Samstag, 19. Februar 2011

Der Seher sieht zwar, aber er verändert nichts

Was habe ich schon alles kommen sehen!

Keine Angst, ich reklamiere hier keine übersinnlichen Kräfte für mich - nur einen halbwegs ausgeprägten analytischen Verstand.
Indem beizeiten unaufgeregt Eins und Eins zummengezählt werden, kann das eigentlich jeder. Nostradamus oder Hildegard von Bingen haben das nicht anders gemacht. Die Summe menschlicher Schwächen multipliziert mit seinen Stärken ergibt die Evolution der Gesellschaft. Dass dabei in der Blütezeit Schwächen wie Gier, Eitelkeit, Machtstreben und Gewaltbereitschaft die Überhand gewinnen, gebiert dann automatisch die Katastrophen. Diese multipliziert mit dem Zeitfaktor werden zur Apokalypse. Dazu braucht man keine Glaskugel.

Der Seher sieht zwar, aber er verändert nichts. Als ob das genetisch so festgelegt ist, braucht es zur Reaktion Visionäre mit der Kraft, etwas zu bewegen oder durchzusetzen. Dabei müssen sie bereit sein, über Leichen zu gehen. Die habe ich leider nie in dem Maße gehabt, wie ich mir das gewünscht hätte. Dennoch möchte ich mein praktisches Versagen in einigen Fällen als Beispiele für meine These in der Praxis aufführen:

Ich darf mich mit Fug und Recht als einer der Pioniere im Gestalten und Herstellen von Zeitschriften und Büchern direkt vom Cumputer in die Druckerei (CTP computer to plate) bezeichnen. Die Gestaltungssoftware in Kombination mit dem Internet vor dem Hintergrund des Rohstoffs- und Zeitmangels ließen mich schon Ende der 90er zu dem Schluß kommen: Print stirbt, und mit ihm der Journalismus. Jetzt brandet ja bereits die Diskussion auf, ob die Internet-Giganten den Zeitungsverlegern zuviel für die digitalen Abos abverlangen. Der Konzern, dem ich gedient habe, hat Isolvenz angemeldet und reißt auch die Firmen mit, die hervorragende, kosteneffiziente analoge Arbeit geleistet haben. Ich bin auf dem selben Weg mit Ihnen gescheitert, weil ich aus Nostalgie und  bei zurückgehenden Werbeerträgen nur angepaßtt weitergemacht habe, statt radikal neue Wege zu gehen

Das Geld, das mir dann noch geblieben war, habe ich in Aktien, Fonds und Beteiligungen angelegt, obwohl ich einige Monate vor dem Beginn der Finanzkrise - als Experten den DAX noch auf die 9000 zustreben sahen - einen köstlichen Beitrag eines Analysten unter dem Titel "Myriads In The Mist" (Milliarden im Nebel) gelesen hatte. Darin  waren minuziös und folgerichtig alle Faktoren für das Ausbrechen der bevorstehenden Finanzkrise aufgeführt . Den Beitrag mailte ich vorsorglich meinem Bankmenschen und investierte trotzdem. Ein halbes Jahr später hatte ich nahezu alles verloren.

Wieso ich jetzt von diesen Erfahrungen auf unseren blaublütigen Verteidigungsminister komme? Wobei der ja ehrlicher eigentlich schon längst Kriegsminister heißen sollte, denn auch dem größten politischen und geografischen Deppen müsste es ja mittlerweile klar geworden sein, dass unsere Freiheit am Hindukusch weniger verteidigt wird als in den Straßen von Ramallah... -  Ach, schöner Schaum vorm Mund!!!

Also deswegen, weil ich das Bild vom Times Square aus den ersten Ministertagen des KTZG mit der bespiellosen Selbstinszenierung unseres gegelten Freiherrn vor Augen habe. Als PR-Profi schrillten da schon meine Alarmsignale. Und  das Unbehagen wuchs mit jedem Prozentzuwachs seiner Beliebtheit, obwohl er bis heute außer naßforschem Auftreten eigentlich nichts vorzuweisen hat.

Die leider nicht sehr zahlreichen Leser meines Blogs erinnern sich vielleicht an meine Prophezeihung, dass unsere Bundeskanzlerin auch seinen Absturz genussvoll abwarten könne? Wer sagt uns denn, dass FDJ-Angie beim Anblick der ganzen zerplatzenden Raketen in der Neujahrsnacht nicht laut darüber nachgedacht hat, dass dies ja auch gut ein strahlendes Schicksal für ihren in der Beliebtheitsskala vor ihr rangierenden Kollegen sein könnte. Mit dem Supereffekt, dass alle die sich im Aufstieg an die freiherrlichen Desinger-Klamottten klammernden Emporkömmlinge das gleiche Schicksal ereilte... Einer aus der Riege der nach ihrer Pfeife tanzenden Ballett-Bübchen hat sich wohl finden lassen, seine Doktorarbeit zu durchforsten. So toll auch, wie sie das "alternativlos" mit den Bankern Weber und Weidmann hinbekommen hat

Wo will ich nur hin mit meiner Parabel?
Alle haben es gesehen, denn es geschieht ja vor aller Augen. Keiner sieht  aber offenbar die Straftat, wie die heutige EMNID-Befragung mit der unverrückten Popularität des Plagiators belegt. Sollte er sich also wieder durchlavieren, obwohl er ja diesmal keinen außer vielleicht sich selbst oder den faulen  Ghostwirter schassen kann? Dann darf sich das Deutsche Volk in seiner Geschichte aber später nicht darüber beschweren, dass es wieder einmal die Politiker bekommen hat, die es verdient.

Ganz etwas anderes:
Morgen ist Bürgerschaftswahl in Hamburg, und da wird - das andere Extrem - einer Erster Bürgermeister, der uneitel und blass im Schröder-Kabinett HartzIV mit verbrochen hat. - Wer hätte das aus damaliger Sicht vorhersehen können? Eine Seher vielleicht, aber würde das etwas ändern?

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