Mittwoch, 31. März 2021

Wie ein Virus die Demokratien befällt

Längst sind das Virus und seine Mutanten nicht nur eine Bedrohung für die Gesundheit. Sie befallen immer langwieriger die demokratischen System unseres  Planeten. Die Tests, die Impfungen und die staatlichen Verordnungen werden immer mehr zum Politikum. Autokratische Regierungen oder polarisierende Staatsmänner schneiden dabei offenbar nachrichtentechnisch besser ab als die oft vom System bürokratischer Abläufe gesteuerten Länder.

Die Faust auf dem Tisch
ersetzt endlich die "Merkel-Raute"
Quelle. südkurier

Unsere Kanzlerin kann sich nicht mehr durchsetzen, weil sie viel zu früh vor diesem Wahljahr unter Covid-Einfluss ankündigt hat, nicht mehr für dieses so hart gewordenen Amt zu kandidieren. Die sogenannte, immer noch ungeklärte K-Frage offenbart das geistige Vakuum in den christlichen Parteien, das sie hinterlässt. Die infrage kommenden Kanzler-Männer haben zu offensichtlich gedacht, dass sie sich allein durch die Thematisierung der Pandemie ein Instrument zur Profilierung schaffen können. Die amtierenden Minister im Kabinett müssen sich deshalb - anstatt an einem Strang zu ziehen - wegen der noch anstehenden Wahlen ständig gegenseitig Schwarze Peter zuschieben, um halbwegs ungeschoren aus dieser nicht zu gewinnenden Kartelei heraus zu kommen. 

 Schwarzer Peter Quelle: pinterest

Das brachte in den zurück liegenden Tagen mehr denn je unseren Föderalismus in den Fokus, weil die Ministerpräsidenten der Bundesländer eigene Alleingänge in punkto Lockerungen ins Spiel brachten. Bei Anne Will schaffte sich Angela Merkel Luft. Wie das so deutlich bislang noch nie in ihrer Amtszeit geschehen musste, pochte sie meiner Meinung nach zurecht auf ihre Richtlinien-Kompetenz und ihren Amtseid. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, erfand hierfür einen ebenso neuen Begriff: das Länder-Bashing, ruderte aber einen Tag später in die Heckwelle zurück, die die Kanzlerin beim verbalen Durchstarten aufschäumen ließ.

Nicht nur die Masken-Affären einiger C-Politiker bescheren der CDU/CSU ein Allzeit-Tief bei den Umfragen. Die anderen Parteien deuten mit ihren angenäherten Werten bei leichtesten Veränderungen nach oben auf "Weimarer Verhältnisse" der Unregierbarkeit hin. Oder kann sich jemand für Alpha-Männchen Söder ein Amt im Bundeskabinett unter Baerbock oder Habeck vorstellen?

Montag, 29. März 2021

Der Malle-Malus

Was hat Mallorca, dass vielen Deutschen der Urlaub aktuell dort wichtiger ist, als sich daheim an die Regeln zu halten, mit der die Pandemie eingedämmt werden sollte?

Quelle: urlaubstracker.de

Kein Zweifel, trotz der Auswüchse an den der Hauptstadt nahe liegenden Ballermann-Stränden ist die Insel immer noch schön, -  in der Berg-Region sogar ursprünglich. Das konnte ich bei einem guten Dutzend Reisen selbst er-fahren. Allerdings war ich nur einmal als Tourist dort - mit meinen Eltern als Abstecher von einer mehrwöchigen Iberien-Rundreise. Die komplette Insel-Erkundung fand damals in einem Seat 500 statt, dem gängigen Leihwagen der 1960er: drei Menschen in Übergröße. Der Sohn auf der Rückbank mit dem Kopf aus dem Schiebedach ragend. Ein unvergessliches Erlebnis! Die restlichen Reisen führten mich aus beruflichen Gründen nach Mallorca. Die trostloseste war die Recherche zu der Frage, wieso Hinterbliebene die Särge ihrer auf "Malle" beim "Überwintern" verstorbenen Angehörigen nicht abholten. Die schönste war eine winterliche Jacht-Überführung nach dem damals noch nahezu unentdeckten Ibiza.

 Ansonsten schafft es Mallorca im Rückblick auf meiner persönlichen Insel-Hitliste noch nicht einmal unter die Top Twenty. Aus meiner Sicht verdankt sie ihre anhaltende Beliebtheit einem von der überlebt habenden Kriegs-Generation vererbten genetischen Defekt. Als in den 1950ern beim Wirtschaftswunder erstmals auch Geld für Flugreisen als Status-Symbol zur Verfügung stand, war Mallorca eben einfach besonders preiswert.

Während ich die Reise-Zeitschrift "Traveller's World" als Chefredakteur betreute, war es einige Male unser Ehrgeiz, den LeserInnen das unbekannte Mallorca nahe zu bringen, das es wohl immer noch gibt, aber logistisch selten auf dem Plan steht.

Wenn ich am letzten Wochenende lesen musste, dass hunderte Flugzeuge tausende deutsche Touristen auf die Insel verfrachtet haben, wurde mir übel. Da ignorierten die offenbar, dass es mögliche Einreise-Quarantänen bei ihrer Rückkehr geben könnte. Sonnenhunger schön und gut, aber das ist wohl quer denkender Egoismus gegenüber den vernünftiger Weise zuhause Gebliebenen. 

"Malle" morbide mit Maske
Quelle: chip.de

Schadenfreude pur: Hier in Deutschland wird es in den nächsten Tagen nämlich wärmer als auf den Balearischen Inseln...

