Die einfachste Antwort auf die typische Frage von Sport-Journalisten "woran hat's denn gelegen?" war eigentlich immer die Feststellung: Die anderen waren eben doch besser gewesen...
Heute, bei der nahezu mikroskopischen Übertragung jeder einzelnen Schlüssel-Szene, gerät der Berichterstatter natürlich nicht nur ins Hintertreffen, sondern auch in Erklärungsnotstand, weil der ja eröffnet, dass außer dem hoffnungsfrohen Pathos kaum ein Standpunkt für die objektive Betrachtungsweise übrig geblieben ist.
Sie können einem wirklich leid tun die Kollegen; die schreibenden, weil sie mit ihren Texten selbst online immer hinterher dackeln und die übertragenden, weil sie im Falle einer Niederlage unmittelbar mit ihren Vorhersagen scheitern. Was ja häufiger der Fall ist, als mit Prognosen ins Schwarze zu treffen.
Wieso haben sie sich dann dazu verleiten lassen, ihre objektive Betrachtungsweise für das nationalpatriotische Einpeitschen aufzugeben? Athleten noch als aussichtsreiche Medaillen-Kandidaten hoch zu jubeln, wenn deren Vorleistungen solche Einschätzungen gar nicht erst hergeben. Dass auf die Sekunde programmierte Spitzensportler kaum mehr in Einzelsportarten zu Überraschungen über sich hinauswachsen können, ist doch irgendwie logisch.
There is no business like Showbusiness: Egal ob Olympia oder Weltmeisterschaften - die Berichterstattung soll heute den Stolz auf die Nation stärken, was in globalisierten Multikulti-Gesellschaften auch zum Teil komische Züge annehmen kann.
Ich erinnere mich immer noch gerne an den Rundfunk-Dauerbrenner von Reporter-Legende Edi Finger, als Österreichs Hans Krankl im argentinischen Cordoba Deutschland 1978 aus allen Weltmeisterschaftsträumen schoss. Was haben wir uns noch über den nationalen Pathos unseres Kollegen lustig gemacht. Heute ist er Standard, und kritische Distanz stört dabei nur: Ob damals vor blutiger Militär-Diktatur oder heute als olympische Huldigung für das Menschen-Rechte verachtende Putin-System.- Hauptsache schöne Spiele!
Jetzt könnte man ja bissig sein, und ableiten , dass die Farbe zumindest dreier Olympischer Ringe die Betrachtung in Schwarz, Rot und Gelb ja geradezu vorgibt, aber der Zynismus bleibt einem bei diesem programmierten National-Stolz doch im Hals stecken.
Gestern habe ich mir - der sportlichen Abwechslung halber - das wirklich tolle Spiel des FC Bayern gegen Arsenal angeschaut, und auch da über den Lokal-Patriotismus des Kommentators mit ungarischen Wurzeln gestaunt. Denn puristisch betrachtet standen sich ja in beiden Mannschaften nahmhafte Teile der DFB-Auswahl gegenüber, die von National-Spielern aus aller Welt ergänzt wurden. Was ist an den "Gunners" noch "very british"? Und an den Bayern sind es meist nur Philipp Lahm und der Schweinsteiger Basti, denen wirklich standesgemäß die "Lederhosen" von anderen Söldner-Truppen beim Heimspiel ausgezogen werden könnten.
Denn das ist es: Wir schließen oft Söldner - oder gar Gladiatoren - in unsere patriotischen Herzen. So durch die schwarzrotgoldene Brille betrachtet ist Olympia vielleicht doch noch ein letztes Seelen-Refugium...
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