Samstag, 5. Dezember 2015

Nikolaus-Erinnerungen


Wieso sich meine Eltern bei der Schreibweise meines Vornamens für das C entschieden haben, war nicht zu klären. Vielleicht haben sie sich gedacht, dass das der Rübe einen Hauch von Besonderheit vermittelte. Richtig hat das eigentlich nichts gebracht,Nur Probleme, wenn in Schriftstücken und Dokumenten das K korrigiert werden musste. Selbst auf meiner Geburtsanzeige wurde mein Vorname falsch geschrieben und nicht korrigiert, weil man in der Währungsreform nach dem 2. Weltkrieg wahrhaft anderes zu tun hatte.

Meine Mutter versuchte mich durch die Namens-Nähe zum Nikolaus zu trösten , wenn meine Klassenkameraden sich - kaum dass sie schreiben konnten - über das C lustig machten. Schließlich war ein Held unserer Kindheit in Hamburg der Pirat Klaus Störtebeker. Hätte ich damals nur gewusst, dass er auch als Nikolaus oder Claas aktenkundig geworden war...

Heute wird man vielleicht sagen, dass ich hyper aktiv war. Deshalb lernte ich überwiegend die Schattenseiten der diversen Legenden-Bildung um den Nikolaus kennen: Er war eine erzieherische Droh-Instanz. Während meine braven Schwestern am 6.!2, schon früh morgens einen Sternen-Teller voll mit Keksen, Marzipan und Früchten bekamen, hing über meinem Bett nur die Rute. - Immerhin von einem roten Schleifchen zusammen gehalten.

Erst wenn ich aus der Schule kam, lenkte mich  meine listige Mutter verspätet auf  einen gründlich versteckten Nikolaus-Teller..

Nach unserem Umzug in die Bayrische Landeshauptstadt wurde das Nikolaus-Thema noch schlimmer. Denn hier kam er ja in Begleitung der Krampusse. Wild prügelnde Gesellen.

Auf der Privat-Schule war unser lieber Musik-Professor - ein Reger-Schüler, der in mich die Hoffnung einer Karriere als Opernsänger setzte - der milde Nikolaus, der versuchte meine Sünden mit der musischen Begabung aufzurechen. Aber da hatte er die Rechnung ohne den Direx und unseren Englisch-Lehrer gemacht, die stets ein ganzes Jahr zu warten schienen, in den Teufels-Masken, schwarzen Strumpfhosen und Zottelpelzen  straffrei auf mich einzuprügeln.

Mit dem erwachsen Werden passierte es, dass ich mich selbst  zu einer Art Nikolaus entwickelte. In Übersee hatte das seine Vorteile - auch das C. Mein langer Nachname bereitete oft Schwierigkeiten. So dass ich immer häufiger sagte "call me Claus, like Santa!" Ich war nicht mehr der "longnameone", sondern eine Art Marke. Noch heute schreiben mich ehemalige Kollegen mit "Dear Santa" an.

Eine Bank hätte ich in einer Weihnachtsmann- oder Nikolaus-Verkleidung nie ausrauben können. Schon bei den Kindern und deren Freundeskreis flog ich auf.

Einmal habe ich mir echt Mühe gegeben. Es hatte geschneit, und im Garten lag eine ordentliche, unberührte Schneedecke. Damit alles schön echt aussah, sprang ich von der Gartenmauer, als käme ich direkt aus dem Himmel, und polterte gegen die Terrassen-Tür. Die Kinder waren starr vor Schrecken. Mit Ausnahme meines damals sechsjährigen Sohnes. Der winkte nur lässig ab:"Das ist ja der Pappi!"

Durch den schweren Umhang und die Glaswollen-Bärte und -Brauen wurde das ganze zur echten Tortur. Nie wieder wollte ich den Nikolaus geben.

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