aber auf den Ablichtungen mit dem Handy grinst er und erweist sich als echter Poser. Wird er mit dem Handy gefilmt, schaut er kontrollierend in die Kamera und richtet sein Tun regelrecht aufs Objektiv aus.
Dieses Ausrichten erscheint seinem besorgten Großvater natürlich bereits als erstes Anzeichen einer sich anbahnenden Sucht. Und tatsächlich passiert es, dass wenn ihn etwas zum Quengeln drückt, sein Vater nur nach dem Handy greifen muss, um ihn wieder zum Lächeln zu bringen.
Wenn die Welt sich noch dreht, und die Datenträger gehalten haben, bis er erwachsen sein wird, kann er sich vermutlich nicht mehr daran erinnern, wie primitiv diese multifunktionalen Geräte waren, die ihn in seiner frühen Kindheit geprägt haben.
Wenn allerdings die jeweilige Foto-Session vorüber ist und er wieder ungestört für sich spielen kann, greift er doch lieber
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