Donnerstag, 26. November 2015

Triple A

Manchmal kommt mir die Börse so vor wie das sprichwörtliche Ejakulat des Gehenkten, Je mehr Menschen es schlecht geht, desto mehr steigen die Kurse. Alle warnen vor einem Mega-Crash und einer neuerliche Finanzkrise wie vor acht Jahren. Für ein Maximum an Ablenkung ist ja durch die lodernden Feuer in Nahost, Arabien und Afrika gesorgt.

Mittendrin im Manipulations-Netz der Märkte hocken die Rating-Agenturen und vergeben ihre Einschätzung in Noten. Die Höchstnote für ein Daten-Konglomerat aus Staatsverschuldung, Brutto-Sozialprodukt, Aktien-Werten und Impulsen für die Weltweite Finanzpolitik ist AAA oder auch Triple A genannt.

Da die letztlich verbliebenen Triple A-Länder alle in Zentral-Europa liegen und gewissermaßen von Deutschland angeführt werden, darf es nicht wundern, dass alle Flüchtlinge und Asylanten genau hier hin wollen.

Verschwörungstheoretiker ziehen jetzt Zeitpunkt und Menge, sowie die jeweilige Gesetzgebung der Staaten mit ins Kalkül und sehen darin einen bewussten Akt der Destabilisierung. Mag sein, dass die EU manchen Macht-Manipulatoren zu mächtig geworden ist, aber wer wäre denn bereit, einigermaßen funktionierende Systeme in ihrer Harmonie derart zu stören?

Das geht tatsächlich ganz leicht, wie ich im engsten Familien-Kreis kürzlich erfahren musste, als meine Frau und ich die vierzig Jahre unserer Ehe mit den Kindern feierten. Meine Frau liest ja meine Posts nicht, weiß aber durch Zuflüsterung, dass ich sie dort die "Zweitbeste" nenne und mich gelegentlich liebevoll über sie lustig mache.

Das war nun Anlass für das Familien-Rating den Status unseres Oberhauptes neu definiert haben zu wollen. Wieso nur "Zweitbeste", wo doch die "Beste von allen" längst tot sei? Wieso sich der Status in all den Jahren kein bisschen verändert hätte?

Die Gegenwehr, wieso die Kinder die Blogs - wie vor Jahren versprochen - für ihre Mutter nicht ausgedruckt hätten, ließen sie nicht gelten, obwohl das ja die Harmlosigkeit dokumentiert hätte...

Für das Ausharren mit mir, die liebevollen Annehmlichkeiten und die Aufopferung für die Familie müsste sie doch längst die "aller, aller Allerbeste" genannt werden...

Das ist doch viel zu Sperrig zum Schreiben, entgegnete ich. Da könnte ich sie ja gleich "Triple A" nennen.

Ja, wieso eigentlich nicht?
Auszeichnung per Akklamation!
So wird Politik gemacht!
Die "Zweitbeste" ist ab sofort - der Abkürzungsmode folgend - "TA".

Montag, 23. November 2015

Wie die Alten sungen...

... so zwitschern auch die Jungen. Ob Johann Wolfgang von Goethe in seinem zeitkritischen Gedicht den Volksspruch aufgenommen oder dass seine Zeilen zur Redewendung wurden, sei dahin gestellt.
Er meinte es sicher nicht biedermeierlich verkitscht, sondern gesellschaftskritisch. Dass die Kids sich in jener Zeit des Wohlseins so verhielten, wie es ihnen die Eltern vorlebten, erschien dem dichtenden Politiker ein Zeichen für den gesellschaftlichen Stillstand vor der Revolution 1848.

Vielleicht müssen die übrig gebliebenen Geschichtsschreiber das letzte Jahrzehnt des 20. Jahrhundert ja auch als "Vormärz" für eine dramatische Entwicklung der Welt seit 2001 sehen. Allerdings ist den "Kindern" diesmal angepasstes Verhalten nicht vorzuwerfen, weil sie im Eiltempo der IT-Entwicklung immer "up to date" sein müssen. Heute hieße der goethische Spruch vermutlich:

Wie die Alten smsten, twittern nur die Dümmsten.

