Wie komme ich also auf dieses Thema? Schon im vergangenen Jahr verweigerte ich in der Pandemie die Bartpflege. Und das, obwohl ich seit Jahrzehnten einen verlässlichen Bart-Trimmer habe. Um ehrlich zu sein, wollte ich - einmal weg geschlossen - wissen wie ich mit längerem Bart aussehe. Tatsächlich habe ich meinen "normalen" Bart seit der Hochzeit nur einmal im Urlaub als Experiment ganz abgenommen. Die Reaktion meiner Kinder: "Pappi! Du siehst aus wie ein Nilpferd-Baby."
Das war es dann ein für alle Mal! Was Nicht-Bartträger kaum wissen: Die permanente, eigene Bartpflege ist stets aufwendiger als die morgendliche Rasur ohne. Ich hätte mich wohl auch experimentell auf die Drei-Tage-Bart-Mode eingelassen, sähen sich die Männer um die dreißig damit heute nicht so zum Verwechseln ähnlich. Mitunter glaubte ich - als es noch Partys gab - ich litte an Propopagnosie (Gesichtsblindheit) wie Hollywood-Star Brad Pitt.
Ich denke - gerade in der Weihnachtszeit - bin ich unverwechselbar. Aber auch das stimmt nicht. Wieso sollte mir sonst beinahe jeder auf den Märkten in meiner italienischen Zweitheimat "Babbo Natale" nachrufen; und das auch im Hochsommer!Das fehlt mir gerade noch! Diese Rolle erinnert mich nämlich an schmerzhaft verschwitztes Scheitern. Bei einer Nikolaus-Party hatte mich meine Frau genötigt, trotz eigenen Bartes, so eine Glaswolle-Behaarung unter die Zipfelmütze vors Gesicht zu binden. Der Garten war frisch verschneit (das gab es da noch), und so konnte ich die Illusion erzeugen, ich sei wie aus dem Nichts vor dem Veranda-Fenster aufgetaucht. Mit großem Hohoho und Gepolter kam ich also verschneit herein und starrte in ehrfürchtige Kindergesichter. Bis auf eines. Mein gerade sechsjähriger Sohn krähte beim ersten Blick auf meine Stiefel: "Das ist ja der Pappi!" Schwitzend mit Schnapp-Atmung und Juckreiz bis zum Hals hinunter brachte ich diese Premiere auf immer zu Ende.
Gegenwärtig wäre mein Bart lang genug, um zu schwören. Aber ich tu es nicht.
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