Mittwoch, 10. Juni 2020

Hüa-Hormone für den Pimmel-Booster

Kalkutta hatte Mutter Teresa. Unser Familien-Clan hat die auch schon zu Lebzeiten legendäre Tante B.
Wenn meine Frau aus  meiner Sicht die fürsorglichste aller Ehefrauen ist, so nimmt aus dieser Perspektive B den Platz der fürsorglichsten aller Tanten ein. Als Clan-Älteste düst sie mit ihren Sport-Coupè jetzt in nun gelockerten Corona-Zeiten wieder wie immer in der Stadt herum, um ihre Geschwister, Neffen und Nichten sowie die noch verbliebenen Freunde und ehemaligen Kollegen mit Wohltaten zu bedenken. Und wenn es "nur" um die Verteilung überdimensionierter Maikäfer aus Schokolade mit rosa Schleife um den Bauch geht.

Das muss beim heutigen Post einfach vorweg geschickt werden, damit der im Kontext verständlich bleibt. Tante B ist nämlich auch ein Seismograph für Sorgen und Probleme, damit sie sofort mit Hilfe und Lösungen parat stehen kann.

Es war ja so, dass wegen des ursprünglich angedachten italienischen Ganzjahres-Wohnkonzeptes 90 Prozent unseres Mobiliars auf die vier Stockwerke in Italien verteilt wurden. Als die Miet-Nomaden uns zum Verkauf einer Wohnung im Glashaus und zur teuren Renovierung der total verwüsteten Zweiten zwecks Eigenbedarf zwangen, wollten wir nie wieder vermieten.

Die zehn  Prozent eingelagerte Einrichtungsgegenstände reichten aber nicht ganz für einen soliden Wohnsitz in München. Vor allem für die Sessel im Wohnzimmer wählten wir dann - wegen der leeren Kassen - Teile, die zwar stylisch aussahen, aber trotz nur halbjähriger Benutzung schon nach einem halben Jahrzehnt völlig ramponiert aussahen.

Anstatt uns auf die Suche nach Ersatz machen zu müssen, sprang Tante B ein, die in der von ihr allein bewohnten 200qm-Wohnung viele Teile eines antiken Möbel-Schatzes beherbergt. Innerhalb eines Vormittags waren - von ihr allein organisiert - nicht nur die drei maroden Möbel von uns entsorgt, sondern es standen nun zwei gepolsterte, historische Holzsessel mit altersgemäß hoher Lehne und zudem ein riesiger Polster-Sessel in unserem Wohnzimmer. Auf das wie ein Pfefferminz-Bonbon blau und weiß gestreifte Monster war  ich ja schon immer scharf gewesen. Es ist nämlich wie geschaffen für meinen doch "etwas" ausladenden Körper.
Ein "massegeschneiderter"
Hochsitz mit
Schlummer-Potenzial


Als hätte Tante B da schon geahnt, dass sich unser München-Aufenthalt heuer ungewollt verlängern würde...

Was machen zwei Senioren bei erzwungener Corona-Isolation bei nun anhaltendem Regenwetter? Sie suchen nach Entspannung im Fernsehprogramm. Das  besteht aber wegen Corona und der erzwungenen  Dreh-Stops beinahe nur noch aus Wiederholungen oder sich wiederholenden Brennpunkten und Talkrunden. Wenn sie denn wenigstens hochwertige Kino-Klassiker brächten!

Ich kann ja immer auf meinen Computer mit großem Bildschirm und Kopfhörern ins Streaming fliehen, aber mein Frau macht das nicht, obwohl sie sich ja die Streams mit WLAN und Tablet sogar auf den TV-Bildschirm holen könnte. Aber ihr ist das viel zu technisch. Sie schaut lieber zum wiederholten Mal sich wiederholende Folgen ihrer Standard-Sokos an.
Damit wir deshalb nicht ständig auf getrennten Wegen sehen, geselle ich mich am frühen Abend - je nachdem, wer mit Kochen dran ist - zu ihr, lümmel mich in den Gestreiften und tue interessiert. Dann erkenne ich an einer kurzen Szene, dass ich die laufende Folge schon mindestens zweimal (nicht wirklich) gesehen habe, schaue kurz auf die Kreuzung hinunter und döse eigentlich in kürzester Zeit jedesmal weg.

Wie Wimpern sich schön plustern,
beim Pimpen  mit  den Wimpern Boostern
Quelle: L'Oreal
Bei den während der Sokos immer gleichen, auf die betagten Zuseher ausgerichteten Werbe-Blöcken, tue ich dann so, als schreckte ich auf, und bringe dann aber leider auch immer den sich wiederholenden "Verhörhammer":
"Was? Hüa-Hormone für meinen Pimmel-Booster? Die brauche ich ganz, ganz dringend!"
Und die Frau schräg hinter mir spielt mit dem Ton der mitfühlenden Werbe-Gattin eingespielt die Genervte:
"Hyaluron für den Wimpern-Booster! Natürlich  kann man das schon mal vergessen..."
Pause: " - du alter, dementer Trottel!"

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