Die erste Anwender-Generation hinkt trotz ernsten Bemühens derart hinter der ihrer Kinder her, dass zum Altern auch zusätzlich noch das Gefühl der Ausgrenzung und der technologischen Überforderung kommt.

Gestern hat mein Sohn mit seinem engsten Freundeskreis seinen 34. Geburtstag bei uns mit einem Brunch gefeiert. Bis auf eine Psychologin waren sonst alle mehr oder weniger mit IT oder technologischer Zukunft beschäftigt. Einer ist sogar "Entwicklungshelfer" für E-Autos.

Als ich in einer Atempause der vielstimmigen Unterhaltung fragte, wie ich den Terror einer bestimmten Gruppen-App, die sich mitsamt dem Handy meiner bemächtigt hatte, wieder los würde, kam als Antwort, dass sie eh bald schon nicht mehr benützt werde.

Und weil sie nicht über mich lachen wollten, suchten sie auf ihren Smartphones unter Classic den Klingelton "Enten-Geschnatter". Geräuschemäßig verwandelte sich  unser kleines Appartement flugs in einen vielstimmigen Enten-Teich.

Jetzt könnte ich daraus fahrlässig ableiten, dass die  Menschen, die die "Zweitbeste" und ich beim Heranwachsen begleitet haben, ihr kindliches Gemüt pflegen. Aber da sie zuvor ernsthaft über die terroristische Bedrohung diskutiert haben, erscheint mir diese Unbekümmertheit eher wie ein Schutz-Mechanismus. Es kann ja auch kein Zufall sein, dass die Mittdreißigerinnen - ohne sich eigens abgesprochen zu haben - in den nächsten Monaten aus einer gesicherten Lebenssituation Kinder in die Welt setzen...

Ein kleiner Streit mit meiner ebenfalls schwangeren Tochter, öffnete mir dann zusätzlich die Augen:
Diese Generation scheint im Sinne von Sartre existenzialistischer zu sein, als es von uns intellektuell jemals verlangt wurde:

Carpe diem - im Jetzt und Hier!

Freitag, 20. November 2015

Feigheit vor dem Feind?

Die Mächtigen tun sich leicht,  die Angst ihrer Untertanen als Feigheit zu brandmarken. Selten in der Geschichte standen sie bei siegreichen Schlachten, die ihren Namen immer noch tragen, an vorderster Front. Die, die ihr Leben ließen, wurden nur in einen kurzlebigen Helden-Stand erhoben.

Es gab zu dem mit schlotternden Beinen entgegen zu gehenden Tod ja gar keine Alternative. Die Kriegs-Gesetzgebung nahm ihnen ja auch bei Verweigerung das Leben. Ein System, das der Westen nun mit seinen überwiegend aus Freiwilligen bestehenden Berufsarmeen hinter sich gelassen hat. Wer das Soldatentum als Beruf gewählt hat, darf Angst haben, aber möglichst nicht feige sein. Er muss nicht nur dem Tod ins Auge sehen (soweit das bei der modernen Bewaffnung überhaupt noch geht), sondern mit seinem Töten zurecht kommen.

Als unsere Großväter und Väter aus dem Krieg heim kamen, sah das Volk nur ihre äußeren Verletzungen.und überließ die Heilung ihrer Seelen als kollaterale Schäden den Opfern. Seit Vietnam und Afghanistan ist die Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) eine im Volk bewusste Kriegsverletzung, die reichlich in Filmen thematisiert wird.

Mitläufer oder Widerständler
sind im Gegenlicht
kaum zu unterscheiden
Jetzt überschwemmt uns aber eine mit mittelalterlichen Gedankengut angetriebene Terror-Welle. Wir sind auf diesen regellosen Krieg nicht eingestellt, der längst überwundene Barbareien wieder hervorholt.

Die japanischen Selbstmord-Flieger, teils noch im Teenager-Alter und nur wenige Manöver fliegen könnend, waren nicht alle Freiwillige - wie posthum behauptet wird. Der "prophetisch verehrte" Ayatollah Khomeini schickte im Krieg gegen den Irak Kinder vor die Front, die die Minen los traten.