Freitag, 26. März 2021

Für's Tagebuch unbedingt festhalten:

 Banskys Bild zum Wohle der Pfleger und PflegerInnen wurde für rund 20 Millionen Euro versteigert


Heute erlebt Ihr mal  den News-Shitstorm 0.21:  Überschriften  aus den letzten 48 Stunden:

"Einzig und allein mein Fehler"  Merkels Entschuldigung - ein Lichtblick "Werden das Virus besiegen " FDP und Linke fordern Vertrauensfrage Stand: 24.03.2021 Wirtschaft erleichtert nach Kehrtwende Stand: 24.03.2021 13:46 Uhr Wieler rät von Reisen ab ++Politische Größe oder politisches Versagen? Stand: 24.03.2021 17:43 Uhr Der Staat als Vermieter Keine Gnade trotz Corona Stand: 25.03.2021 06:00 Uhr Überlastete Kliniken Österreich verhängt Oster-Lockdown Stand: 24.03.2021 22:40 Uhr Corona-Neuinfektionen 20.000er-Marke wieder überschritten Stand: 25.03.2021 08:16 Uhr Vor EU-Gipfel Streit um Impfstoff-Verteilung Stand: 25.03.2021 02:33 Uhr Coronavirus-Pandemie++ Hälfte der Israelis vollständig geimpft ++Stand: 25.03.2021 09:34 Uhr Merkel gegen Vertrauensfrage "Nein, das werde ich nicht tun" Stand: 24.03.2021 19:45 Uhr Nachtragshaushalt verabschiedet Corona-Krise treibt Schulden weiter in die Höhe Stand: 24.03.2021 17:28 Uhr EU-Kommission Strengere Regeln für Impfstoff-Exporte Stand: 24.03.2021 18:48 Uhr AstraZeneca Verwirrung um Impfdosen-Fund in Italien Stand: 24.03.2021 17:36 Uhr Öffentliche Schulden 26.128 Euro Schulden pro Kopf Stand: 25.03.2021 14:14 Uhr Corona-Pandemie Doppel-Mutante breitet sich in Indien aus Stand: 25.03.2021 11:36 Uhr Großbritannien zu AstraZeneca-Impfstoff "Unser Vertrag übertrumpft deren" Stand: 25.03.2021 12:15 Uhr Staatsanwaltschaft München Beschuldigter in Maskenaffäre verhaftet Stand: 25.03.2021 15:28 Uhr Erholung in der Pandemie Urlaubsbuchungen für Sommer ziehen an Stand: 25.03.2021 14:11 Uhr Corona-Pandemie RKI meldet mehr als 21.500 Neuinfektionen Stand: 26.03.2021 07:39 Uhr Videogipfel  EU will nicht an Impfstoffverteilung rütteln ++ Mexiko meldet mehr als 200.000 Tote ++ Stand: 26.03.2021 07:49 Uhr Folgen des Merkel-Rückziehers

"Es klaffen weiter inhaltliche Lücken"




Mittwoch, 24. März 2021

Kaffeesatz und Corona

Der Corona-Gipfel kreißte und kreißte, aber er gebar noch nicht einmal eine Maus. Gewissermaßen kotzte die Bund-Länder-Eule der politischen Weisheit sogar nur altes Gewölle der Maus aus. Niemand aber darf ihr für ihr wenig Nahrhaftes böse sein. Die weltweite Pandemie übertrifft eben alles bisher
dagewesene.  
Vulkan-Mäuschen
Quelle: re-action.com
Sogar die  eurasische Cholera-Pandemie, die von 1817 bis 1822 wütete und in mehreren Wellen ausbrach, bis sie bei uns 1892 in Hamburg vorerst den letzten grausigen Höhepunkt erreichte. Noch immer sterben alljährlich bei 1,3 bis 4 Millionen Fällen, die die WHO registriert, zwischen 21- und 146.000 Menschen weltweit an dieser Darm-Infektion. Und das obwohl die Hygiene global gesehen einen gewaltigen Sprung vorwärts gemacht hat,

Als ich der resistentesten aller meiner Ehefrauen wie gewohnt den Morgen-Kaffee bereitete, konnte ich es nicht lassen, nach dem Umschütten im Kaffeesatz zu lesen. Das hat mir mal am Zojila-Pass im Himalaja ein alter Schamane beigebracht: Du musst immer genau das sehen, was die anderen auch sehen wollen!
Und was sah ich da? In meinem  unfehlbaren Tschibo-Kaffeesatz las ich: Impfen, schneller impfen, testen immer mehr testen, daheim bleiben, Abstand halten, Händchen falten, das maskierte Köpfchen senken und stets brav an die Merkel denken...

Politik will es natürlichen allen recht machen - genau wie mein Kaffeesatz. Gerade aber das Globale in punkto Wirtschaft und Reiseverkehr wird dafür sorgen, dass uns Corona noch eine Weile im Griff hat. Solange es zwischen den wirtschaftlich führenden Staaten weiter zu einem Wettrüsten bei den Impfungen kommt, und Maßnahmen nur auf Basis  lückenhafter wissenschaftlicher Erkenntnisse ergriffen werden, bleibt die sogenannte Dritte Welt als potenzieller Herd für Corona mit seinen immer neuen Mutationen als pandemische Bedrohung erhalten.

Der europäische Gedanke zerschmetterte ja  bereits schon an den Felsen eitler nationaler Sturheit. Am besten zu beobachten  am Brexit-Boris, der sich als Corona-Impf-Superheld selbst am wirren Schopf aber nur scheinbar aus der Affäre zieht. Vom korrupten  Netanjahu ganz zu schweigen, dem der "Impf-Weltrekord" auf Kosten anderer vermutlich einen neuerlichen Wahlsieg beschert.

Gefangen im selbst verursachten Wirrwarr
Quellen: pixabay und welt.de

Es muss festgehalten werden, dass wir immer noch nicht wissen, ob Geimpfte auf Dauer immun sind und nicht doch später wieder als Virus-Transporteure fungieren. Auch die Frage, ob Kinder und Jugendliche weiterhin auf Dauer weniger ernst betroffen sind als Alte oder Erwerbstätige, ist bislang nicht vollends beantwortet. 

Die Ironie: Keiner, der das politische Wirrwarr zu verantworten hat, ging bislang mit Tode ab. Sterben tun immer die Anderen.


Montag, 22. März 2021

Wenn die schleichende Angst beschleunigt

Eigentlich wäre für einen Herzkranken wie mich persönlich die Pandemie gar nicht so schlimm. Sie zwingt mich, zu entschleunigen. Aber die Unrast findet derzeit im Kopf statt. Mein Oberstübchen verteilt die Stress-Hormone nicht nur in der Nacht, sondern auch dann, wenn tagsüber die erzwungenen äußeren Umstände eher Ruhe vermitteln sollten. Die stündliche "Kriegsberichterstattung" von der Virus-Front lässt ahnen, was Eltern und Großeltern in den Weltkriegen durchgemacht haben. Die bange Frage beherrscht mich, wie wird die Welt aussehen, sollten das Virus und seine Mutanten eines Tages wenn alle geimpft sind, doch besiegt werden.

Schon in der ersten Welle war ja klar, dass an irgendeinem Punkt die Politik entscheiden  muss, wann das wirtschaftliche Wohl eines Landes über den Gesundheitsschutz des Individuums gestellt wird. Bei so einer Entscheidung sind so totalitäre Supermächte wie China und Russland den westlichen Demokratien eindeutig überlegen. Wir sind ja mit unserer Meinungsfreiheit sogar so großzügig, dass sich Leugnende, Zweifler und solche, die ihre Idiotie für Querdenken halten, ohne Abstand und Masken pöbelnd in Straßen und auf Plätzen zu Demonstrationen vereinen dürfen. Jeder geht hier mit seiner Angst eben individuell gewichtet um. 

Möglicher Weise bricht die dritte Welle viel heftiger über uns herein, als wir bisher geahnt haben. Möglicher Weise steht die Weltwirtschaft nach den dringend angeratenen, weiteren Lockdowns nur noch als zittriges Gerippe da, das von einer denkbaren vierten Welle in seine Einzelteile zerlegt wird. Die Pandemie ist ja jetzt schon die größte Gefahr für die freie Marktwirtschaft, weil die Politik einfach nicht zu einheitlichen Lösungen fähig ist. Die derzeit angewandte Ungerechtigkeit, welche Sparten wann, wie oder überhaupt noch offen haben dürfen, ist beschämend.

Dass die Reisefreiheit eingeschränkt werden muss, so lange nicht mindestens die Hälfte aller geimpft ist, leuchtet ein; nicht aber wenn die TUI deutsche Touristen nach "Malle" bringen darf, gleichzeitig aber Festlands-Spanier nicht auf die Balearischen Inseln dürfen...

Mit "Up, Up and Away" wird keine Pandemie bekämpft 
Quelle: tui.com

Ich verstehe nicht, dass die Politik derart herumeiert, nur weil einige Privilegierte, die sich Urlaub  sowohl zeitlich als auch pekuniär noch leisten  können vom Reisefieber befallen werden und Druck machen. Ich wäre an Ostern auch lieber in meiner italienischen Zweitheimat, aber ich bin vermutlich vor Juni noch nicht einmal mit Impfen dran.

Aber das - liebe Leute - hat nichts mit meiner Angst zu tun. Die gilt den Freiberuflichen in meiner Familie und vor allem dem Enkel, Der kann dann bald zwei Jahre nicht in seine Kita. Bei der Einschulung wird er deshalb womöglich wie alle dieses Jahrgangs dann mit sozialen und sprachlichen Problemen zu kämpfen haben; oder mit der Unfähigkeit, Nähe zu zu lassen...

Keine Maske schützt die Kids vor der schleichenden Angst
Quelle: tagesspiegel.de


Freitag, 19. März 2021

Was für ein Glück!

Gerne schreibe ich, dass unsere Generation das Privileg hat, den Frieden auf Deutschem Boden seit sieben Jahrzehnten ungestört genießen zu können. Als Nachkriegs-Kinder erlebten wir das Wirtschaftswunder und einen Turbo-Kapitalismus, der uns nicht nur zu nachhaltigem Wohlstand verhalf, sondern auch eine Wiedervereinigung ohne Gewalt ermöglichte. Dabei übersehen wir im Rausch gerne, dass die Welt  gleichzeitig eine Vielzahl von Kriegen andernorts erlebte. Also alles andere als friedlich war.

Aber weil es uns glücklicher Weise so gut geht, haben wir eingedenk der Kriege unserer Väter nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Verpflichtung Schutz zu bieten.

Zugegeben: Ich hadere oft damit, wie schnell bei mir  der Alterungsprozess eingesetzt und mein wildes Leben von einst beendet hat.. Aber andererseits bin ich auch dankbar, dass ich noch erleben darf, dass es Kindern der Gastarbeiter aber auch  der Geflohenen zunehmend gelingt, herausragende Leistungen für unsere Gesellschaft zu erbringen. Dass sie den "German Dream" gegen allen Rassismus und Migrations-Phobien erfolgreich leben, ist aber nicht unser Verdienst, sondern ist eher deren Durchsetzungsvermögen zu zu schreiben.

In der zurückliegenden Woche gab es anlässlich der zehn Jahre, die der kriegerische Konflikt in Syrien nun schon andauert, einige sehenswerte Dokumentationen. Erst im Zeitraffer wird klar, dass dort sowie im gesamten Nahen Osten aber auch der islamischen Welt Stellvertreter-Kriege als Schwelbrände entfacht werden. Da arbeiten sich die Supermächte parteiisch aneinander ab, anstatt diese Brandherde gemeinsam zu löschen. Die Unerbittlichkeit, mit der sich Sunniten und Schiiten gegenüber stehen, ist nur ein Brandbeschleunige,r der ferngesteuerte Macht-Interessen vernebelt und individuelle Schicksale  Millionen friedlicher Menschen besiegelt.

Besonders beeindruckt hat mich ein Film ("Die letzten Männer von Aleppo" arte-mediathek) über die "Weißhelme", die trotz Bombardement in Aleppo ausgeharrt haben, um mit primitivsten Mitteln Menschen aus den Trümmern ihrer Heimatstadt zu bergen. Wann immer vor allem Babys und Kleinkinder lebend aus dem Schutt geborgen wurden, priesen die Retter Allah laut für seine Güte, während über der Stadt von anderen Moslems gesteuerte Hubschrauber weitere Fass-Bomben für den Abwurf bereit machten.

Völlig fassungslos fiel mir in diesem Zusammenhang die unglaublichen Schilderungen von Rafik Schami aus den 1970/80ern ein. Der spätere Doktor der Chemie war vor langer Zeit als junger Mann vor den politischen Wirren  seiner Heimat nach Deutschland geflohen. Er setzte in Heidelberg sein Chemiestudium fort und lernte unsere Sprache dermaßen perfekt, dass seine Romane mit Fug und Recht zu den Meisterwerken deutscher Nachkriegs-Literatur gezählt werden können.

Alle Schami-Romane
bei amazon

Man könnte nach der Lektüre einige seiner Bücher denken, Syrien sei einfach nicht zu retten und Migration ein Schicksal. Doch Schami erkennt selbst im Desaster immer noch einen Weg der Hoffnung.

Was für ein Glück!

rafik-schami.de




















Mittwoch, 17. März 2021

Vom Umtausch ausgeschlossen

 Immer wieder muss ich staunen, wie schnell sich unsere Sprache verändert. Dadurch, dass mittlerweile weniger geschrieben und dafür umso mehr gesprochen wird, klingen selbst Laien, die irgendwo, ohne zu zögern in übertragende Medien hinein sprechen, irgendwie professionell. Einen Einfluss haben da vielleicht auch TV-Formate, in denen der Alltag prolliger Protagonisten wie in einer Sitcom begleitet wird. Das färbt derart auch auf die Sprache der Profis und Politiker ab, dass geschliffene Rhetorik geradezu unangenehm auffällt. Es ist ja auch toll, dass heute jeder, der etwas zu sagen hat, ganz unproblematisch einen Podcast ins Netz stellen kann.

Ich versuche mich mal an ein paar Zeilen, in denen ich besondere Lieblingsworte vor allen der Sport-Kommentatoren zusammen fasse:
Der gestrige Tag war für ihn ein gebrauchter Tag gewesen, weil er nicht liefern konnte. Ein Stück weit hatte er zwar Gas gegeben, aber dann wurde er blau und hatte keine Körner mehr...

So sieht es beispielsweise aus,
wenn Jens Spahn nicht liefert.
Leere Impfzentren: maz-online.de

Wieso sagt einer am heutigen Tag nicht einfach gestern? Und was mache ich mit einem gebrauchten Tag? Kann ich den runderneuern lassen, um ihn wieder zu verwerten. Oder entsorge ich ihn im Endlager alter Floskeln. Ja, und was sollen die denn alle liefern? Wer geliefert haben will, bekommt das doch meist - wie erwartet und  bestellt - von solchen Lieferdiensten wie Amazon oder Zalando. Wenn ich früher blau war, hatte ich deutlich einen sitzen. Wenn Körner in Mengen den Alleinvertretungs-Anspruch bei der Nahrungsaufnahme bilden - wieso wird dann derart gedopt.

Für uns alte Normalos ist ein gebrauchter Tag immer noch besser, als keinen mehr zu haben. Dennoch würde ich manchen Gebrauchten gerne los werden, aber leider sind die ja generell vom Umtausch ausgeschlossen...

Wehe dem, dem immer die Körner ausgehen
Da helfen dann oft nur noch andere Substanzen
Quelle: pxhere.com


Montag, 15. März 2021

Glocken, die niemanden rufen

Quelle: pixabay

 Trotz meiner Agnostik war ich immer voller Respekt vor Gläubigen und der Weise, wie sie ihre Religion ausübten. Und nicht nur das. Zwar war ich nicht so fanatisch wie mein Vater, der jedes berühmte Gotteshausentlang unserer Reiserouten aus architektonischem Interesse aufsuchte, aber die Erhabenheit sakraler Bauten nahm mich auch stets gefangen. Als Neunjähriger stand ich in Istanbul erstmals in der Hagia Sophia und gleich darauf auch in der Sultan Achmed Moschee. Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich meinen allwissenden Vater Löcher in den Bauch gefragt, um heraus zu finden, wieso erstere von den byzantinischen Christen als zunächst größte Kirche der Welt im sechsten Jahrhundert erbaut zur Moschee umfunktioniert wurde. Und wieso an der Hauptmoschee in Mekka ein siebtes Minarett errichtet werden musste, nur weil Achmed seiner Moschee sechs beschert hatte. In jenen Tagen meiner Kindheit wirkte der Laizismus Ata Türks noch nach. Die Hagia Sofia diente da wieder als Museum, und jeder Ungläubige konnte alle Moscheen des Landes besuchen. Die Imame waren sogar stolz darauf, wenn sie uns führten. Seit Erdogan geht das wohl nicht mehr, ohne als Ungläubiger aus dem "Tempel getrieben" zu werden.
Erst Dom, dann Moschee, dann
Museum und unter Erdogan wieder Moschee
quelle: t-online.de

Meine Familie ging nur an Weihnachten in die Kirche. In den Volksschulen von Hamburg wurde nicht gebetet, und einen Religionsunterricht gab  es auch nicht.  Also war der Umzug nach München ein religiöser Schock für mich. In den Klassenzimmern hingen Kruzifixe, es wurde jeden Morgen ein Gebet mit ökumenischem Text gesprochen. Wer brav und fleißig war, bekam eindeutig katholische Bildchen als Auszeichnung. Klar, dass ich nie eines bekam.

Es gab getrennten Religions-Unterricht, bei dem uns aus mehreren Klassen zusammen gewürfelten, evangelische Minderheit ein Vikar aus der Gemeinde streng mit Katechismus auf Spur brachte. Der konfirmierte mich nicht nur, sondern besiegelte gleichermaßen meine Ungläubigkeit (siehe Burgschreiber-Blog).

Er legte später eine regelrechte Kirchen-Karriere hin, aber substanziell verankerte er doch Toleranz in meinem Gewissen. Wenn Vorschriften es später im Fernen Osten verlangten, dass ich für meine Reportagen-Reisen einen einheimischen Fahrer engagieren musste, dann nahm ich Rücksicht auf Gebetsstunden oder Rituale vor dem Start. Ich liebte es, morgens mit den Rufen der Muezzins  zu erwachen oder wenn im Auto auf dem Armaturenbrett ein kleiner Buddha von Räucherstäbchen umwölkt war.

Seit der Kindheit bis heute verschafft mir der vielfältige Klang christlicher Glocken an Sonntagen einen wohligen Schauer von feierliche Erhabenheit, und es macht mich traurig, wenn mir bewusst wird, dass in der Pandemie niemand ihrem Ruf zum Gottesdienst folgt. Im Gegensatz zu Karl Marx und bei all meiner Agnostik erachte ich die bisweilen missbrauchte, soviel Schaden anrichtenden Religionen nicht als "Opium  des Volkes".
So lange sie nicht zur Gewalt ausruft oder gar Gewalt auslöst, sollte sie unbedingt den Ängstlichen und Schutz Suchenden im Glauben Momente des Friedens und der Hoffnung schenken.

Glocken prägen Glauben
- auch im Buddhismus
Quelle: urlaub in thailand.com

Das hat Marx geschrieben:

Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks. Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks.

Freitag, 12. März 2021

Die Schurken-Pandemie

 Die Leute, die sich früher in den Kriegen schadlos gehalten haben und in dieser Not ihre  ohnehin schon großen Vermögen noch vergrößert haben, nannte man Kriegsgewinnler. Diese Spezies scheint nicht ausgestorben zu sein und hat mit ihren "Enkeln im Geiste" in einer eigentlich überwiegend friedlichen Gegenwart im Krieg gegen die Pandemie wieder die Gier ausgepackt. Ich will nicht darüber rätseln, wieso bei staatlich abgesicherter Abnahme und Unterstützung bei der Produktion die einzelnen Impf-Einheiten im Westen so teuer  sein müssen. Aber die Vorschrift, außerhalb der eigenen vier Wände nur einen bestimmten Masken-Typ tragen zu dürfen, kam mir gleich suspekt vor.

Nun sind diese Woche drei Bundestagsabgeordnete der Christlichen zurück getreten. Offenbar hatten sie den Zehn Geboten noch eines hinzu gefügt: Du sollst keinen Profit auslassen!  Oder; Unser täglichen Schwarzgeld gib uns heute!
Wer weiß, was sonst noch alles herauskommt? Fest steht, dass der Bund Betrügern  viele Millionen aufgrund getürkter Anforderungen und Firmen-Identitäten überwiesen hat. Offenbar reichte es unter anderem, sich als Steuerberater auszugeben. Schon floss das Geld auf nicht mehr nachvollziehbare Konten.

Chinas Impfstoff-Diplomatie
beginne zu wirken
Quelle fr.de

Ganz perfide ist es jedoch, wenn unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe Chinesen und Russen - eben  die größten Volks-Diktaturen - mit ihren kaum geprüften billigeren Impfstoffen die Dritte Welt überschwemmen, um sich mehr Einfluss auf diese ohnehin schon gebeutelten Staaten zu sichern.

Die dritte Welle rollt und kommt mit neuen, gefährlicheren Mutationen verblüffend schnell aus Ländern, deren Fallzahlen international während der ersten beiden Schübe kaum für Aufmerksamkeit gesorgt haben.

Ich betätige mich wieder einmal als Weissager: Die bisherigen Schurkereien waren nur die Spitze des Eisberges, was nicht heißen soll, dass ich an Verschwörung denke. Eher an staatlich gewährte Gelegenheiten, die Diebe macht...

Like a Satellite I went everywhere for you
Quelle: wiwo,de


Mittwoch, 10. März 2021

Plötzlich 100 Prozent Hausmann

Irgendwie bin ich ein häuslicher aber nicht sonderlich pfleglicher Mann. Im Zusammenleben mit meiner Fürsorglichen hat sich daher  ein Tagesablauf ergeben, in dem ich ihr nach bestimmten Zeit-Mustern Arbeiten abnehme. In der Pandemie jedoch war sie meist allein für die Außenverhältnisse zuständig. Weil mich das Autofahren in der Stadt wegen der vermeintlichen Einschränkungen meines Reaktionsvermögens zu nervös macht und ich in unserer Tiefgarage klaustrophobische Anfälle beim Rausbugsieren in den Aufzug bekomme überlasse ich es ihr, für unsere Mobilität zu sorgen. Ich bediene den Staubsauger, übernehme gerne das Kochen, das Bettenmachen und gehe auch Einkaufen in den nahen Läden. Unsere Kinder, die Bank und die Ärzte wären aber ohne sie für mich unerreichbar. Öffentliche Verkehrsmittel meide ich bei meinem erhöhten Risiko.

Und jetzt das! In der Nacht zum Samstag stolpert mein Lebens-Mensch im Dunklen über die Teppichkante, prallt mit ihrem Kopf voller Wucht  an die Wand und kracht mit der linken Schulter auf den Boden. Sie bleibt regungslos auf dem Rücken liegen, ist aber gleich wieder ansprechbar und stur wie immer. Sie will wegen Corona nicht, dass ich die Unfallhilfe anrufe und quält sich so durch die Nacht, dass ich am nächsten Morgen doch den wegen des Bereitschafts-Wochenendes übel gelaunten Notarzt rufe. Nach zwei Minuten untersuchen ruft er die Sanitäter, die sie dann zum Röntgen fahren: Die linke Schulter ist gebrochen und eine Gehirnerschütterung wird nicht diagnostiziert. Nach einer Stunde kommt sie mit einem merkwürdigen Gewirr an Klettverschluss-Gurten verschnürt zurück.

Jetzt hat sie gerade mein Sohn zum CT ins nahe Krankenhaus gefahren. Ich vergehe vor Angst, was dabei noch herauskommt, Ich stehe seit dem Sturz derart unter Strom, dass ich am ganzen Körper zittere, weil ich endlich erkannt habe, wie sehr mich meine Frau in einen Kokon der Fürsorglichkeit eingesponnen hat. Ich kann ja nicht einmal eine Waschmaschine bedienen - geschweige denn die ganzen bürokratischen Dinge ohne Nerven-Zusammenbruch erledigen. Wegen der Pandemie kann mir auch aus der Familie keiner helfen. Mindesten drei Monate werde ich meiner Liebe bei scheinbar alltäglichen Automatismen zur Hand gehen müssen. Innerhalb von Sekunden wurde ich nicht nur zum hundertprozentigen Hausmann, sondern auch zur ungeschulten Pflegekraft.

Quelle: gratis.malvorlagen.de

Eine gute Gelegenheit, mal von meiner Seite allen zu danken, die seit Monaten - in der Gefahr, sich selbst anzustecken - Menschen mit ihrer schauderös schlecht bezahlten Fürsorge das Leben erleichtern. Das soll mir Ansporn sein, mich aus der pandemischen Lethargie zu befreien.

Es könnte mitunter jedoch durch die neuen Anforderungen sein, dass ich das publizieren meiner Posts diesem Alltag anpassen muss.

Montag, 8. März 2021

Keine Frage der Ehre


 Ich schreib mal so: So lange ein "Weltfrauentag" im Kalender stehen muss, haben es alle Frauen der Welt leider nicht geschafft, den Männern anerkannt ebenbürtig zu sein. Ganz im Gegenteil, wenn man den gestrigen Tatort-Krimi angeschaut hat und gleich danach auf Quellen-Erforschung ging, muss jeder Mann von Ehre eingestehen, dass die erklärte Frauenfeindlichkeit wieder auf dem Vormarsch ist. 81 Prozent von straffälliger, körperlicher Gewalt ist gegen Frauen gerichtet. Die Dunkelziffer - gerade im Bereich häuslicher Gewalt - die ja in der Pandemie viral geht, lässt einen noch höheren Anteil vermuten.

Die Behandlung der Frau im Islam, respektive durch den sogenannten "Islamischen Staat" macht klar, dass das weibliche Geschlecht nicht nur in der westlichen Welt weiterhin einen globalen Gedenk-Tag  haben muss, damit wir Männer zur Besinnung kommen. Da helfen weder verordnete Frauen-Quoten noch eine Therapie für unser unterschwelliges Denken. Was die Macht der Männer angeht, haben und hatten selbst  Staatsfrauen im Orient und Okzident die "Halbwertzeit" der Frau nicht ernsthaft erhöht. So klagen Frauenrechterinnen auch unsere Kanzlerin an. Merkel habe in ihrer 16jährigen Amtszeit ihr Geschlecht nicht wirklich voran gebracht, Auch die als Eiserne Lady verschriene Margret Thatcher hatte all die Jahre als Premier mehr damit zu tun,  ihr Macho-Kabinett im Griff zu halten, als den Stellenwert ihrer Geschlechtsgenossinnen im Mutterland  der Suffragetten  ernsthaft in Richtung fifty fifty zu erhöhen. Immerhin durfte sie im Bett sterben, was Indira Gandhi und Benazir Bhutto nicht beschieden war, denn sie wurden ermordet... Auf der Insel Grande Comore, die überwiegend islamisch ist, gibt es eine Gesellschaftsform, über die ich bei einer Reportage staunte: Bei  der traditionellen "Grande Mariage" bleibt aller Besitz in weiblicher Hand und geht auch erbrechtlich von Frau zu Frau. Möglicher Weise sind die Frauen dort deshalb von derart statuarisch erhabenen Schönheit.

Frauen auf dem Markt von Moroni
Foto: Claus Deutelmoser

Mit quasi drei Müttern - weil meine Schwestern so viel älter waren - die ihre Erziehungskünste an mir erprobten oder widerwillig auslebten, hätte ich eigentlich einen Fehlstart im "Geschlechter-Kampf" hinlegen müssen. Das verhinderte ein "Fräulein", das immer vehement - angefangen beim eigenen Vater - gegen Diskriminierung ankämpfte und zunächst viel politischer war als ich. Und selbst als Mutter und Hausfrau stritt für Ihre Idee eines festgeschriebenen "Hausfrauen-Gehalts". Das haben wir allerdings durch die Anrechnung der Erziehungsjahre auf die Rente und das Kindergeld bis heute nicht erreicht. 

