Weil ich dann meisten wusste, was ich bekam, war ich weder enttäuscht noch überrascht und konnte auf mein früh ausgeprägtes Schauspieltalent zurück greifen, um geradezu heiligmäßig zu reagieren.
Dennoch war das Weihnachten in dieser Agnostiker-Familie immer sehr feierlich und besonders. Sogar in die Kirche sind wir bis ins Teenager-Alter mit unseren Eltern gegangen. Dieses Ritual habe ich beibehalten, als ich dann selbst Familie hatte. Das lag vor allem daran, dass meine Tochter an Heiligabend geboren wurde.
Meine beiden Kinder wurden mit der vollen Weihnachtsdröhnung versorgt, und in religiöser Vielfalt informiert, dennoch zogen sie es vor, ohne Glaubensbekenntnis zu bleiben. Aber kunstvolle Wunschzettel an das Christkind haben sie dennoch verfasst.
Ich habe ihnen dann auch ab dem Schuleintritt eigens Weihnachtsgeschichten aus der Zukunft geschrieben. Wenn ich mich recht erinnere waren die genauso wichtig wie die Geschenke, bei denen sie im Gegensatz zu mir nicht schauspielern mussten, wenn es ihnen nicht gefiel oder ein Wunsch nicht erfüllt wurde. Klar, dass sich die Enttäuschungen manchmal auf die Schenkenden übertrug, aber das hielt nie lange an.
Ich habe mir viele Wünsche selbst erfüllen können. Dafür bin ich dem Schicksal dankbar. Aber im Alter bin ich dennoch nicht wunschlos glücklich, weil ich mit diesem Abstand erkenne, wie viele Werte ich unnütz verpulvert habe, nur weil ich haben wollte.
Ein verstorbener Freund hat mir kurz vor seinem Tod folgendes gesagt:
"Du wirst erstaunt sein, wie wenig du dir im Alter noch wünschst und wie viel dich dennoch glücklich machen wird!"
Er hat allerdings nicht mehr mitbekommen, wie sehr die Welt in individueller Gewalt, Hass und Krieg versinkt, und welche Angst man dann um die Zukunft seiner Kinder hat.
Deshalb schreibe ich jetzt doch noch einen Wunschzettel. Darauf steht::
"Gebt endlich Frieden!!!"
Leider weiß ich nicht, wohin ich ihn schicken soll...
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