Wer sagt uns denn, ob all die Träger von Sprengstoff-Westen freiwillig in den Terror gehen. Das behauptet doch nur deren Propaganda.Die haben ja gar nicht die Wahl zwischen Angst und Feigheit.

Seit es Schwerter gibt, funktioniert doch der Druck. Wenn neben dir einer geköpft wird, weil er nicht feige war, sondern nicht mitmachen wollte, überlegst du dir zweimal, ob du nicht doch besser mit läufst. Und wenn der Erhabene eines deiner Kinder auswählt, um einen Sprengstoff-Anschlag auf den Feind zu verüben, möchtest du dann nicht wenigstens den Rest der Familie retten?

Keiner weiß genau, welcher Prozentsatz des sogenannten IS wirklich aus überzeugten Fanatikern besteht, aber genau das macht ihn so gefährlich. Denken wir nur an unsere eigene Geschichte...

Jetzt steht unserer sieben Jahrzehnte vom Krieg verschonter, ehemaligen Kriegstreiber-Nation dieser regellose Krieg vor der Haustür, und die Live-Übertragungen des Häuserkampfes flimmern in unsere Wohnzimmer. Das angst Machen funktioniert immer noch, und wir dürfen auch Angst haben. Aber wie feige werden wir letztlich sein?

Wenn ich mir selbst diese Frage stelle, merke ich erst, was ich für ein Feigling bin.


Dienstag, 17. November 2015

Pharisäer-Philosophie

O Gott! Allah! O mani padme hum! Manitu! Und all die möglichen anderen Götter, die über diese Welt wachen!
Wenn ich als aufgeklärter, polyhistorisch denkender Agnostiker den höheren Mächten dafür danke, dass ich annähernd sieben Jahrzehnte gelebt habe wie die Made im Speck, ohne, von Schrecknissen oder verirrten Kugeln heim gesucht worden zu sein - ist das dann Blasphemie? Oder bin ich dann ein Pharisäer, weil ich dankbar dafür bin, dass ich nicht leiden muss, wie jene dort?

Gestern sprach ein junger Mann im Fernsehen, dem es gelungen war, sich aus den Fängen der extremistischen IS-Anwerber zu befreien. Ein Student an einer deutschen Hochschule, dem man mit religiösem Wahn nahezu das Gehirn im Schleudergang gewaschen hatte.

Das Perverse daran - die Mechanismen waren geklaut vom Erzfeind. Von der urjüdischen Glaubensgemeinschaft der Pharisäer, die sich einst für die alleinigen Vordenker der Religion hielten. Auf ebenso kuriosen Umwegen gelangte ein umgekehrtes Pharisäertum durch den Tadel des Messias auch in die christliche Überlieferung:"Herr ich danke dir, dass ich nicht bin wie die anderen "(Lk 18,41).

Also das Opfer wurde mit großer Zuneigung und Anerkennung in der Gruppe geködert, und dann immer mehr in deren Zwang hinein gezogen: "Du kannst doch hier nicht im Appartement wohnen, während unsere wahren Brüder in Zelten unter dem Bomben-Hagel schmachten. Wir müssen etwas tun, weil allein wir im Besitz der Wahrheit sind. Und wir werden belohnt werden, indem wir durch die Vernichtung der Ungläubigen in die höchste Stufe des Paradieses gelangen.

Die massenhaft willigen Jungfrauen dortselbst, die man ihm versprach, möchte ich gar nicht erst erwähnen, weil die Behandlung der Frauen auf Erden im Islam schon entlarvend genug ist. Ein Paradies, das mit Sex-Sklavinnen versorgt wird, die der sogenannte IS von den Kurden und Jesiden entführt hat?

Wenn der sogenannte IS also auf unserem Planeten der einzig legitime Sachwalter des rechten Glaubens ist, dann wird auch klar, weshalb er scheitern muss - mit seinem totalen Verzicht, auf Freude und Spaß.

