Mittwoch, 18. Februar 2015

Aschenkreuz und Feinkost-Fische

Das laute Geplärre am sogenannten politischen Aschermittwoch übertönt , dass eigentlich heute eine Zeit der inneren Besinnung, Mäßigung und Zurückhaltung beginnen sollte.

Die einst allerkatholischste Zweitbeste ist am Aschermittwoch früher sogar in die Kirche gegangen, um sich von Hochwürden eigens ein Aschenkreuz auf der Stirn abzuholen. 40 Tage lang gab es in ihrer Familie zunächst kein Fleisch oder an Freitagen in jedem Falle Fisch - bis das strenge Fasten von den Kirchenfürsten aufgehoben wurde. Ich bin an einem Aschermittwoch geboren und begriff das allein dadurch, dass die Geburtstagspartys nur in Ausnahmen kostümiert gefeiert werden durften. Einmal hat meine ehemals katholische Mutter eigens dafür die Regeln gebrochen und für die überwiegend amerikanischen Nachbarskinder noch nach dem Kehraus ein Kostümfest ausgerichtet. War wohl eine lässliche Sünde - weder sie noch ich sind vom Blitz aus heiterem Himmel getroffen worden.

Und siehe da - kaum ist der Zwang weg, wird nicht nur das Fasten, sondern vor allem auch das kultige Fisch-Essen zum Thema. Angeblich sollen heute bis zu 60 Prozent der Bayern mit Fasten(-Vorsätzen) beginnen. Aber vorher lässt die Münchner Schickeria natürlich bei "traditionellen Fischessen" nochmal ordentlich die Champagner-Korken knallen. Wer in den angesagte Gastronomie-Betrieben - wie beispielsweise dem Franziskaner - mitessen möchte, ist so wichtig, dass er an einen der jahrelang vorbestellten Tische geladen wird. Wer nicht mehr dazu gehört, oder Zoff mit dem jeweiligen Wirt hat, steht am nächsten Tag als Loser in den Klatschspalten des Boulevards - als sei ihm ein verdienter Oscar vorenthalten worden.

Für die "Net-Dabeis" oder, jenen, denen die Qualität des Essens wichtiger ist als die der Mitesser, erweist sich der Selbstläufer-Effekt bei weniger prominenten Wirtshäusern als kulinarische Bereicherung.

Die Zweitbeste und ich waren heute im "Alten Wirt" von Forstenried, einem Gasthof, auf den das Prädikat "gut bürgerlich" zutrifft. Die Zweitbeste hatte eine Kürbissuppe und danach eine Scholle Finkenwerder Art, ich ein Lachstartar und anschließend einen Teller mit Edelfisch-Filets. Dazu einen wirklich guten, offenen Luganer.Um es vorweg zu sagen: So gut habe ich im Franziskaner noch nie gegessen - vor allen Dingen, weil einem dort beim arroganten Service manche Gräte gar symbolisch im Hals stecken bleibt.

Es geht also auch ohne Vorbestellung und gesellschaftliches Brimborium.

Die einzige Nachlässigkeit, war, dass wir scheinbar Wassertiere mit einjähriger Lagerung als "Fisch-Essen 2014" angeboten bekamen. - Was natürlich nur  ein Überschreibungsfehler bei der Computer-Gestaltung der Karte war; der Fisch erwies sich als frischissimo...

Auf der Heimfahrt lief eine brandaktuelle Sendung auf B3, in der wichtige Leute zu ihrer Art des Fastens befragt wurden. Bei den Aussagen dominierte das Wort "weniger": Also weniger Alkohol, weniger Rauchen, weniger Schokolade, weniger Sex... Also nix Kasteiung! Allein der gute Vorsatz zählt!

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