Donnerstag, 1. Januar 2015

Feuerwerk

Die beste aller Schwiegermütter hatte sich nach dem Anstoßen um zwölf jedesmal in ein stilles Kämmerlein zurück gezogen. Sie, die eine Zeit im Bombenhagel auf Berlin ausharren musste, bekam jedesmal beim Silvester-Feuerwerk das, was man im Neudeutsch einen Flashback nannte.

Wir von der bislang begnadet kriegslosen Generation haben Jahrzehnte zum Jahreswechsel in die Luft geballert, weil wir eben keine Assoziationen hatten. Wir haben immer mitgemacht und das Spektakel des explodierenden Himmels über der Theresien-Wiese mit Ahs und Ohs bestaunt. Das wurde jedoch immer wilder. Als die Raketen durch die Straßen zischten anstatt in den Himmel, meiner Schwägerin Beine und Kleid verbrannten und unweit von ihr einem jungen Mann ein Auge ausgeschossen wurde, war's das für mich.

Nun wollte es der Jahresverlauf 2014, dass das rückblickend wie ein böses Omen zu verstehen war. Ich hatte diesmal absolut keine Lust auf Ballerei, und die Zweitbeste machte tapfer mit bei meiner Idee, erstmalig in unserem bald 50jährigen Zusammensein, das Jahresende als Paar alleine zu begehen.

Wie inszenierten uns ein "Dinner For Two": Sie im Abendkleid, ich im Smoking. Es wurde nichts gekocht. Es gab Salate, Pasteten und Geräuchertes.

Es bestand eine gewisse Gefahr, dass wir, die wir uns ja ständig etwas zu sagen haben, in stiller Romantik verstummen könnten. Obendrein hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil die Zweitbeste ja eine stadtbekannte Party-Maus ist. Aber dann, waren die Stunden bis Mitternacht wie im Fluge vergangen: Mit Erinnerungen an gelungene und missglückte Silvester.

Schon vor dem Countdown begann eine friedliche und vor allem bunte Ballerei, für die wir im vierten Stock des Glashauses gewissermaßen einen Logenplatz hatten.

Es ist anzunehmen dass die Muslime, Buddhisten,Christen und Griechisch Orthodoxen in diesem oft so gescholtenen Viertel, das neue Jahr mit der gleichen Inbrunst begrüßten, denn das Feuerwerk war flächendeckend - und - ich gestehe es nur ungern - wunderschön anzuschauen.

Um 0Uhr30 war dieser Stadtteil komplett eingenebelt. Der schwefelige Pulverdampf waberte dick durch die Straßen, und man konnte die Fenster nicht aufmachen, weil es nach Hölle stank.

Aber das wäre ja schon wieder eine böse Assoziation.
Positives Denken ist für 2015 angesagt!

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