Jeder Aktion steht eine Reaktion entgegen. Actio et reactio! Der extremistische Islam hat einen rechtsstaatlich sanften Riesen geweckt, der seine Werte ebenso so radikal verteidigen wird. Dabei wird einiges auf der Strecke bleiben. Vor allem die einzige Kraft, die als Ausnahme zur Existenz keine Gegenkraft benötigt:Die Liebe.

Wenn Liebe nicht auf Gegenliebe trifft, kann sie auch nicht erzwungen werden. Selbst wenn eine Seite mehr liebt, als die andere, birgt das die Gefahr, dass die Zuneigung in blinden Hass umschlägt. Yin und Yang im Gleichgewicht ist natürlich genauso eine Utopie wie die "Balance of Power". Einen kurzen Moment im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts hatte es so ausgesehen, als könne die Gleichung aufgehen.

Chance verpasst!

Samstag, 14. November 2015

Sprachlos

Die Welt war nie gerecht.
Aber so wird sie es nicht werden!
Die Reichen haben gezecht.
Die Armen fliehen in Herden.
Die Fehler der Vergangenheit.
Sie holen uns jetzt bitter ein. 
Niemand war zur Gewalt bereit.
Doch Frieden war nur Schein.

Wieso passiert jetzt alles zur gleichen Zeit?
Wer schürt die Feuer für den Brand der Welt?
Gäb's Gott hätt' er ja kaum noch  Zeit.
Die guten in Villen, die Schlechten im Zelt?
Zu viele Fragen, und keine Antwort kommt.
Den Friedlichen schlagen doch auch Herzen.
Trotzdem werden sie nicht verschont.
Der Blutrausch sorgt für noch mehr Schmerzen.

Am Ende dieser Welt, wird es eine andere geben.
Ob sie besser ist, sei dahin gestellt.
Wieder werden nur wenige besser leben.
Gerechter wird sie nie  unsere Welt.
All der Terror, diese blutigen  Revolten
Auf Dauer haben sie nie was gebracht.
Egal welch heheren Zielen sie gegolten:
Die Schatten-Macht hat am End' gelacht.


Entschuldigt: Dieser Freitag, der 13. hindert mich am Schreiben. Ich hab es dennoch mal in Versen versucht.

Mittwoch, 11. November 2015

Sport-Kameradschaft kennt keine Korruption

Das Entlarvende am Rücktritt von DFB-Präsident Niersbach ist das Statement, es sei eine "politische Entscheidung" gewesen, und als Sportführer habe er sich nichts vorzuwerfen. Im Schlagschatten seiner überwiegenden Gemeinnützigkeit, hat sich im Sport nämlich tatsächlich ein Selbstverständnis entwickelt, das zwar noch aus alten ethischen Quellen gespeist wird, das aber wie das lobbyistische Vernetzen und Seilschaften Bilden der großen Politik funktioniert. Nur eben voller Unschuld.

Als Lothar Späth wegen der lächerlichen Yacht-Affäre sein Amt als Ministerpräsident Baden-Würtembergs verlor, war das ein kleiner Fauxpas im Verhältnis zu dem, was an Gefälligkeits-Gewährung im Sport schon Gang und Gäbe war.

Die Spitzen von Sport und Legislative konstruierten da schon Schutzdächer für gemeinsames Wirken, bei der die Exekutive wohlwollend Zuschauer war. Die sportliche Wiedervereinigung der beiden Deutschen Staaten wurde unter dem Deckmäntelchen der Sport-Kameradschaft in einer Eile vollzogen, dass nachher niemand mehr fragte, wo denn plötzlich alle Medaillen herkamen. Aufklärer wie die ehemalige DDR-Spitzenathletin Brigitte Berendonk hatten es bei dem dichten Schulterschluss eher schwer.

Im rasanten Tempo - angefacht durch das Privat-Fernsehen - gab es immer mehr Geld für Gold, so dass, um die Gemeinnützigkeit zu schützen, Verwaltungs-GmbHs für den geschäftlichen Ablauf der wichtigen Verbände gegründet werden mussten. Geschäftsanbahnungen wurden von diversen Stiftungs-Kuratorien übernommen, in denen erstaunlicher Weise immer sehr ähnliche Personenkreise saßen. Die Segler bei den Skifahrern, ein gescheiterter SPD-Spitzenmann bei den Radlern etc.

