Wir hatten das Glashaus zur Jahrtausendwende an eine junge Deutsche vermietet, die mit einem sehr dunkelhäutigen Jordanier zusammenlebte. Der Jordanier wiederum war uns von einem Türken empfohlen worden, der sich jahrelang als zuverlässiger und fürsorglicher Mieter erwiesen hatte...
In der Folge ging die Miete weiterhin pünktlich ein. Eines Tages bekamen wir sogar die Mitteilung, dass die beiden geheiratet hatten. Zwei Jahre später hatten sie zwei Kinder. Deshalb waren wir zunächst nicht überrascht, dass die Miete mitunter tröpfelte. Dann aber übernahm auf einmal das Sozialamt die Mietkosten.
Wenig später schrieb uns die junge Frau in ihrer bltzsauberen Kinderschrift, die Polizei hätte ihre Wohnung gestürmt und dabei die Tür erheblich beschädigt, aber es sei weiter nichts gewesen, die Polizei käme auch für den entstandenen Schaden auf und kümmere sich um die Reparatur.
Das wiederum wollte ich als Nicht-Rassist und investigativer Journalist so einfach nicht hinnehmen. Ich rief beim zuständigen Polizei-Revier an. Dort druckste man herum, man wisse nichts Genaues, und erst nachdem ich hartnäckig von einem Verdacht eines rassistischen Übergriffs sprach, verwies man mich ans Polizei-Präsidium. In der Ettstraße das gleiche Spiel, bis ich mir vorkam wie beim Buchbinder Wanninger und mir der Kragen platzte. Letztlich erhielt ich eine Geheimnummer - angeblich beim LKA, unter der sich zunächst eine anonyme Stimme meldete. Man werde mich sofort zurückrufen, verkündete diese.
Das war etwas mehr Geheimniskrämerei, als ich zu einem simplen Übergriff der Ordnungskräfte erwartet hätte.Tatsächlich meldete sich wenige Augenblick später jemand, der sich als Hauptkommissar vorstellte und mir eine Aktennummer nannte, unter der ich jederzeit über die vorher gewählte Nummer mit ihm in Kontakt treten könne. Er könne sich aber aufgrund des Datenschutzes im Moment nur in Andeutungen ergehen.
Auf dieser Basis entstand in den darauf folgenden Tagen eine Art Vertrauensverhältnis. Ich stellte Fragen, auf die ich nach einem gewissen Schema aus Schweigen, Grunzen und der Gegenfrage "Was meinen denn Sie?" ein immer klareres Bild erhielt. Der Jordanier, der wie der Vormieter am Flughafen tätig war, sei nicht zufällig in die Antiterror-Rasterfahndung geraten. Er gehöre mit absoluter Sicherheit zum AlQuaida-Netzwerk, und das gewaltsame Eindringen "unter Gefahr im Verzug" sei eine Maßnahme gewesen, um ihm klar zu machen, dass er erkannt worden sei und auch, um ihn auch aufzuscheuchen.
Tatsächlich bekamen wir wenig später von unserer Mieterin die Anfrage, ob wir sie vorzeitig aus dem Mietverhältnis entlassen könnten, sie wolle mit ihrer Familie zu ihrer Schwester nach Westdeutschland ziehen.
Wie vereinbart unterrichtete ich den Hauptkommissar, der mir riet, ganz normal den Übergabe-Termin zu vereinbaren und letztlich froh zu sein, so aus der Sache rauszukommen.
Die Wohnngsübergabe verlief völlig problemlos. Nur, unsere Mieterin wieder zu sehen, war ein Schock. Aus der lebhaft hübschen, puppenhaften Frau war ein verdruckstes. plumpes Wesen geworden, das sich unter einem grauen, körperlangen Umhang und einem straff um Hals und Kopf gebundenen Tuch verbarg. Trotzdem war ich immer noch geneigt, das ganze für einen großen Irrtum zu halten, denn ihr jordanischer Ehemann war von bemitleidenswerter Traurigkeit, hatte Tränen in den schönen, sanften Augen und bedauerte so aufrichtig, die Wohnung und München zu verlassen, dass ich ganz vergaß, was ich bereits alles von ihm wusste.
Ich erhielt die Adresse der Schwester und noch eine weitere von einem Vertrauensmann aus einem Münchner Vorort, an den ich mich wegen der Wohngeldabrechnung wenden sollte, falls das Sozialamt noch etwas zu monieren hätte.
Am nächsten Tag rief ich meinen Hauptkommissar an, gab ihm die Adressen und berichtete ihm von meinem zwiespältigen Eindruck. Als erstes überraschte er mich mit der Auskunft, dass die Familie nicht nach Wuppertal gefahren, sondern am Morgen über Malmö nach Schweden eingereist und nun in die Obhut der schwedischen Kollegen gelangt sei. Eine gwissse Erleichterung war ihm anzumerken.
Und dann erzählte er mit von Schulungsprogrammen, in denen AlQuaida-Soldaten auf gezielte Ehen mit den jeweiligen, einheimischen Frauen und die Segnungen der dortigen sozialen Fürsorge vorbereitet würden. Er riet mir auch, spaßeshalber einmal den Münchner Vertauensmann anzurufen und im Bekannten- und Freundeskreis möglicherweise nach ähnliche Mustern Ausschau zu halten, ja regelrecht zu beobachten.
Der Anruf beim Vertrauensmann landete auf einem AB, der Unverständliches in einer merkwürdigen Sprache kund tat. Später erfuhr ich, dass es sich um einzelne arabische Codeworte handelte - noch dazu rückwärts aufgenommen...
Die real existierende Bedrohung durch den Terrorismus, an die ich quasi hautnah geraten war, kam mir erst wirklich wieder ins Bewusstsein, als die Twin-Towers ein Jahr später unter den Augen der Welt in sich zusammenfielen. Viel unmittelbarer empfand ich die Wut, was aus der jungen Deutschen geworden war und was das wachsende Mißtrauen gegenüber allem Islamischen mit meiner Toleranz und meinem Lieberalismus angestellt hatte. Zwei, drei Konvertierte in meinem weiteren Bekanntenkreis lösten künftig mit ihren Kopftüchern eine solche Wut in mir aus und erzeugten eine derartige Paranoia, dass ich mich nur schwer zur Ordnung rufen konnte. Da war auf einmal ein real exisiterender, rassistisch denkender Nazi in mir.
Ich weiß jetzt - ein Jahrzehnt später, dass es vielen gerade heute ähnlich geht. Bei den Sarrazins unter uns reicht da die innere Erörterung nicht mehr aus, um zur Vernunft zu kommen. Sie müssen das loswerden, was in ihnen brodelt, und dieses Dampfablassen kann gefährlich ansteckend sein.
Ich versuche meine Wut über das Frauenverachtende, das Undemokratische, das Mittelalterliche und das Gewalt religiös Verbrämende - wann immer sich mir die Gelegenheit dazu bietet - mit ruhigen Argumenten zu mäßigen. Dabei stelle ich fest, dass viele gläubige, moderne Muslime ähnlich offfen über Knackpunkte in ihrer Religion reden können, wie beispielsweise gläubige Katholiken derzeit über den Zölibat.
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