Sonntag, 8. März 2015

Vom Saulus zum Paulus

Eigentlich sollte in diesem Blog ja von Geschehnissen in diesem Multi-Kulti-Viertel, allenfalls aber von Weltbewegendem geschrieben werden, das Einfluss auf unser tägliches Leben hier hat. Ich selbst wollte mich da eigentlich raushalten, Aber jetzt ist es eben so, dass ich für Geschriebenes Abbitte leisten muss:

Hiermit verspreche ich, nie wieder die breite Berichterstattung über die alljährliche Grippe-Welle als Medien-Spiel der Pharma-Mittelchen-Hersteller zu diskreditieren. Weil ich dadurch nämlich auch all diejenigen verunglimpft habe, die in diesen Wochen ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit Dienst an vorderster Front für die Allgemeinheit leisten.

Es ist keine Schande durch Erfahrungen am eigenen Leib vom Saulus zum Paulus zu werden, Es wirkt nur hoffentlich nachhaltiger.

Vergangenen Montag habe ich mich ein wenig über die Grippe-Hysterie lustig gemacht, und die Strafe folgte unmittelbar: Alle Symptome erwischten mich in einer Heftigkeit, die ich nach dem schwachen Beginn gar nicht mehr für möglich gehalten hatte. In der Telefon-Sprechstunde meines Hausarztes am Mittwoch klang dann schon Besorgnis an, weil schweres Erbrechen hinzukam. Er riet, bei steigendem Fieber sofort ins Krankenhaus zu gehen. Der Notarzt, den ich zwischenzeitlich erbeten hatte, kam dick maskiert und sehr verspätet, weil er ständig neue Notfälle per Handy aufgebrummt bekam.

Wenn er besorgt war oder Stress hatte, konnte man das nicht erkennen. Er holte mich mit entspannter Plauderei während der Untersuchung herunter, riet aber ebenfalls zum Krankenhaus.

Wegen einer Grippe ins Krankenhaus? Das ist nur etwas für Weicheier. Aber da war der Inhalt meines Eierkopfes schon Sabayone und bewegte sich schaumig im Nirwana herum.

Als die "Zweitbeste" endlich auf mein Bitten den Rettungsdienst alarmiert hatte, wurde es schon derart dramatisch, dass nicht nur die zierliche Notärztin, sondern auch vier bullenstarke Feuerwehrleute unser kleines Schlafzimmer stürmten. Was ich noch mitbekam, war, dass alle überaus freundlich und gut gelaunt erschienen.

Den Rest erzählte mir dann meine Frau, weil ich bei über 40 Fieber- vielleicht glücklicher Weise - alles nur noch im Nebel mitbekam. Jedenfalls war wegen meiner Grippe die Nebenstraße vor unserem Schlafzimmer gesperrt worden. Ein Leiterwagen fuhr die Plattform bis zu unserem Fenster im vierten Stock, während die Fünf mich mit Schläuchen versehen und nur mit T-Shirt und Unterhose bekleidet auf eine geheizte Bare wuchteten und an die herein gefahrene Halterung hängten. Ab ging es nach draußen und nach unten, wo der auf Nachgar-Temperatur vorgeheizte Rettungswagen sofort durchstartete.

Die Nachtschicht im Rotkreuz-Krankenhaus, in dem ich einst, als es noch nicht so schön renoviert war, meinen Ersatzdienst abgeleistet hatte - genau so entspannt und gut gelaunt hinter ihren Masken.

Ich solle mir nur keine Sorgen machen. Das werde schon wieder. Standarduntersuchungen, eine Nacht lang Infusionen in einem Quarantäne-Zimmer.

Die zwei Maskierten Ärzte fassten am Nächsten Morgen zusammen, dass der virale Befall und die leichte Lungenentzündung nichts seien, was man nicht mit viel Ruhe, Trinken und Salzstangen  zuhause auskurieren könne...

Sorry, all ihr lieben Maskierten! Ich hätte euch mein Dankeschön schon gerne persönlich ins Gesicht gesagt. - Und meine Entschuldigung, dass ich so viele Menschen für eine blöde, kleine Grippe um die Nachtruhe gebracht habe...

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