Meine Schwägerin, eine preisgekrönte Werbe-Fachfrau und Diplom-Grafikerin, wurde nach zähem Widerstand am vergangenen Samstag zu ihrem 70sten der Einstieg in die digitale Kommunikationswelt geradezu aufgezwungen. Sie hat von uns als allerersten Computer überhaupt ein Tablet samt Flatrate bekommen. Diesem Akt der Annexion ging ein wochenlanges Kompetenz-Gerangel der vermeintlich besten Experten unserer Sippe voran, das bald aber in der üblichen kollektiven Betroffenheit samt erschöpfter Resignation endete.
Wir sind jetzt alle gespannt, wann wir von ihr mit den ersten Fotos, Skype-Video-Botschaften und sonstigem Schnickschnack bombardiert werden, den sie bislang nicht gebraucht und in folge dessen auch nicht vermisst hatte. Denn ging es uns Smartphonies und Tabletisten nicht am Anfang genauso? Ist doch wirklich toll, was die so alles können. Oder doch nicht?
Obwohl ich mich mit Fug und Recht zu einem der Pioniere beim Herstellen von Zeitschriften und Büchern "Computer To Plate" bezeichnen darf, muss ich doch zugeben, dass mich die Entwicklung der letzten fünf Jahre geradezu überrollt hat und mich meine Kinder daher vermutlich zu Recht für einen Computer-Deppen halten. Vor allem, was die kruden Marketing-Methoden der sogenannten Provider angeht, die anscheinend nur darauf gewartet haben, dass die in einer Zeit des gesprochenen Wortes als vertragliche Zusicherung aufgewachsenen Oldies den Versuchungen dieses Marktes erliegen.
So habe ich mir innerhalb der letzen vier Monate hier in München nicht nur ein Modem für Highspeed-Glasfaser aufschwätzen lassen, das zunächst nur durch seine Störanfälligkeit auffiel, sondern damit ich nicht länger als Außenseiter auffiel, auch noch einer Vertragsänderung für ein Super-Smartphone zugestimmt: garantiert abhörsicher und resistent gegen jegliche Form von Viren! Blöd nur, dass ich nicht darauf geachtet hatte, dass Handy und Telefonie aus vertragshistorischen Gründen ja zwei verschiedene Provider hatten...
Was sich auf den ersten Rechnungen niederschlug. Denn, wenn ich vom Festnetz bei meinem Handy-Provider in der Warteschleife landete, klimperte bei ihm die Kasse. Umgekehrt funktionierte unser Telefon samt Super-Modem nicht, was mich zwang, mit dem Handy die dann gebührenpflichtige Hotline dieses Providers anzurufen...
Naja, mein sardonisch grinsender Sohn hat denen dann bescheid gestoßen - natürlich nicht ohne den Hinweis, dass der "Alte Herr" solche Dinge nach seinem Infarkt nicht mehr so recht schnalle... Er holte nach einer in meinem Namen vollzogenen Spontan-Kündigung eine Gutschrift von über 100 Euro heraus, was die Telefonmarketing-Typen aber nur zu einem weiteren Schlag gegen mein Unverständnis animierte.
Gerade hatte ich mein neues Smartphone halbwegs begriffen, da rief so ein Teufelchen an, und meinte, ich sei wohl hyper naiv, wenn ich dächte, das neue Teil sei vor Hacker-Attacken sicher, die auf meine Kosten Telefon-Einheiten abgreifen wollten. Ich müsse unbedingt sofort eine Antiviren-Software auf dem Smartphone installieren. Mein Einwand, ich hätte mich ja gerade für dieses Modell entschieden, weil es in einem Test als das sicherste bezeichnet wurde, konterte der Verkaufsprofi eiskalt mit der rasanten Geschwindigkeit, mit der Hacker heutzutage ihr böses Tun verfeinerten...
Ich rief den Sohn an. "Alles Quatsch ", beschied dieser. Auf der folgenden Rechnung war der Virenschutz für etwas über ein Euro dennoch ausgewiesen, obwohl ich, als die entsprechende SMS auf dem Display erschien, eindeutig auf NEIN gedrückt hatte.
Meine Tochter hat mir daraufhin aus purem Mitleid zum Geburtstag den Prototyp einer von ihr eigens für mich entwickelten Anti-Viren-Software geschenkt. Eine Kombination aus zwei totsicheren Systemen - wie sie es formulierte:
"Black-Knight" gegen jegliche Spyware und der "White-Tiger-Bone-Crasher" als Vernichter jeglicher Art von Trojanern.
Seit dem herrscht Ruhe..
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