Montag, 28. Dezember 2020

Perspektiven

Eine rosa Perspektive können wir nur haben,
wenn wir selbst für  den Durchblick sorgen
Quelle: pixabay


Es wird viele geben, die dieses Jahr als Seuchenjahr in Erinnerung behalten werden. Aus meiner persönlichen und sehr egoistischen Perspektive ging es meiner Frau und mir seit Beginn dieses Jahrtausends noch nie so gut. Wir kommen nach mehr als fünf Jahrzehnten Zusammensein gut miteinander aus. Deshalb trafen uns weder Lockdowns noch Shutdowns mit der Härte, die viele Mitmenschen haben verkraften müssen. Wenn wir erst einmal kapiert haben, dass die Radien der Existenz immer enger werden,  sind Verluste von Gewohntem vermutlich besser zu verkraften. Obwohl der gefährdeten Bevölkerungsschicht zugehörig, sind wir gesund geblieben. Das zählt im Moment wesentlich mehr als alles andere. Geschuldet ist das in erster Linie Familie, Freunden und Nachbarn hier und auch an unserem Zweitwohnsitz in Italien, die mit Anstand Abstand gehalten haben, ohne jedoch den Kontakt und die Sozialisation einzustellen. Mein Eindruck war, dass die Ligurer sich wesentlich disziplinierter verhalten haben als unsere Leute hier im gleichen Zeitraum. Es waren die Hafenstädte, die die ligurische Statistik zum Risikogebiet gemacht haben

Aus der familiären Perspektive war am schwersten zu verkraften, dass wir den Entwicklungs-Schub unseres mittlerweile fünfjährigen Enkels nicht miterleben konnten, weil die Familien wegen Homeoffice oder durch Kurzarbeit nicht wie gewohnt für einen Urlaub anreisen konnten. Von Weihnachteen zu Weihnachten habe ich exakt ein Lebensjahr von ihm verpasst. Immerhin haben alle noch halbwegs ihr Auskommen und nutzen die zwangsweise zugewiesene Freizeit für andere Perspektiven.

Die tödliche und blutige Spur des rechten und islamischen Terrors, die sich noch überschattet von Corona durch unser Europa zog, zeigte mir allerdings auch auf, dass ich einfach aus meiner Haut der generellen Besorgnis nicht raus komme: Wie konnte es dazu kommen, dass die Menschheit die gute politische Perspektive des ausgehenden 20. Jahrhunderts derart verbockt hat? Alles rückwirkend und ursprünglich auf "nine eleven" zu schieben, funktioniert da nicht mehr. Da gab es auch unzählige, hausgemachte Spurwechsel, die mit manipulierten Schreien nach Veränderung und kruden Populismus demokratische Strukturen beschädigten. Ich traue mich zu sagen, dass Corona trotz seiner tödlichen Auswirkung weltweit nicht nur  zu einer Erholungspause im demokratischen Denken, sondern auch zur Besinnung vieler beigeragen hat. Es darf  daher einfach keinen Platz für durch Schwarm-Dämlichkeit inspiriertes "Querdenken" geben! Es reicht schon,  dass für politische Egotrips einiger "Staatsmänner" zusätzlich unheimliche Summen zur Schadensbegrenzung aufgebracht werden müssen. Geld, dass jetzt nicht nur zur Rettung  der Menschheit fehlt, aber auch der pandemisch demolierten Weltwirtschaft helfen könnte...

Die Schock-Delle,  die  die kulturelle Perspektive erfahren hat, trifft vorerst allein die Kulturmacher. Die Kultur als solche wird gestärkt aus ihren Trümmern hervor gehen. Das war schon immer so, und sie wird  - wie nach den Weltkriegen - mit weniger Gigantismus und geläutert eine vielleicht etwas bescheidenere Epoche einläuten. Eine Kur, die vielleicht auch dem Olympischen Sport und vor allem den Fußball gut täte. Ich fände eine sportliche Perspektive schön, in der sich Fans  endlich wieder darauf verlassen können, dass Leistungen der Athleten allein mit Training und nicht durch unphysiologische Steigerung erbracht werden.

Fragliche Wünsche für eine bessere Perspektive im Jahr 2021:

Dass möglichst alle Impfstoffe gegen Covid-19 und seine Mutanten weltweit wirken mögen.
Dass die Egotrips von Trump, Putin, Johnson, Erdogan, Orban, Bolsonaro, Lukaschenko und Assad ohne weitere Schäden endlich zu ende gehen.
Dass Angela Merkel einen würdigen und fähigen Nachfolger für die vor uns liegenden schweren Zeiten bekommt.
Dass unser Land wieder einmal durch ein "Wir schaff das!" der abstrusen Schulden halbwegs Herr wird.
Dass Nachhaltigkeit im Sinne der Umwelt endlich Erfolg hat.
Dass wir wieder unbeschwert in Feierlaune kommen.
Dass Rassismus und Fremden-Hass in ihren Keimen erstickt werden.
Dass der europäische Gedanke wieder im Vordergrund steht wie das gerade jetzt mit der Massen-Impfung klappt. 
Dass denen, die aus welchen Gründen auch immer fliehen müssen, besser geholfen wird.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen