Sonntag, 27. August 2023

Anamnese

 Von Schicksalsschlägen im bisherigen Leben weitestgehend verschont, hat es mich auf der Zielgeraden heftigst erwischt. Ausgerechnet zu einer Zeit da meine Blogs - selbst vom Handy gepostet, die höchsten Zugriffszahlen ever erreicht haben, wurde ich in die Zwangspause geschickt - von mir selbst!

Eine zehntel Sekunde Unaufmerksamkeit raubten mir den Rest dieses Jahres: Das in Sanremo eingesetzte Hüftgelenk musste wegen Keim-Befall nun in München wieder entfernt werden. Mit einem "Provisorium" warte ich vier Wochen zuhause - liebevoll von der Fürsorglichsten bemuttert - auf die nunmehr dritte OP.

Wenn alles gut geht und die Reha anschlägt, bedeutet das besten Falles, dass ich mich an Weihnahten - nun mit einer kompletten Hüfte - wieder einigermaßen befreit bewegen kann. Ob ich den enormen Muskelschwund aber jemals wieder werde ausgleichen können, steht in den Sternen.

Wenn überhaupt werden meine Posts bis dahin eher sporadisch erscheinen. Meine Hoffnung ist, dass ich meine Leser wieder zurück gewinnen kann und mein tapferes Durchhalten damit belohnt wird. Also teilt bitte auch ein paar von den gelungenen Texten aus dem letzte Jahrzehnt. Hatten ja nicht alle einen aktuellen Bezug.

Immerhin habe ich für zwei der "Handy-Briefe" die Fotos nahgeliefert: "Postpandemisches Prädikat" und "Glut-Hochzeit"...


Wozu es gut ist, dass man die Implantate zur Erinnerung ausgehändigt bekommt, verschließt sich mir bei der kaum zu verfolgenden Keim-Lage in den Krankenhäusern. Schuld nachzuweisen ist da ja unmöglich.
Vermutlich werde ich eines meiner wenig beachteten Kunstwerke daraus gestalten können. Denkbarer Titel:
"Ossobuco metallico"


Donnerstag, 17. August 2023

Intensiver Blick auf unsere Gesellschaft der Zukunft

 So lange ich dem Griff der Notfall-Medizin nicht entkomme, kann ich Steine fürs Glashaus ja nur sammeln. Deshalb kommen meine Posts auch nur sporadisch. Noch immer hoffe ich, die regelmäßigen Veröffentlichungen wenigstens wie alle Jahre wieder bis Oktober aufnehmen zu können.

Soll aber nicht heißen, dass mir im geschlossenen Kreis der medizinischen Versorgung nicht  Gedanken kommen, die ich gerne teilen möchte.

Das Wochenende verbrachte ich nach dem postoperativen Aufwachen auf der Intensiv-Station.

Das umsichtige, fürsorgliche Personal setzte sich wie folgt zusammen: Die Reinigungskraft aus Slowenien, meine beiden Pfleger/innen aus  Österreich beziehungsweise Rumänien. Die Assistenzärztin chinesisch und der Stationschef aus Skandinavien. Deutsch waren nur die beiden MTAs. 

Mein Bett fuhren ein Slowake und ein Rumäne hin und her. Letzterer bestand darauf  ein Siebenbürgener Sachse aus Brasov also Kronstadt zu sein. Die Sprache der Kommunikation war ein auf Verständigung reduziertes sehr rudimentäres Deutsch mit einem Höchstmaß an Kollegialität.

Seither beschäftigt mich die Vision, dass die Intensivstation eine Art Mini-modell für ein paneuropäisches Miteinander sein könnte, das uns entgegen allen Ressentiments aus dem gegenwärtigen gesellschaftlichen Chaos führen könnte...

Donnerstag, 10. August 2023

Zu selten wird ein Saulus zum Paulus

 Schon komisch, was mir durch den traumatisierten Kopf schießt, während ich wie ein Maikäfer auf dem Rücken zapple und darauf warte, dass tückische Keime, die mich immer noch in der Klinik halten, meinen Körper verlassen.

Von wegen Rücken: Noch nie habe ich darüber nachgedacht, dass ich, der Seitschläfer, durch diese erzwungene Lage in ein Schlaf-Defizit geriete, welches mein Denken derart zwanghaft macht. Alle Gurustunden in Meditation, die ich im Himalaja verbracht habe, hatten oft genug geholfen. Aber jetzt helfen sie mir nicht, weil jede Nacht entgeisterte Namen und Gesichter durch meine Gedanken Spuken. Hat mein Kopf beim Sturz vielleicht doch etwas abbekommen?

Ich darf meine Leserinnen und Leser beruhigen. Es ist einfach so, dass ich noch nie in meinem Leben soviel Zeit zum Nachdenken gehabt habe. Ich warte dennoch vergebens auf einen Anfall von  Demut. Es steigert sich eher die Wut auf meine Trotteligkeit. Ich wünschte, aus mir würde in dieser Beziehung ein Saulus, der sich komplett in einen Paulus verwandelte. Aber wer wirft dann die Steine, wenn ich zurück im Glashaus bin?

Dukt euch Söder und Aiwanger!

Montag, 7. August 2023

Ehrenamtlich!

 Manchmal sagt einer Dinge, die ihm Jahre später wie ein Boomerang hart am Kopf treffen...

Jung und teilweise extrem arrogant wie ich einst war, wies ich überwiegend ehrenamtlich geführte Auftraggeber im Hinblick auf meine Honorare darauf hin, dass ich eben für Ehrenämter gar nicht tauge.

Aber dann kam es vergangenen Donnerstag so, dass mich das Schicksal mit einem einst für die NATO arbeitenden Kriminalbeamten aus Bozen und einem pensionierten Profi-Busfahrer in einem kleinen, aber perfekt funktionellen Ambulanz-wagen zusammenpferchte. Die beiden waren in der Nacht aus Notditalien nach Sanremo gedüst, um einen postoperativ gestrandeten Deutschen im Auftrag des ADAC in die Heimat zu überführen. Und dann mussten sie auch noch warten, weil niemand den Patienten in den Münchner Kliniken haben wollte.

Waren die beiden "Grauen Panter" deshalb genervt? Charmant, fürsorglich und behutsam nahmen sie mir die Angst vor diesem Höllenritt durch die unendlichen LKW-Schlangen.

Ab Sanremo 9 Uhr 40, an bei den Barmherzigen Brüdern 19 Uhr 40. Zehn Stunden bei über 800 Kilometern über die Brenner-Route und drei Routine-Stops samt Fahrerwechsel. Das machen die 6Beiden dreimal pro Woche  ehrenamtlich!

Grazie Ragazzi!

In der Nacht waren sie dann selbst  wieder daheim.