Weil dieses "Fräulein" mir nach langer Prüfung und Beeinflussung meines Denkens vor bald 50 Jahren ihr Jawort gab, weiß ich, dass die Rolle der Frau per se keine Frage der Ehre ist. Deshalb sollten aus unserer Alltagssprache auch Klischee-Sprüche wie "hinter jedem starken Mann steht eine Frau" oder "sie hat ihren Mann gestanden" genauso schnell verschwinden wie das beim "Fräulein" ja schon längst geschehen ist.

Vielen Dank, dass Du bei all meiner Lasterhaftigkeit immer zu mir gestanden hast- Spatzl

Freitag, 5. März 2021

Keine Dystopie ohne Messias

 Wir bekommen ja  wegen der begrenzten Sendezeit die ganze Wahrheit in Nachrichten und Berichten immer nur als Häppchen. Da hat dann das Internet mal was Gutes, wenn wir bereit sind verschiedene Quellen ausgewogen abzurufen.

Diese Woche habe ich deshalb nach Donald Trumps vollständiger Rede gesucht, die er nach einer Schweigepause in Florida gehalten hat. Was ja sonst nicht geht - ihn im Redefluss zu stoppen - lässt ein Stream eben zu. Zudem kann all sein Posieren in den Gesten eingefroren werden. Daneben einen Fakten-Checker abrufen, und schon lässt sich der Ex-POTUS haarklein zerlegen. Dass er fast in jedem Satz lügt, ist hinlänglich bekannt. Aber mit der Mimik eines erstklassigen Schauspielers verkauft er sie als unwiderlegbar. Im Gegensatz zu Hitler muss er das wohl nicht vor dem Spiegel geprobt haben. Er braucht nur seine erlesenen Auftritte im Heim-Kino abzurufen, und schauen bei welchen Posen und mit welcher Modulation seiner Stimme er die meisten Lacher oder Beifallsbekundungen einheimst. Allein seine selbstverliebten Kunstpausen sind Persiflagen der Rhetorik  Inzwischen bin ich deshalb fest davon überzeugt, dass Trump bei bester Gesundheit weiterhin eine Gefahr nicht nur für die US-Demokratie, sondern auch für den Weltfrieden ist.

Der gutgläubige Genius mit
unendlichem Wissen  und galaktischen
Computer-Kenntnissen: Charlie Rowe
gibt in "Salvation" den Messias

Rein zufällig habe ich bei Netflix quasi parallel die Serie "Salvation" geguckt. Was kann man im Lockdown schon groß sonst unternehmen? Salvation - was übersetzt das Heil bedeutet, kann aber auch im Kontext die Rettung, die Erlösung bis hin zur Seligkeit bedeuten. Bei der Handlung der Serie geht es um die Bedrohung der Erde durch einen Meteoriten: eine Mischung aus Science Fiction und Dystopie, die in Präsidenten-Morden und Verschwörungen samt Überfall auf das Weiße Haus gipfelt und Armee gegen National Garde kämpfen lässt. Die Wissenschaft ist da natürlich ein Büttel der Macht, und es geht vor allem um persönliche Bereicherung, bei der man sich fragt: Wieso überhaut noch, wenn die Erde doch in ein paar Wochen untergeht? Wäre die Story nicht so hirnrissg, man könnte in ihr eine Parabel zu den anstehenden realen Verhältnissen entdecken, ohne einen derartigen Weltuntergang zu befürchten: lügende Präsidenten, skrupellose Milliardäre, abhängige Wissenschaftler aber mittendrin immer "messianische" Gutmenschen, die die Welt allein durch ihre Moral doch noch retten könnten. 

Pustekuchen! Die Serie wurde bereits abgesetzt. Zu deutlich waren wohl die Anspielungen auf den da noch amtierenden Präsidenten - von Fake-News, über Missbrauch der sozialen Medien bis hin zum gewaltsamen "Thronraub" mittels Militärgewalt und Sturm aufs Weiße Haus...


Das amerikanische Denken - das konnte jeder nicht Verblendete bei der Trump-Rede hören und sehen, wird beeinflusst durch solche Machwerke und bestärkt im Glauben, dass Trump ein Messias ist - oder noch deutlicher - dass allein er und die USA befähigt sind, in jeder Dystopie einen rettenden Messias zu generieren. Dadurch bekäme die "Salvation Army" wieder eine neue Bedeutung.

Eine Dystopie ist eine in der Zukunft spielende Erzählung mit negativem Ausgang. In der Literaturwissenschaft spielt sie in einer unethischen Gesellschaftsordnung, deshalb wird eine derartige Fiktion auch Antiutopie, selten auch Kakotopie oder Mätopie genannt. Wikipedia

Keine Perspektive für's Heil in der Dystopie:
Die Heilsarmee ist eindeutig unterbewaffnet
Quelle: amazon


Mittwoch, 3. März 2021

Lagerkoller

 Seit rund fünf Monaten halte ich mich nun tapfer an die Lockdown-Regeln. Obwohl es mir bewusst ist, dass es mir im Kokon des Glashauses an nichts fehlt und es  so auch viel leichter ist,  Ansteckungen zu vermeiden, bekomme ich langsam Probleme mit dieser Situation. Natürlich bin ich überängstlich, seit ich die letzte Grippewelle, die dazu meinen zweiten Infarkt ausgelöst hatte, nur knapp überlebte. Aber bislang konnte ich diese "Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt" (sorry Peter Handtke) mit dem pseudo strukturierten Alltag eines Rentners gut weg stecken.