Ein Jahr bevor Späth zurücktreten musste, ließ sich die ganze Fußball-Schickeria in Italien von einem Privat-Jet gratis hin und her fliegen. Das Geschenk eines Versicherungsagenten, der immer wieder den Zuschlag für das Schnüren von Assekuranz-Paketen bei Sport-Großveranstaltungen bekam.

Geldwerte Gefälligkeiten haben also genauso eine Tradition im Sport wie in jüngster Zeit sogenannte "Schwarze Kassen" - nur wurden sie wegen seines hehernen Erscheinungsbildes nicht so unter die Lupe genommen wie in der Politik.

Auch das hatte seine Gründe. Es waren immer eher investigative Journalisten, die dem Sport als solchem fern waren. Sportjournalisten vor deren Nasen eigentlich alles passierte, waren in den sogenannten "Deutschen Häusern", in denen sich die Großsponsoren bei Events darstellen konnten, durch Verköstigung und reichlich beschenkt auf Geschmeidigkeit getrimmt worden. Als Teil des Systems, das ihnen half den Spesensatz als Zusatz-Einkommen zu verbuchen und obendrein zum engeren Kreis zu gehören, erscheinen sie nur im Nachhinein als willfährige Werkzeuge.

Aber das Schummeln wurde ja immer heftiger: Da gerät ein Landesverbands-Chef bei der Finanzierung seines präsidial bemessenen Eigenheims in Schwierigkeiten, schon gewährt ihm ein anderer Verein großzügig einen Berater-Vertrag, der wieder alles ins Lot bringt. So wurden die Gefälligkeiten aber immer weitreichender und umfangreicher.

Das Unrechtsbewusstsein wuchs aber offenbar nicht mit. Man stelle sich vor, dass einer für einen fragwürdigen Stimmenkauf über eine siebenstellige Summe sogar einen Vertrag unterschriftsreif aufsetzt. Der Uli braucht a bissel a Geld fürs Daddeln auf dem Finanzmarkt, schon bekommt er es vom CEO der Marke, die sein Verein in die Stadien trägt. Und wenn es der Märchen-Bildung dient, dann werden auch die absurdesten Verträge pekunär hinterfüttert.

Es waren bislang eigentlich immer grauhaarige Schattenmänner, die sich die Hände meist ungestraft schmutzig machen konnten. Jetzt hat es halt mal die Funktionäre erwischt, aber eben nur "politisch".

Sport-Kameradschaft kennt keine Korruption!

Sonntag, 8. November 2015

Irrungen und Wirrungen

Mein Vater und meine Mutter waren bis zum letzten Atemzug geistig voll auf der Höhe und konnten sich niveauvoll zanken - mit uns Kindern. Was mich daran hinderte, dass ich rechtzeitig dafür Abbitte leisten konnte,  mich stets erbarmungslos über ihre Schrullen lustig gemacht zu haben. Dafür erlebe ich zurecht selbiges nun mit meinen Kindern.

Vergangenes und gerade Erlebtes vermischt sich in diesem Alter beim Dösen im Unterbewusstsein. Das gilt vor allem, wenn ich mich morgens noch einmal hinlege. Der vergangene Freitag war so ein Tag voller Irrungen und Wirrungen, dass die "Zweitbeste" meinte, ich solle mal meinen Lesern davon erzählen:

Die Ereignisse begannen damit, dass ein kleiner Mann mit Eulenaugen hinter seiner Brille, den Kopf schief haltend vor der Tür stand.

"Mein Name ist Hermes."

"Ah - wie der Götterbote. Haha!"

"Na ja, von einer höheren Instanz schon - aber nicht so weit oben angesiedelt..."

"Worum geht es denn?"

"Es geht darum, dass sie ganz oben auf der Rückruf-Liste stehen. Ihr BMI ist absolut nicht mehr zeitgemäß und ihre Abgasemission übertrifft alle Toleranz-Werte. Ihr Kalorienverbrauch ist viel zu hoch. Selbst wenn man einräumt, dass Sie das Doppelte von einem Norm-Menschen wiegen. Da sich Umrüsten nicht mehr lohnt, werden Sie aufgefordert, sich bei der Sammelstelle zur Entsorgung einzufinden."

