Ein geizgeiler Discounter von Unterhaltungselektronik liefert in diesen Tagen den drastischsten Beleg dafür, dass die Geister der Weihnachten auch nicht mehr das sind, was sie bei Charles Dickens noch waren.
"Weihnachten wird unterm Christbaum entschieden", heißt es da in einem Werbespot, in dem der liebe, gute, alte Weinachtsmann nur deshalb von vorlauten Blagen nierdergeschrien wird, weil er weder Playstations noch Smartphones in seinem Geschenke-Sack hat... Weihnachten verkommt bei denen also schon endgültig zu einem Konsum-Kriegsschauplatz.
Ich finde, das sollten sich gerade Eltern mit Kindern nicht gefallen lassen und diese nervende Handelskette mit einem sehr, sehr langen Boykott belegen. Aber wie wehrt man sich sonst noch gegen ein Trendgeschäft, dass - was Kekse, Marzipan und Lebkuchen angeht - bereits kurz nach dem letzten sommerlichen Sonnenbrand bis zum frühen Total-Ausverkauf angeheizt wird? Bei dem, wenn im November der Schnee ausbleibt, dramatische Wirtschaftsberichte von der Verkaufsfront den schleppenden Auftakt des Kaufrausches als weiteren Beweis für die Auswirkungen der Finanzkrise auf die nationale Sicherheit geißeln? Konsum-Verzicht, wo Schenken und Beschenktwerden doch so schön sind? Eine Diät beginnen, obwohl das Kalorien-Barometer doch auf Dauersturm steht?
Vor ein paar Tagen habe ich angesichts des EU-Gipfels vom Terror der Märkte geschrieben. Heute am dritten Advent muss ich diese Ausführungen ausweiten auf den Terror der Weihnachtsmärkte. Was früher weitestgehend den Nürnberger Christkindles vorbehalten war, erreicht heute eine Mannigfaltigkeit, die eigentlich die Seuchen-Beauftragten auf den Plan rufen sollten. Hier in der Landeshauptstadt hat sich der bedenkenlose Budenzauber jedenfalls derart ausgebreitet, dass man sich schon fragt, wieviel Vorweihnachtszeit Weihnachten eigentlich noch verträgt.
Im letzten Jahr waren die Märkte wenigstens dekorativ verschneit, aber heuer: Erst Frühlingstemperaturen dann grauer Dauerregen. Wo bleiben da die Gefühle?
So ganz verpufft das Geruchs- und Geschmacksmarketing allerdings auch auf Abwegen nicht. Um die vermehrten Kalorien abzuarbeiten, radel ich beinahe täglich meine Runde um den Englischen Garten. Auf halbem Weg umwabert meine asketisch guten Vorsätze bereits die Melange vom Christkindelmarkt am Chinesischen Turm.: gebrannte Mandeln, Glühweingewürz, Rostbratwürste und Flammbrot - wie soll da einer noch weiterkurbeln? Und gelingt es mir, dann scheitere ich spätestens in der Münchner Freiheit.
Weihnachten wird nicht unterm Christbaum entschieden, sondern scheitert mit der Widerstandskraft gegen die Märkte.
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