Gestern rief mich eine Freundin an, und natürlich war die Pandemie unser Hauptgesprächs-Thema. Als ich ihr von meiner Vorahnung zur "dritten Welle" erzählte, meinte sie, ich sei im Gegensatz zu ihr als immer Optimistische ein ewiger Pessimist. Ihr Mann wird der erste aus unserem Freundeskreis sein, der mit dem Impfen an die Reihe kommt. Wir "Siebziger" werden wohl nach neuen Prioritäten ziemlich lange warten müssen, und das wird unseren Wechsel nach Italien erheblich verzögern. Es sei denn Söders Vorschlag mit der Impfung bei den Hausärzten wird in Bayern tatsächlich realisiert.

Dann ist aber da auch noch die Situation in Ligurien. Die Provinz, in der wir zur Hälfte auch leben, wechselt quasi täglich zwischen dem Status Orange (gefährlich) und dem Status Gelb (Erleichterungen sind möglich). Zur Zeit dürfen die Restaurants tagsüber öffnen, müssen aber Abends schließen. Das erzählt mir meine dortige, Schweizer Nachbarin, die nach einem Todesfall samt Haushalts-Auflösung und Verkauf mehrfach ohne Kontrolle über die Grenze fuhr. Tatsächlich aber müssten eigentlich kompliziert Dokumente ausgefüllt werden, die im Zweifel an der Grenze kontrolliert werden.

Quelle: Verkehrsrundschau.de

Die Crux: Europa kann seine Grenzen überhaupt nicht mehr dicht machen. Kontrollen - wie zwischen dem Departement Moselle und dem Saarland oder bei Tschechien und Bayern zerstören nicht nur die in Jahrzehnten gewachsenen, ökonomisch- nachbarschaftlichen Verhältnisse sondern verstoßen auf Dauer auch gegen das Schengener Abkommen.

Die sogenannte "Herden-Immunität" durch Flächen deckende Impfungen wären der probate Weg. Den aber hat zumindest bei uns die Demokratie vorerst einmal ausgebremst. Wenn meine Frau und ich tatsächlich erst kurz vor der Bundestagswahl zum Impfen aufgerufen werden und wir nicht in unsere Zweitheimat dürfen, wäre ein gewaltiger Lagerkoller unvermeidbar. Unterschätzt die betagten Wähler nicht!

Quelle: freepiks.com


Montag, 1. März 2021

Schluss mit dem "Geheimwissen"

Wer immer in den letzten Tagen  wenn auch nur gelegentlich in die unendlichen Talk-Runden zur Pandemie hinein gezappt hat, dem muss doch das aufgefallen sein wie mir. Viele reden viel über  etwas, dessen wahre Ausmaße keinem wirklich bekannt sind.

Buch erschienen
beim Fischer-Verlag

Am Beispiel unseres Gesundheitsministers Jen Spahn wird das  besonders deutlich. Der hat sich wohl das rheinische Credo von Conrad Adenauer ausgeborgt: Wat kümmert misch min dumm Jeschwätz von jestern! Kein Wunder, dass da die Tore für all jene offen stehen, die an einer Verunsicherung der Gesellschaft interessiert sind. In dem Maße, in dem die Leute ihre Religions-Gemeinschaften verlassen, erhöht sich der Zulauf zu Verschwörungstheoretikern. Es ist der krasse Wahnsinn, der da via Internet in Sekunden verbreitet, aber auch geglaubt wird. Seit Savonarola wird angebliches Geheimwissen dazu verwendet, in den Köpfen Unheil-Ahnung zu implantieren. Mit der klaren Erkenntnis, dass das Böse nur besiegt werden kann, wenn wir der jeweiligen Leitfigur blind folgen.

Illuminati-Mythos rund um den
Greenback
Dann gibt es noch die Logen und Geheimbunde, die ihre Ziele und ihr rituelles Tun für sich behalten und deshalb um so mystischer für andere erscheinen. Entweder lebt das dann von Mund-zu-Mund-Propaganda oder bezieht seine Stärke aus elitärer Vernetzung. Historisch wäre das ja noch zu akzeptieren, weil Absolutismus und totalitäre Mächte den Freigeistern das Leben durch  Todesdrohungen schwer machten. In Schillers Bühnenstücken "Die Räuber" oder "Don Karlos" vermuteten die Mächtigen seiner Zeit derart gefährliche Botschaften, dass sie ihn sogar einkerkerten. Da lässt er zum Beispiel Marquis von Posa zu seinem König Philipp II den Satz sagen, der im Verständnis der Eliten wie Revolution klang:
Gehen Sie Europas Königen voran! Ein Federstrich von dieser Hand und neu erschaffen wird die Erde. Geben sie Gedankenfreiheit!

Ich will die sozialen Medien nicht für ihre Gedankenfreiheit tadeln. Eher die User, die ja mit dem gleichen Zugang jeweils einen Fakten-Check durchführen könnten. Aber Leichtgläubigkeit impliziert wohl auch die Faulheit wider besseren Wissens.

Wehe, wenn sie Kapuzen tragen:
Quelle: wikipedia.org

Ich würde gerne allen Klugschwätzern zurufen: Wenn ihr kein noch so bedrohliches Geheimwissen habt, dann haltet zumindest die Klappe, bis ihr von gesicherten Erkenntnissen ausgehen könnt. Nur Wahrheit und Fakten braucht das gemeine Volk!

Die  Ludwig II  treuen Guglmänner sind bis heute
überzeugt, dass der "Kini"
Quelle; SZ
ermordet wurde