Schweißgebadet schrecke ich aus dem Halbschlaf hoch, und schaue, ob es vielleicht schon der 13. ist.
Gut, dass das nicht der Fall ist. Aber auch ein normaler Freitag bedeutet, dass sich Family&Friends mittags im Sekt-Zelt auf dem Viktualien-Markt treffen. Mit der Traum-Sequenz im Kopf beschließe ich, dort ausnahmsweise hin zu radeln. Wer weiß, wie oft ich die alle noch sehe?

Als ich an der Feldherrenhalle vorbei düse, schaue ich ein paar Sekunden zu lang auf die jungen, schwarz gekleideten Männer mit entschlossen vor gereckten Kinnpartien, die dort Wache stehen. Ich übersehe den hohen Absatz und krache unsanft mit dem Vorderrad auf die Straße. Vor der Oper ist schon kaum mehr Luft drin, aber ich schaffe es trotzdem viel zu früh noch bis zum Markt.

Die "Zweitbeste" hatte mich gewarnt: Dann setzten sich die beiden Cs zu dir, die sind auch immer zu früh.

Nicht, dass ich etwas gegen die beiden Schwäger hätte, aber sie hören nicht gut und verstehen noch schlechter. Der eine fragt mich über meine Krankheiten aus, der andere gibt mir aus seinem reichen Erfahrungsschatz  Ratschläge, was mit dem platten Vorderreifen zu tun sei. Dann trudeln all die anderen ein, mit denen ich gerne mal wieder ein paar Worte gewechselt hätte. Aber das geht nicht, weil dieser November ja ein Mai ist. Trotz offener Zeltplanen ist es so voll und laut, dass ich nun auch nichts mehr verstehe.

Gut, dass sich die vernünftige Tante D. noch in dieses Bermuda-Dreieck des Unverständnisses quetscht. Nicht weil sie längst ein unsichtbares Hörgerät trägt, sondern weil sie die "Tante für alle Notfälle" ist. Während alle anderen in ihre Smartphones schauen, um den nächstgelegenen Radl-Tandler zu ermitteln, betet sie aus dem Kopf die Koordinaten für den Nächstgelegenen vor.

Ich trinke meinen Badischen Grauburgunder aus und mache mich das Rad schiebend auf den Weg.
Es sind noch nicht einmal fünf Minuten - wie Tante D. gesagt hat.

Die Pedal-Helden sind nicht nur schnelle Reparierer, sondern auch hervorragende Verkäufer. Sie identifizieren meine Reifen als den größten denkbaren Schrott. Zwanzig Minuten später radele ich auf den sogenannten "unkaputtbaren" City-Reifen wieder Richtung Milbertshofen. Zum Sekt-Zelt kehre ich nicht zurück. Schließlich hatte ich ja gesagt, ich komme nur auf eine Glas Wein vorbei...Ich grinse in mich hinein, und löse damit gleich die nächste Straf-Aktion aus.

Im Glashaus ist wieder einmal der Lift kaputt. Aber meine Muskeln sind ja noch warm und ich federe dermaßen geschmeidig die vier Stockwerke hoch, dass ich einen Moment daran denke, am nächsten Olympia-Turm-Lauf teil zu nehmen...

Hochmut kommt vor dem Fall.

Oben erwartet mich die Nachricht, dass meine Bankberaterinnen in den Ruhestand gehen und ich eine Neue bekomme. Als ich die Alten löschen und die Neue in mein Samrtphone eingeben will, habe ich komplett vergessen, wie das geht.

"Hermes, hol mich!"


Mittwoch, 4. November 2015

City Speak

Ja, unsere Gesellschaft wird sich verändern. Und unsere Sprache auch. Wie sehr, erlebt beispielsweise, wer sich englische oder amerikanische Spielfilme im Original anschaut. Das Amerikanische ist ja nicht abgedriftet. Es hat sich nur grammatisch und umgangssprachlich abgeschliffen unter dem Einfluss der Vielen, die die Sprache erst haben erlernen müssen.

Es ist auch nicht unbedingt gesagt, dass Sprachen und künstlerische Qualitäten von Zugewanderten keine Bereicherung bedeuten:

Die Russin Natascha Tscherniak begründete als Nathalie Sarraute den Nouveau Roman, der der streng bewachten französischen Sprache völlig neue literarische Impulse gab.
Der vor dem armenischen Holocaust geflohene Schahnur Waghinak Asnavurjan, erscheint uns heute als 90jähriger Charles Aznavour immer noch als urfranzösischer Chansonnier.

Aus aktuellem Anlass möchte ich allen, die verstehen wollen, die Werke von Suheil Fadél empfehlen, der als Chemiker aus Syrien fliehen musste und als Rafik Schami einige der großartigsten Romane der Deutschen Literatur geschrieben hat.

Deutsch war ja nie eine Brücken-Sprache wie Englisch, Spanisch oder Französisch. Jetzt wird sie es werden - ob wir wollen oder nicht. Schon vor der Flüchtlingswelle haben sich die Menschen verschiedenster Nationalitäten in unserem Viertel miteinander nur mit ihrem rudimentären Deutsch unterhalten können. Das habe ich auf den zahlreichen Baustellen oder in den speziellen, nationalen Supermärkten erlebt. Seit wir wieder ein Standbein in München haben, hat sich die Zahl Deutscher, die beispielsweise im arabischen Supermarkt einkaufen der der nordafrikanischen Kunden angeglichen. Liebe geht durch den Magen, und wenn einer erst einmal herausgefunden hat, dass es hier das beste Lamm in ganz München gibt, und Süßigkeiten wie  aus "Tausend und  einer Nacht", wird er Stammkunde.

Damit ich nicht gänzlich auf der faulen Haut liege und mich regelmäßig bewege, schickt mich die "Zweitbeste" mit dem Rad zum Einkaufen auf den Elisabeth-Markt in Schwabing. Eine Einkaufsquelle, der wir seit beinahe 50 Jahre frönen, weil sich  auf ihm verglichen mit dem Viktualienmarkt so gut wie nichts verändert. Ein unverfälschtes Stück München?

Nicht ganz. An der Westseite befindet sich die "Städtische Berufsschule für Fahrzeug- und Luftfahrt-Technik". Der Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund wäschst ständig, und wenn die in den Pausen und bei Unterrichtsschluss dann über den Markt strömen, habe ich zuerst immer Schwierigkeiten die Dialoge zu verstehen.Ich bin mir aber zunehmend im Klaren, dass ich hier der Generation Zukunft begegne.

Eigentlich mag ich  Science Fiction nicht. Aber der Film "Bladerunner" ist dennoch ein Film dessen Perspektive mir immer wieder unter die Haut geht. Besonders der ungekürzte  Director's Cut von Regisseur Ridley Scott.

Der Film nimmt vorweg, was die UN gerade für das Jahr 2050 vorausgesagt haben. Nämlich, dass zwei Drittel der Menschheit in Großstädten leben werden. In diesem cineastischen Chaos wird genial in einer Sprache gesprochen die sich "City Speak" nennt. Quasi eine sich selbst bildende Kunstsprache, die - anders als Esperanto - von der täglichen Veränderung lebt.

An die musste ich gestern beim Heimradeln denken.

München ist ja eine gute Radel-Stadt. Deshalb gibt es ganze Straßenzüge, auf denen Radfahrer Vorrechte haben. Was einem Engländer offenbar entgangen war, der in einem offenen MG durch sie hindurch preschte, als führe er in Brands Hatch.

Als er an der roten Ampel halten musste, beugte sich der ältere Radler, den er fast auf ein parkendes Auto gedrängt hatte, zu ihm hinunter:
"Woast scho! This is fei a typical Munich Radlstraßna. Nix speedy Gonzales!"

Der Brite starrte ihn an wie ein U-Boot auf Tauchgang. Deshalb fühlte ich mich als Kosmopolit genötigt einzugreifen. Gerade fiel mir noch ein, dass es verständlicher sei, das Wort Cycling zu verwenden.

"Cycling has priority in these Streets!"

"I'm not interested in Recycling", sagte der Tommy, und ließ die Reifen qualmen, weil es gerade grün wurde.

Sonntag, 1. November 2015

Eintrittskarten?

Mit zweierlei Maß zu messen, ist in diesen Tagen ja äußerst populär, um den hässlichen Begriff "populistisch" zu umgehen.

König Fußball, seine Co-Regenten und all die Paladine von Hoeneß, Beckenbauer bis hin zu  Blatter und Platini scheinen in einem moral- und rechtsfreien Raum der Unantastbarkeit zu agieren. Was die Hooligans und sonstige grenzwertigen Horden, die bei PEGIDA mitlaufen, wenn sie nicht gerade im Stadion rassistisch grölen anscheinend vollkommen in Ordnung finden. Dabei wäre da ja wohl der Begriff Lügen-Fußball längst angebracht.

Aber das Kicken ist ja ein entscheidender Wirtschaftsfaktor geworden. Über eine Milliarde Steuern zahlen allein die beiden Bundesligen an den Fiskus. Da ist wohl ein wenig Gemeinwohl in Form von Polizei-Schutz und Verkehrslenkung gratis angesagt.

Wohl gemerkt, ich bin keiner, der meint, die Vereine sollten für den sicheren Spiel-Betrieb selbst aufkommen. Ich finde nur, dass gleiche Maßstäbe in allen volkswirtschaftlichen Bereichen angewendet werden sollten.

Ausländer zahlen in Deutschland Milliarden mehr an Steuern und Sozial-Abgaben als sie den Staat bei Unterstützungen in Anspruch nehmen. Um genau zu sein: Eine Studie der Europäischen Wirtschaftsforschung ZEW hat en Detail sogar errechnet, dass jeder Ausländer für ein Plus von 3000 Euro per anno sorgt,

Bei der gleichzeitig niedrigsten Arbeitslosen-Quote seit Jahrzehnten kann also die Angst vor Flüchtlingen oder Asylanten nur entstehen, wenn sie mit falschen Parolen geschürt wird.

Wir werden dem Andrang nicht mehr Herr?  Allein an den 4.2 Millionen Stadion-Besuchern der 1. Bundesliga, werden alljährlich Karten- und Sicherheits-Kotrollen beim Einlass vorgenommen. Unsere Stadien gelten auch dank der Fan- Für- und Vorsorge als die Sichersten.

Gut, jetzt kommt eine ganz blöde Idee: Aber sollte es dann nicht möglich sein, all den Fliehenden beim betreten der EU eine personifizierte Eintrittskarte zu verkaufen, die an jeder Grenze gegen eine neue eingetauscht wird?

Das regelt noch nicht die Versorgung und Verteilung, das ist klar. Aber es könnte die Routen entlasten. Der Aufwand ist sicher geringer, als alle Rettungsmaßnahmen für die vom Untergang bedrohte europäische Idee. - Und den Untergang so zahlreich Fliehender im Mittelmeer. Denn mit der Eintrittskarte könnten sie dann auch reguläre Fähren nehmen.

Denn was wird, wenn die Seehofers und Orbans mit ihren Grenzkontrollen weitermachen?

Gestern kam  es bei dem herrlichen Bergwetter an vielen bayrischen Grenzen zum Stau. Am Wochenende? Weil die vielen Asylanten und Flüchtlinge genau bis zum Wochenende warten, um über die Grenze zu kommen?

Nein der "bedrohte Bürger" sollte die Maßnahmen spüren, und ein linker Lügenbeutel, wer Böses dabei denkt.

Ich war auf dem Rad kreuz und quer in der angeblich aus allen Nähten platzenden Landeshauptstadt unterwegs. Überall in allen Volksgruppen, so weit ich das sehen konnte, gab es keinerlei Bedrohungen oder Einengungen.

Fußballfans waren allerdings nicht unterwegs. Die Bayern hatten sich ja auswärts von ihrer Siegesserie verabschieden müssen. - Was übrigens im staatstragenden Rundfunk-Sender in einem Atemzug, mit dem Flugzeug-Absturz über dem Sinai vermeldet wurde...